München (dapd). Der zurückgetretene Bundespräsident Christian Wulff ist erstmals von Ermittlern der Staatsanwaltschaft Hannover vernommen worden. Allerdings befragten die Beamten das ehemalige Staatsoberhaupt am 29. Juni nur als Zeugen zu den Vorwürfen gegen seinen früheren Sprecher Olaf Glaeseker, wie ein Behördensprecher dapd am Samstag sagte. Er bestätigte damit einen Vorabbericht des Nachrichtenmagazins „Focus“. Laut „Focus“ distanzierte sich der CDU-Politiker in dem etwa dreistündigen Gespräch von Glaeseker. Wulffs einstiger Vertrauter, so der Verdacht der Staatsanwaltschaft, soll zwischen 2007 und 2009 Sponsorengelder für die High-Society-Partys „Nord-Süd-Dialoge“ gesammelt und dafür Urlaube vom Partyveranstalter Manfred Schmidt erhalten haben. Wulff habe den Beamten gesagt, dass er von Glaesekers Aktivitäten nichts gewusst habe. Wulff war damals Ministerpräsident Niedersachsens und Schirmherr der „Nord-Süd-Dialoge“. Glaesekers Anwalt findet Wulff-Aussagen „befremdlich“ Das sieht Glaesekers Anwalt offenbar anders. In der „Bild am Sonntag“ sagte Guido Frings, dass er von Wulffs Aussagen „in hohem Maße irritiert“ sei. „Die Verteidigung ist verwundert, in hohem Maße irritiert und findet diese vermeintlichen Aussagen befremdlich, da sie nicht mit dem Kenntnisstand der Verteidigung auch nur ansatzweise in Einklang zu bringen sind“, sagte Frings. Derweil ermittelt die Staatsanwaltschaft Hannover gegen Wulff auch als Beschuldigten wegen des Verdachts der Vorteilsannahme. Er soll sich von einem befreundeten Unternehmer Urlaube auf Sylt bezahlt haben lassen. Wulffs Rücktritt vorausgegangen waren zudem Vorwürfe wegen anderer Vorteilsannahmen, versuchter Medienbeeinflussung und Falschaussagen vor dem niedersächsischen Landtag. Wulff bestreitet die Vorwürfe. In seiner Rücktrittsrede am 17. Februar hatte er gesagt: „Ich habe mich in meinen Ämtern stets rechtlich korrekt verhalten.“ dapd (Politik/Politik)
Gabriel macht Merkels Eurokurs nieder
Berlin (dapd). SPD-Chef Sigmar Gabriel hat den Einsatz von Kanzlerin Angela Merkel im Kampf gegen die Finanzkrise scharf kritisiert. Das Problem sei, dass von Anfang an immer nur das Krisenmanagement im Mittelpunkt gestanden habe, sagte Gabriel am Sonntag im ZDF-Sommerinterview in Berlin. „Was fehlt, ist eine Krisenlösungsstrategie“, meinte der SPD-Politiker. Gabriel sagte, Merkel sei immer erst sehr spät zu einer Entscheidung gekommen, die sie vorher noch ausgeschlossen habe. Dadurch sei die Verunsicherung bei der Bevölkerung immer größer geworden. „Wir kommen nicht raus, weil nicht klar ist: In welche Richtung soll die Reise gehen?“ Gabriel sprach sich erneut für eine Vergemeinschaftung von Schulden in der Europäischen Union aus. Diese dürfe es aber nur gegen harte Auflagen geben. Derzeit erlebe man in der EU eine „Euro-Anarchie“, jeder mache, was er wolle. Deshalb seien unter anderem Mindeststeuersätze notwendig, die in jedem Mitgliedsstaat gelten müssten und deren Höhe die EU festlege. Die nationalen Haushalte müssten zur Genehmigung vorgelegt werden, entweder dem Europäischen Parlament oder einer vom Volk noch zu wählenden europäischen Regierung, bekräftigte Gabriel. dapd (Politik/Politik)
Rüsselsheimer Opel-Werk könnte bald französische Autos bauen
Frankfurt/Main (dapd). Der taumelnde deutsche Autohersteller Opel könnte schon bald von einer engeren Zusammenarbeit mit seinem angeschlagenen französischen Konkurrenten PSA Peugeot-Citroën profitieren. Nachdem beide Unternehmen bereits beim Einkauf und der Entwicklung kooperieren, könnten sie schon in wenigen Jahren wichtige Teile der Produktion zusammenlegen, berichtete die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ am Samstag auf Basis eines internen Produktionsanlaufplans der amerikanischen Opel-Mutter General Motors (GM). Die Liste mit Stand von Ende Juni reiche bis ins Jahr 2020, hieß es weiter. Darin plane GM die Modelle des französischen