Brüssel (dapd). Barack Obamas Wiederwahl als US-Präsident wird nach Einschätzung des Politikforschers Henning Riecke kaum gravierende Konsequenzen für die Beziehungen zur EU haben. Die Unterschiede zwischen ihm und seinem Herausforderer Mitt Romney lägen vor allem in der Innenpolitik, bei der Rollenverteilung zwischen Staat und Individuum, in der Wirtschafts-, Einwanderungs- und Sozialpolitik. „Außenpolitisch gibt es – außer in der Rhetorik – keine dramatischen Unterschiede“, sagte der Transatlantik-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) der Nachrichtenagentur dapd. „Auch im Verhältnis zu Europa sind sich beide ähnlich.“ Allerdings zögen sich die USA wegen der eigenen Überschuldung sicherheitspolitisch zunehmend aus der Verantwortung, sagte Riecke. Schon in Libyen hätten sie ihren NATO-Partnern nach wenigen Tagen die Führung überlassen, in Afghanistan dränge Obama ebenfalls auf einen raschen Abzug. „Das Einsatzprofil ändert sich: weg von großen, jahrelangen Aufbaumissionen und Kämpfen gegen Aufständische wie in Afghanistan und Irak – hin zu kleineren, räumlich und zeitlich begrenzten Missionen.“ Der Fokus auf Spezialtruppen und regionalen Partnern, Ausbildung und unbemannter Kriegführung sei schon jetzt sichtbar. „Und Romney hätte ihn garantiert nicht rückgängig gemacht.“ „Macht das mal alleine – oder gar nicht“ Je stärker die Haushaltskrise auf dem US-Verteidigungsetat laste, desto mehr wachse in Washington der Frust, dass die Europäer ihre eigenen Fähigkeiten und Technologien nicht fördern. Bremser seien die Amerikaner nicht, sagte Riecke. „Aber sie werden in Zukunft noch genauer auf ihre eigenen Interessen schauen und den Europäern sagen: ‚Macht das mal alleine – oder gar nicht.'“ Auch wenn die USA weiter strategische Interessen in der europäischen Nachbarschaft hätten, müssten die EU-Staaten in den kommenden vier Jahren international mehr Engagement zeigen und mehr Verantwortung übernehmen, um vom großen Partner wieder ernster genommen zu werden. Auch in Sachen Klimaschutz müsse Obama seinen vollmundigen Ankündigungen noch gerecht werden. Und was die europäische Staatsschuldenkrise angehe, habe er zwar – anders als Romney – staatliche Konjunkturspritzen statt eines harten Sparkurses verlangt. Dieses „politische Gemäkel“ sei für die Europäer aber ohnehin kaum relevant gewesen, schließlich habe die EU selbst Interesse daran, die Probleme vor ihrer eigenen Haustür zu lösen. Dass nun wieder neue Hilfen für Griechenland erwogen und vermutlich auch ausgezahlt werden, dürfte Rieckes Einschätzung zufolge aus dem transatlantischen Wirtschaftskonflikt „etwas die Luft rausnehmen“. dapd (Politik/Politik)
DGAP-Experte hält Obama nicht für Europas Heilsbringer
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Peer-Michael Preß
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