Karlsruhe (dapd). Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Verwertung von Massengentests zur Ermittlung eines Straftäters eng begrenzt. Wird bei Reihenuntersuchungen ein sogenannter Beinahetreffer erzielt, der eine Verwandtschaft zwischen Testperson und gesuchtem Täter ergibt, darf nicht mehr gezielt gegen Verwandte der Testperson ermittelt werden. Wird der Beinahe-Treffer rechtswidrig für Ermittlungen im Verwandtenkreis der Testpersonen verwendet, sind die Beweise vor Gericht künftig nicht mehr verwertbar. Dieses Grundsatzurteil verkündete der BGH am Donnerstag in Karlsruhe. Die Entscheidung gilt allerdings nur für die Zukunft. Die Verurteilung eines jugendlichen Vergewaltigers durch das Landgericht Osnabrück hat dagegen Bestand. Er war von der Polizei ermittelt worden, nachdem sein Vater und ein Onkel an einem freiwilligen Massengentest teilgenommen hatten. Die freiwillige Reihenuntersuchung war durchgeführt worden, nachdem eine junge Frau in Dörpen am 17. Juli 2010 vergewaltigt worden war und die Suche nach dem Täter zunächst erfolglos blieb. Die Ermittler konnten eine Verwandtschaft zwischen zwei Testpersonen und der DNA des gesuchten Täters feststellen. Daraufhin wurde die Identität der beiden Testpersonen ermittelt und im Einwohnermeldeamt nach deren männlichen Verwandten gesucht. Gegen den Sohn beziehungsweise Neffen der beiden Testpersonen wurde dann vom Richter eine DNA-Analyse angeordnet. Aufgrund der Übereinstimmung wurde der Jugendliche als Vergewaltiger angeklagt und vom Landgericht Osnabrück im November 2011 zu einer Jugendstrafe von fünf Jahren verurteilt. Seine Verurteilung wurde jetzt vom BGH in Karlsruhe bestätigt, obwohl die Weiterverwertung der Ergebnisse aus der Reihenuntersuchung rechtswidrig war. Der 3. Strafsenat des BGH begründete das damit, dass die Weiterverwertung von Beinahetreffern „bisher völlig ungeklärt“ war. Deshalb sei die Verwertung der Beweise im zurückliegenden Fall noch nicht zu beanstanden. „Die Betonung liegt aber auf ’noch‘ „, sagte der Vorsitzende Richter Jörg Peter Becker in der Urteilsverkündung. Künftig dürfen Massengentests nur zum Abgleich zwischen Testperson und gesuchtem Täter verwendet werden. Werden Beinahetreffer rechtswidrig weiter verwertet, sind die so gewonnenen Beweise unverwertbar. Niedersachsens Justizminister Bernd Busemann (CDU) begrüßte das Karlsruher Urteil. Dennoch sieht er nun Handlungsbedarf beim Gesetzgeber. Die betreffende Vorschrift der Strafprozessordnung zur sogenannten molekulargenetischen Reihenuntersuchung müsse geändert beziehungsweise ergänzt werden, teilte der CDU-Politiker am Nachmittag mit. „Unklare und ungeklärte Rechtslagen oder sonstige Unsicherheiten können wir uns aber gerade im Bereich der Strafverfolgung und insbesondere bei der Verfolgung schwerer Sexualstraftaten wie einer Vergewaltigung nicht erlauben“, sagte Busemann. „Daher muss der Umgang mit sogenannten Beinahetreffern klar und eindeutig geregelt werden.“ (Aktenzeichen: Bundesgerichtshof 3 StR 117/12) dapd (Vermischtes/Politik)
BGH untersagt Weiterverwertung von Massengentests
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Peer-Michael Preß
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