Partners sehr konkret für die Auslastung der eigenen Werke in Europa und vor allem in Deutschland ein – obwohl die Verhandlungen mit dem angeschlagenen PSA-Konzern noch laufen. GM ist mit sieben Prozent an PSA beteiligt. Bündnis zweier Krisengeschüttelter Sowohl Opel als auch PSA stecken derzeit tief in der Misere. Sie leiden an Absatzeinbrüchen und Überkapazitäten in ihren Fabriken. So meldeten die Franzosen für das erste Halbjahr ein Umsatzminus von über fünf Prozent auf 29,6 Milliarden Euro, unter dem Strich fuhr der nach VW zweitgrößte europäische Autokonzern einen Verlust von 819 Millionen Euro ein. Zuvor hatte PSA bereits den Abbau von 8.000 Stellen und die Schließung einer Fabrik bei Paris angekündigt. Kaum besser ist die Lage bei Opel: Allein im zweiten Quartal verbrannten die deutsche GM-Tochter und die Schwestermarke Vauxhall 361 Millionen Dollar, im ersten Halbjahr summierten sich die Verluste damit auf fast 620 Millionen Dollar (502 Millionen Euro). Ein Sprecher von Peugeot bestätigte dem Bericht zufolge grundsätzliche Erwägungen für einen Produktionsverbund, verwies aber auf die laufenden Verhandlungen, die sich noch bis Ende des Jahres erstrecken könnten. Opel habe den Inhalt des GM-Plans dagegen als „Sammelsurium aus Spekulationen und Unwahrheiten“ zurückgewiesen, hieß es. Allerdings hatte der IG-Metall-Funktionär und Opel-Aufsichtsrat Armin Schild bereits vor einigen Wochen gegenüber der Zeitung bestätigt, dass mit den Franzosen verhandelt werde. Hilfe für Rüsselsheim, Unklarheit für Bochum und Eisenach Dem GM-Plan zufolge könnte das Opel-Stammwerk in Rüsselsheim schon ab 2015 die Produktion des Citroën-Modells DS5 übernehmen. Ein Jahr später solle dann die Produktion der Peugeot-Mittelklasselimousine 508 folgen. Im Gegenzug könnte PSA die Entwicklung und Produktion des Familienvans Zafira übernehmen, der aber nicht dieselben Stückzahlen verspreche wie die abgegebenen Modelle. Auch für das gefährdete Opel-Werk in Bochum könnte sich dem Bericht zufolge eine Lösung für die Zeit nach 2016 abzeichnen. So werde derzeit darüber verhandelt, die Produktion des neuen kompakten Geländewagens Opel Mokka aus Korea nach Nordrhein-Westfalen zu holen. Dagegen sieht der Anlaufplan für den Standort Eisenach neben dem gerade eingeführten Stadtmodell Adam laut Zeitung für die kommenden Jahre keinen weiteren Produktionsstart fest vor. Damit scheine die Zukunft des Werks völlig offen. Zuletzt hatte Opel vor gut einer Woche auf dapd-Anfrage Medienberichte über Verhandlungen zwischen dem Konzern und den Gewerkschaften über Werksschließungen dementiert. Nach Angaben eines Firmensprechers geht es in den Gesprächen aber auch um „die Auslastung der Standorte Rüsselsheim, Eisenach und Kaiserslautern sowie die Zukunft des Werks Bochum“. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Trittin strebt Spitzenkandidatur der Grünen an
Hamburg (dapd). Fraktionschef Jürgen Trittin will die Grünen in die Bundestagswahl 2013 führen. Trittin erklärte im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ seine Bereitschaft zur Spitzenkandidatur. Wer mit ihm die angestrebte Doppelspitze bilden könnte, ist offen. Bislang hat nur Parteichef Claudia Roth ihren Anspruch dazu angemeldet. Er könne mit allen Frauen, über deren Kandidatur spekuliert werde, „gut zusammenarbeiten“, sagte Trittin. Trittin, der seit vielen Jahren Spitzenämter der Grünen innehat und in der rot-grünen Koalition Bundesumweltminister war, erklärte die Ablösung der schwarz-gelben Bundesregierung zu seinem Ziel: „Ich stehe für einen Wahlkampf, der darauf abzielt, die CDU/CSU und die FDP vollständig abzulösen.