Brüssel (dapd). Die Abwehrgeschütze für den Euro sind in Stellung gebracht: Vor einer Woche hat die Europäische Zentralbank (EZB) neue Anleihenkäufe beschlossen. Am Mittwoch gab das Bundesverfassungsgericht grünes Licht für den Stabilitätsmechanismus ESM. Jetzt liegt die Doppel-Bazooka bereit. Die EZB kann unbegrenzt am Anleihenmarkt eingreifen. Und der ESM kann klammen Staaten mit bis zu 500 Milliarden Euro unter die Arme greifen. Ein Jubeltag für die Währungsgemeinschaft? Der Dax legte zu, selbst in den USA kletterten die Kurse, und auch griechische Investoren gerieten in Euphorie. Über eine „wichtige Wegmarke zur Stabilisierung der Eurozone“ freut sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nach dem Urteil aus Karlsruhe. Die Erleichterung ist groß, denn viel stand auf dem Spiel. Hätten die Richter den dauerhaften ESM gestoppt, hätten sie den Euro-Rettern ein Bein weggetreten. Das wichtigste Signal: Die Politik hat ihre Handlungsfähigkeit zurückerhalten. Und zwar nahezu ohne Einschränkung. Weder hat das Verfassungsgericht eine Verletzung der demokratischen Prinzipien moniert, noch eine definitive Obergrenze für den ESM und den deutschen Anteil festgelegt. Es verlangt einfach die Klarstellung, dass ohne Zustimmung des Bundestages kein Euro zusätzlich bewilligt werden darf. Ist ein guter Tag für Euroland auch ein guter Tag für Deutschland? Das Gericht hat die Verantwortung des Bundestages für den deutschen Haushalt betont – Schäubles Spielraum aber nicht wesentlich eingeengt. Der ESM kann an den Start gehen, und die Bundesrepublik muss nun mit bis zu 190 Milliarden Euro in die Bresche springen. Die Vorteile gegenüber einem Eingreifen der EZB liegen aber auf der Hand: Gegen Maßnahmen des Fonds kann Berlin – anders als im Frankfurter EZB-Turm – ein Veto einlegen. Überdies hilft der Rettungsschirm mit dem Geld der Staaten, und nicht über das gefährliche Anwerfen der Notenpresse. Richtig ist aber auch: Der ESM macht die Eurozone noch stärker zu einer Transferunion, in der starke Länder die schwachen Mitglieder mitfinanzieren. Einen Vorteil für Deutschland hat das nur, wenn dadurch die Gemeinschaft gestärkt wird. Wenn die Empfängerstaaten auf die Beine kommen. Wenn der Transfer belohnt wird. Ob der 12. September auf Dauer ein guter Tag für Euroland wird, das liegt jetzt ganz bei den Regierungen. EZB-Chef Mario Draghi und die Karlsruher Richter haben ihnen Zeit verschafft. Mehr Zeit, um die überfälligen Reformen anzupacken. Vor einem Jahr hatte das nicht funktioniert: Da griff die EZB Italien unter die Arme – und der damalige Regierungschef Silvio Berlusconi legte sich dankend in die Hängematte. Jetzt ist es Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy, der aus Furcht vor Reformauflagen den Griff zum ESM hinauszögert, sich täglich neu windet, zu taktieren versucht. Doch hat sich der Euro-Club verändert. Umsonst gibt es nichts mehr. EU-Kommissionschef José Manuel Barroso hat es am Mittwoch auf den Punkt gebracht, als er sich an Griechenland wandte: „Ich glaube fest, dass wir in diesem Herbst die Wende schaffen können“, sagte er unter tosendem Beifall des EU-Parlaments in Straßburg. Wenn Athen „alle Zweifel an seinem Reformwillen ausmerzt, und wenn alle anderen Länder Zweifel an der Entschlossenheit ausmerzen, Griechenland in der Eurozone zu halten, können wir es schaffen.“ Karlsruhe und die EZB haben den Weg freigemacht. Jetzt liegt der Ball im Feld der bedrängten Regierungen. Ins Tor schießen müssen sie selbst. dapd (Politik/Politik)
Die Doppel-Bazooka liegt bereit: EZB und ESM
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Peer-Michael Preß
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