Berlin (dapd-bay). Mit fortwährenden Attacken auf Griechenland und die Europäische Zentralbank (EZB) hat CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt die schwarz-gelbe Koalition in Aufruhr versetzt. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) kanzelte das Sprachrohr von CSU-Chef Horst Seehofer als töricht ab. CSU-Landesgruppenvize Max Straubinger bewertete Dobrindts Äußerungen als „provinzielles Gemeckere“. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte bereits am Sonntag gemahnt, die Wortwahl in der Eurokrise genau zu „wägen“. Dieser Appell der CDU-Chefin habe in der Parteispitze „ausdrückliche Zustimmung gefunden“, betonte Generalsekretär Hermann Gröhe am Montag nach Gremiensitzungen in Berlin. Dobrindt hatte zuvor erneut für einen schnellen Austritt des Landes aus der Eurozone plädiert und der „Bild am Sonntag“ gesagt: „Ich sehe Griechenland 2013 außerhalb der Eurozone.“ Den EZB-Präsidenten Mario Draghi bedachte er mit der Bezeichnung „Falschmünzer“. Westerwelle nannte es daraufhin töricht, dem Bericht der Troika aus EU, EZB und Internationalem Währungsfonds über die Fortschritte Athens bei der Umsetzung der Reformen vorzugreifen. „Mit dem Bedienen von Vorurteilen wird man unserer Verantwortung für Europa und den Euro nicht gerecht“, sagte er der „Rheinischen Post“. Bereits am Wochenende hatte der Außenminister vor einem „Griechenland-Mobbing“ gewarnt. Straubinger sagte in der „Passauer Neuen Presse“: „Es ist ein Stück aus Absurdistan zu glauben, dass Griechenland mit der Drachme schneller auf die Füße kommt.“ Mit einer abgewerteten Währung könne sich das Land keine Einfuhren leisten, auch nicht aus Deutschland. Empört zeigten sich auch die Europapolitiker der Union. Der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok forderte, Dobrindt solle „endlich aufhören, die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank in Frage zu stellen“. Mit seinen Angriffe auf Griechenland und die EZB schaffe der CSU-Politiker Unsicherheit und erhöhe so die volkswirtschaftlichen Kosten der Eurokrise, kritisierte Brok im „Kölner Stadt-Anzeiger“. Der Chef der CSU-Landesgruppe im Europaparlament, Markus Ferber, mahnte im Bayerischen Rundfunk, man solle den Bericht der Troika abwarten: „So hatten wir das auch in der CSU besprochen. Und deswegen kann ich alle nur zur Geduld mahnen. Erst mit dem Troika-Bericht haben wir die Fakten auf dem Tisch. Im Vorfeld stochert man nur im Nebel und sollte sich mäßigen.“ Auch FDP-Bundestagsfraktionschef Rainer Brüderle äußerte Unmut: „Man muss in der Sache klar sein, darf aber dem europäischen Partner und europäischen Freund Griechenland jetzt auch nicht seine Ehre, sein Selbstwertgefühl völlig wegnehmen“, sagte der FDP-Politiker im Deutschlandradio Kultur. Dobrindts Äußerungen seien „rhetorische Lederhose“. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles titulierte ihren CSU-Amtskollegen als „Stammtischkasper“, dessen „Zündeln am europäischen Haus“ dringend unterbunden werden müsse. Der „milde Tadel“ Merkels reiche nicht aus. Da die CSU nur noch die Landtagswahl in Bayern im Auge habe, sei für die Bundesregierung ein verantwortungsvolles Handeln kaum noch möglich. Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, warf der Bundesregierung vor, in der Eurokrise planlos zu agieren. Dobrindt setze dem Ganzen mit seiner „Sprache des Pöbels“ die Krone auf, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“. Die Menschen wollten eine solche Chaostruppe nicht. Bayerns Freie Wähler bescheinigten der CSU ebenfalls einen „Chaoskurs“ in der Europapolitik. „Es tut mittlerweile körperlich weh, die Verrenkungen der CSU in Euro-Fragen mit ansehen zu müssen“, sagte Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger in München. Die Bundesregierung schließt unterdessen nicht aus, dass der Bericht der Troika zu Griechenland erst im Oktober vorliegen wird. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, er habe „überhaupt keine Erkenntnisse“, wann dieser fertig sei. Zuvor hatte die „Rheinische Post“ unter Berufung auf einen EU-Diplomaten berichtet, die Troika werde ihren Abschlussbericht frühestens Anfang Oktober vorlegen. Grund seien Privatisierungsbestrebungen der griechischen Regierung, die wahrscheinlich erst im September umgesetzt werden könnten. Deutschland und Frankreich wollen derweil mit gemeinsamen Vorschlägen die Lösung der Eurokrise vorantreiben. Nach einem Treffen in Berlin kündigten die Finanzminister beider Länder, Wolfgang Schäuble (CDU) und Pierre Moscovici, die Gründung eines Arbeitsstabes an. Dieser soll gemeinsame Positionen zum Ausbau der Bankenaufsicht und zur Stärkung der Fiskal- und Währungsunion vorbereiten sowie Vorschläge zur Stärkung der Wachstumskräfte in Europa und zur Lage in Griechenland und Spanien vorlegen. dapd (Politik/Politik)
Dobrindt entzweit Koalition
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Peer-Michael Preß
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