“ Dies sei die schlechteste Regierung, die Deutschland seit Jahrzehnten gehabt habe. Mit der Festlegung Trittins könnte sich drei Wochen vor dem nächsten Länderrat das seit Monaten anhaltende Gezerre um die Spitzenkandidaten der Grünen etwas entspannen. Parteichef Cem Özdemir, der bereits auf eine Kandidatur verzichtet hat, hatte unlängst eine zügige Lösung verlangt. Er beklagte, mit der Personaldebatte raube sich die Partei selbst „wertvolle Zeit und Energie“. Auf dem Länderrat am 2. September soll entschieden werden, ob die Kandidatenfrage mit einer Urabstimmung geklärt wird. Neben Roth gelten Fraktionschefin Renate Künast und die Bundestagsvizepräsidenten Katrin Göring-Eckardt als mögliche Kandidatinnen für das Spitzenduo. Jede Kandidatin müsse sich aber wie er selbst „einem demokratischen Votum der Partei stellen“, sagte Trittin. Er ließ allerdings offen, ob eine Urwahl stattfinden müsse. Wenn es nur zwei Bewerbungen gebe, sei eine Urabstimmung nicht so drängend. „Dann reicht vielleicht eine Entscheidung des nächsten Parteitages,“ sagte der 58-Jährige dem Magazin. Obwohl Trittin – wie auch Roth – eher dem linken Lager der Grünen zugerechnet wird, fand seine Bewerbung auch im Realo-Lager Zustimmung. „Jürgen Trittin ist der richtige Mann zur richtigen Zeit“, sagte die Wirtschaftsexpertin der Grünen, Kerstin Andreae, der „Welt“ (Montagausgabe). Er präge die entscheidenden politischen Felder und beweise Weitsicht und Realitätssinn in Umwelt-, Finanz- und Europafragen. dapd (Politik/Politik)
Media-Saturn-Gründer Kellerhals will Kampf mit Metro weiterführen
Hamburg (dapd). Der Gründer der Elektronikkette Media-Saturn, Erich Kellerhals, gibt im Streit mit dem Handelskonzern Metro nicht auf. So wolle er in dem Machtkampf die Entscheidung des Oberlandesgerichts München zugunsten des Mehrheitseigners Metro nicht anerkennen, sagte Kellerhals dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. „Selbst wenn diese Urteile bestehen blieben, entscheidet der Beirat gar nichts und kann auch nichts anordnen“, sagte der 72-jährige Firmengründer. Kellerhals, der 21,62 Prozent an der Media-Saturn Holding hält, hatte die Einsetzung des Beirats bei dem Unternehmen abgelehnt und dagegen geklagt. Seiner Meinung nach ist allein die Gesellschafterversammlung entscheidend. Diese kann Beschlüsse nur mit mindestens 80 Prozent der Anteile treffen. Trotz der Niederlage in der Berufung gab sich Kellerhals optimistisch. Es gebe neben der Satzung „ergänzende Verträge zwischen mir und der Metro, die meine Position stärken“, sagte er. dapd (Wirtschaft/Wirtschaft)
Spiegel : NSU-Terrorist in Mordfall Kiesewetter verwickelt
Berlin (dapd). Bei der Aufklärung der Vorgänge rund um den „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) sind die Ermittler offenkundig einen wichtigen Schritt vorangekommen. Laut einem Bericht des Magazins „Spiegel“ wiesen Kriminaltechniker inzwischen nach, dass sich auf einer Jogginghose des 2011 gestorbenen Terroristen Uwe Mundlos DNA-Spuren der ermordeten Polizistin Michèle Kiesewetter befinden. Kiesewetter war 2007 in Heilbronn im Streifenwagen erschossen worden. Bisher sind Tathergang und Umstände des Mordes nicht abschließend geklärt. Der NSU war im November 2011 aufgeflogen. Der rechtsextremen Terrororganisation werden bundesweit zehn Morde zur Last gelegt. In der Zwickauer Wohnung der Terroristen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe war bereits Kiesewetters Dienstwaffe gefunden worden. dapd (Politik/Politik)
Arbeitgeberpräsident Hundt fordert mehr Kooperation in der Eurokrise
Berlin (dapd). Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt hat die EU-Staaten davor gewarnt, sich angesichts der anhaltenden Schuldenkrise ins eigene Schneckenhaus zurückzuziehen. Viel mehr sei eine gegenseitige Unterstützung nötig, etwa bei der Belebung des europäischen Arbeitsmarkts, schreibt Hundt in einem Gastbeitrag für die „Welt“ (Montagausgabe). Zudem müssten dem Euro die Institutionen und Regeln gegeben werden, „welche die Währungsunion zu einer Stabilitätsunion weiterentwickeln“, forderte er. Dabei sprach sich Hundt für besondere Rückendeckung für Spanien aus. Die Entschlossenheit, mit der das Land seine Konsolidierungs- und Reformaufgaben angepackt habe, beeindrucke ihn. Deshalb habe Madrid auch Beistand bei der Rettung seiner notleidenden Banken verdient. Wer hier von „reformunwilligen Südstaaten“ spreche, führe die Menschen in die Irre, schreibt Hundt. dapd (Wirtschaft/Politik)
Volksabstimmung über Europa in aller Munde
Berlin (dapd). Führende Vertreter von Union, SPD und FDP machen sich für eine Volksabstimmung über die Zukunft der Europäischen Union stark. „Wir müssen die Bevölkerung stärker beteiligen. Europa darf kein Projekt der Eliten bleiben“, sagte CSU-Chef Horst Seehofer der „Welt am Sonntag“. Es brauche mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung, um die Legitimations- und Vertrauenskrise gegenüber den europäischen Institutionen zu überwinden. Der bayerische Ministerpräsident warb für eine Grundgesetzänderung und die Aufnahme von Plebisziten in die Verfassung. Mit Blick auf Europa sah Seehofer „drei Felder“, über die die deutsche Bevölkerung entscheiden sollte: die Übertragung von wesentlichen Kompetenzen nach Brüssel, die Aufnahme weiterer Staaten in die EU sowie finanzielle Hilfen aus Deutschland für andere EU-Staaten. Auch über die Einführung von Eurobonds oder über einen Schuldentilgungsfonds würde der CSU-Chef das Volk abstimmen lassen. Westerwelle wirbt für richtige EU-Verfassung Vor einigen Wochen hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Erwartung geäußert, dass die Deutschen in wenigen Jahren über ein neues Grundgesetz abstimmen müssen. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) plädierte am Wochenende ebenfalls für eine Volksabstimmung über eine gemeinsame europäische Verfassung. Der „Bild am Sonntag“ sagte der FDP-Politiker: „Ich hoffe, wir haben eines Tages eine richtige europäische Verfassung, über die es dann auch eine Volksabstimmung gibt.“ Der Außenminister bekräftigte hingegen seinen Widerstand gegen Euro-Bonds im Kampf gegen die Schuldenkrise. Offen zeigte er sich für einen Ankauf von Staatsanleihen von Schuldenstaaten durch die Europäische Zentralbank (EZB). Westerwelle sagte, darüber entscheide „allein die unabhängige Europäische Zentralbank mit Blick auf die Stabilität unserer Währung“. Nach Auffassung von SPD-Chef Sigmar Gabriel ist eine Volksentscheidung über Europa unumgänglich. Wenn man wirklich nationale Souveränitätsrechte übertragen wolle, reiche eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag für eine Grundgesetzänderung nicht aus, sagte Gabriel dem Deutschlandfunk. Dafür müsse man „das Volk befragen“. Zudem verteidigte Gabriel seinen Vorstoß für eine gemeinsame Schuldenhaftung in Europa. Der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) unterstützte Gabriel darin. „Die Entwicklung muss und wird in dieser Richtung gehen“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. Auch Steinbrück sprach sich für eine Volksabstimmung über Europa aus: „Alle EU-Staaten, zumindest aber alle Euro-Mitglieder, müssten sich bereit erklären, Souveränität abzutreten. Das geht nicht, ohne die Bürger zu fragen, ob sie das wollen.“ Von der Leyen würdigt bisheriges Grundgesetz Skeptisch über ein Plebiszit zeigten sich hingegen Verteidigungsminister Thomas de Maiziere (CDU) und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Er halte es „nicht für sinnvoll“, darüber jetzt zu spekulieren, sagte der Minister dem Berliner „Tagesspiegel“. „Bevor wir das Volks über ein neues Grundgesetz abstimmen lassen, müssen wir doch erst einmal in Europa die Verträge ändern.“ Auf den Finanzmärkten hätten solche Debatten „negative Auswirkungen, weil sie Erwartungen wecken, die nicht sofort erfüllt werden“. Zur Abtretung von Souveränitätsrechten an Brüssel sagte der Verteidigungsminister: „Es stimmt schon, dass ein Kernproblem der Schuldenkrise eine gemeinsame Währung ohne gemeinsame Fiskal- und Wirtschaftspolitik ist. Aber die Therapie dieses Problems dauert lange.“ Von der Leyen warnte im Gespräch mit dem Blatt: „Wir sollten unsere weise und kostbare Verfassung nicht mal so eben infrage stellen.“ Das Grundgesetz sei auch im Zeitalter der verstärkten europäischen Integration keineswegs obsolet, sondern lasse sehr viel Bewegungsspielraum. „Da ist noch Musik drin.“ dapd (Politik/Politik)
CDU feiert Altkanzler Kohl
Berlin (dapd). Ein Jahr vor der Bundestagswahl setzt die Union wieder auf Altkanzler Helmut Kohl. Einst wegen der Spendenaffäre verfemt, wird der CDU-Politiker anlässlich des 30. Jahrestages seiner Kanzlerwahl am 27. September bei einem Festakt in Berlin von Bundeskanzlerin Angela Merkel besonders gewürdigt, bestätigte die parteinahe Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) am Sonntag einen Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“. Auch die Unionsfraktion und die Junge Union wollen Kohl feiern. Der Festakt Ende September findet im Deutschen Historischen Museum statt, wie KAS-Sprecher Matthias Barner auf dapd-Anfrage erklärte. Neben Merkel sprechen dabei der frühere EU-Kommissionspräsident Jaques Delors und Kardinal Karl Lehmann. Bereits am 27. August lädt die KAS zu einer Veranstaltung an dem Ort ein, wo Kohl 1982 erstmals zum Kanzler gewählt wurde: Im früheren Plenarsaal des Bundestages in Bonn. Die Laudatio hält Alt-Bundespräsident Roman Herzog. Beide Veranstaltungen stehen unter dem Motto „Kanzler der Einheit – Ehrenbürger Europas“. Laut „Spiegel“ ist außerdem geplant, dass der 82-jährige Altkanzler am 25. September die Parlamentarier der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bei einer regulären Fraktionssitzung besucht und eine kurze Ansprache hält. Er soll Anfang Oktober zudem Gast beim Deutschlandtag der Jungen Union sein. Kohl lebt seit Jahren mit seiner zweiten Ehefrau, Maike Richter, sehr zurückgezogen. Am 1. Oktober 1982 gelang es der CDU/CSU mithilfe des FDP-Parteivorsitzenden Hans Dietrich Genscher, ein Misstrauensvotum gegen Bundeskanzler Helmut Schmidt von der SPD durchzusetzen. Der Bundestag wählte Kohl zum Kanzler. Fünf Mal schaffte es Kohl zum Regierungschef, er kam auf eine 16-jährige Amtszeit, zwei Jahre mehr als Konrad Adenauer. Kohls größtes politisches Vermächtnis ist die deutsche Wiedervereinigung. Allerdings zerbarsten Prestige und Einfluss in der CDU-Parteispendenaffäre, die 1999 Stück für Stück ans Licht kam. Im Januar 2000 musste Kohl den CDU-Ehrenvorsitz abgeben. Zuvor hatte er sich unter Berufung auf ein gegebenes Ehrenwort vehement geweigert, die Namen der Spender zu nennen. Vor der europafreundliche Flügel der Partei setzt laut „Spiegel“ jetzt darauf, dass das Erinnern an Kohl den proeuropäischen Kurs der CDU trotz Euro-Krise festigen kann. „Der Ehrenbürger Europas, Helmut Kohl, steht wie kein anderer für den europafreundlichen Kurs der CDU“, sagte der EU-Parlamentarier Elmar Brok. Finanz-Staatssekretär Steffen Kampeter (beide CDU) wird mit den Worten zitiert, Kohl sei „wie kein anderer dafür geeignet, die CDU daran zu erinnern, dass Europa in erster Linie kein ökonomisches, sondern ein politisches Projekt ist“. dapd (Politik/Politik)
FDP macht im Streit über Homo-Ehe Druck auf die Union
Berlin (dapd). Die FDP erhöht im koalitionsinternen Streit über die Homo-Ehe den Druck auf die Union. In einem Brief an Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) forderte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ihren Kabinettskollegen auf, bei der Gleichstellung schnell zu handeln und nicht erst bis 2013 auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu warten. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte „Bild am Sonntag“, er lege Wert auf die Umsetzung. Dies sei so im Koalitionsvertrag vereinbart. Leutheusser-Schnarrenberger schreibt in dem dapd vorliegenden Brief, die Politik „sollte jetzt Handlungsfähigkeit und Gestaltungswillen demonstrieren, anstatt erst durch eine zu befürchtende Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht erneut zu einer Gesetzesänderung gezwungen zu werden.“ Leutheusser-Schnarrenberger schlägt vor, eine entsprechende Gesetzesänderung mit dem Jahressteuergesetz 2013 umzusetzen. Westerwelle sagte, im Koalitionsvertrag sei vereinbart, „dass die Diskriminierung der eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften beseitigt wird“. Er lege „Wert darauf, dass das auch geschieht.“Es werde doch nicht die Ehe geschwächt, wenn gleichgeschlechtliche Partner nicht länger diskriminiert würden. Hintergrund des Streits ist auch eine Initiative zur steuerlichen Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften, die 13 Abgeordnete der Union gestartet haben. Politikerinnen wie Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) und die CSU-Abgeordnete Dagmar Wöhrl schlossen sich dem Vorstoß an. Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hingegen kritisierte den Vorschlag scharf. „Wenn sich immer wieder 13, 14, 20 oder 30 Abgeordnete zusammentun, eine Initiative starten und dann erwarten, dass sich andere danach richten, dann lähmt das eine Koalition“, sagte er dem „Tagesspiegel“ vom Sonntag. Vergangene Woche hatte das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass Beamte in eingetragenen Lebenspartnerschaften beim Familienzuschlag nicht schlechter behandelt werden dürfen als verheiratete Paare. Experten gehen davon aus, dass Karlsruhe weitere noch bestehende rechtliche Ungleichbehandlungen beider Partnerschaftsformen kippen wird. In 2013 wird ein Urteil zum Ehegattensplitting für Lebenspartner erwartet. Nach den letzten verfügbaren Zahlen des Statistischen Bundesamtes gab es 2009 in Deutschland mehr als 63.000 gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften. Bezogen auf alle Paare in Deutschland war ihr Anteil mit 0,3 Prozent verschwindend gering. Eine Gleichstellung wäre offenbar im Sinne der Bevölkerung. In einer Umfrage von TNS Emnid waren 80 Prozent der Befragten dafür, dass das Ehegattensplitting auch auf eingetragene Lebenspartnerschaften von Schwulen und Lesben angewendet wird, wie das Magazin „Focus“ berichtete. Nur 17 Prozent der Befragten lehnten den Vorschlag ab. Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck drohte mit der Verfahrens-Keule. „Wir werden zum Jahressteuergesetz auf jeden Fall einen Änderungsantrag einbringen, der die Gleichstellung der Lebenspartnerschaft im Steuerrecht verlangt, wenn Schäuble weiter auf stur schaltet“, sagte er. Damit könne das Thema gegebenenfalls auch Gegenstand eines Vermittlungsverfahrens werden. Für eine stärkere Förderung der Familie im Steuerrecht anstelle des Ehegattensplittings machen sich derweil weitere CDU-Politiker stark. Dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ sagte der hessische CDU-Fraktionschef Christean Wagner: „Ich stehe der Fortentwicklung des Ehegattensplittings zu einem Familiensplitting sehr positiv gegenüber“. In dem Bericht hieß es zudem, auch Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) befürworte intern ein Familiensplitting. Nach Berechnungen ihres Hauses würde diese Form der Familienförderung allerdings deutlich teurer als die bisherigen Steuervorteile für Ehepaare. Der Berliner CDU-Politiker Thomas Heilmann plädiert für die Abschaffung des Ehegattensplittings. „Wir sollten gar nicht erst versuchen, das Ehegattensplitting zu reparieren“, sagte der Justizsenator dem Nachrichtenmagazin „Focus“ und forderte die Einführung eines Familiensplittings sowie steuerliche Entlastungen für untere und mittlere Einkommen. Die Einführung eines Familiensplittings ist ein alter CDU-Hut. Seit 2007 steht es im Grundsatzprogramm der Partei: „Wir treten aber dafür ein, das Ehegattensplitting voll zu erhalten und zu einem Familiensplitting zu erweitern, damit die besonderen Belastungen von Familien mit Kindern besser ausgeglichen werden.“ dapd (Politik/Politik)