Paderborn – Von der Fabrikplanung über die Fertigung bis zur Logistik: Wie können wir mit Hilfe von Daten einzelne Maschinen, Prozesse und die gesamte Produktion eines Unternehmens effizienter und produktiver gestalten? Pionierarbeit für diese Herausforderung leistet das Projekt ‚Datenfabrik.NRW‘ des Spitzenclusters it’s OWL.
In dem Projekt erarbeiten die Weltmarktführer CLAAS und Schmitz Cargobull gemeinsam mit NTT DATA Business Solutions, Duvenbeck Kraftverkehr und MotionMiners sowie den Fraunhofer-Instituten IEM, IML, IOSB-INA und IAIS ein Modell für eine datengetriebene Fabrik der Zukunft. Neue Methoden und Technologien setzen die Unternehmen direkt in ihrer Produktion um. Insgesamt sollen 50 Use Cases implementiert werden. Dadurch entstehen hochmoderne Produktionsstandorte, die anderen Unternehmen den Mehrwert einer datengetriebenen und KI-gestützten Fertigung verdeutlichen. Damit leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Produktion am Standort Deutschland. Auf der Hannover Messe können sich Interessierte auf dem OWL Gemeinschaftsstand über Ansätze und Ergebnisse informieren (Halle 7, D 27).
„Künstliche Intelligenz hat enorme Potenziale, um Maschinen und Anlagen effizienter und produktiver zu fertigen. Mit der Datenfabrik wollen wir Produktion komplett neu denken. Und von der Fabrikplanung über die Fertigung bis zur Logistik Daten konsequent erfassen und verwerten. Von den Ergebnissen und Erfahrungen können produzierende Unternehmen in ganz OWL und darüber hinaus profitieren“, sagt Günter Korder, Geschäftsführer it’s OWL Clustermanagement. Die ‘Datenfabrik.NRW’ ist das größte Projekt des Spitzenclusters it‘s OWL – Intelligente Technische Systeme OstWestfalenLippe, in dem 200 Unternehmen und Forschungseinrichtungen neue Technologien für Maschinelles Lernen, Plattformen und die Arbeitswelt der Zukunft erschließen.
Für den Landmaschinen-Hersteller Claas ist die Datenfabrik.NRW ein wichtiger Baustein für die Umstellung der Fertigung von Mähdreschern. „Das Projekt Datenfabrik.NRW kommt genau zur richtigen Zeit und passt hervorragend zu unserer Werksmodernisierung“, sagt Stefan Schulte, Geschäftsleitung Claas Selbstfahrende Erntemaschinen GmbH.
Die modernste Mähdrescherproduktion der Welt wird noch intelligenter
CLAAS hat 44 Millionen Euro investiert und im Herzen seiner Produktion im Stammwerk Harsewinkel auf 15.000 Quadratmetern eine komplett neue Halle für die modernste Mähdrescherproduktion der Welt geschaffen. Im Projekt ‘Datenfabrik.NRW’ werden nun digitale Lösungen erarbeitet, die für mehr Qualität, Effizienz und bessere Arbeitsplätze sorgen sollen – wie die KI-gestützte Produktionsplanung.
Individuelle Kundenwünsche, Arbeitskräftemangel und der Wunsch nach einer möglichst energieeffizienten Fertigung sind nur einige Zielgrößen, die es in der Produktionsplanung zu berücksichtigen gilt. Das oftmals implizite Wissen eines Produktionsplaners und das Informationsmanagement mittels Excel-Listen kommen dabei schnell an Grenzen. „Unternehmen erreichen zunehmend einen Punkt, an dem sie auf Datendurchgängigkeit und Künstliche Intelligenz in der Produktionsplanung angewiesen sind, um die gestiegene Komplexität beherrschen zu können”, sagt Dr. Arno Kühn, Leiter Strategie, FuE des Technologie-Netzwerks it‘s OWL.
Wie Algorithmen die Planung unterstützen können, indem sie Daten schneller und besser analysieren als der Mensch, erarbeiten im Projekt Wissenschaftler:innen der Fraunhofer-Institute mit den Unternehmen. Dabei sucht der Algorithmus nach den besten Planungsschritten, um Ziele zu erfüllen, die das Unternehmen zuvor festgelegt hat – von der Minimierung von Engpässen über Kostenreduktion bis hin zum geringen Energieverbrauch.
Insgesamt sollen 50 Use Cases umgesetzt und miteinander in Einklang gebracht werden. Dabei werden die neuen Technologien und Methoden direkt in der Produktion getestet, so dass die Auswirkungen auf Prozesse, IT und Organisation sofort erkennbar sind und ggf. Anpassungen vorgenommen werden können. Diese Vorgehensweise bietet sowohl für die Unternehmen als auch die Forschungseinrichtungen einen großen Mehrwert. „Wir wollen Insellösungen vermeiden und sicherstellen, dass die entwickelten KI-Lösungen schnell skalieren und auf andere Anwendungsfälle und Standorte angepasst werden können. Durch die Datenfabrik entstehen Strukturen und Prozesse im Unternehmen, die es ermöglichen, die Potenziale von KI zu erkennen und nachhaltig im Unternehmen zu verankern“, erläutert Kühn. Das gewonnene Wissen über die Barrieren und Lösungsansätze bei der Einführung von KI-Lösungen werden die Forschungseinrichtungen in zukünftige Projekte im Kontext der industriellen Transformation transferieren.
Datenfabrik-Expertise: Fabrikplanung wird digital
Eine KI-gestützte Produktion ist auch Thema beim führenden Hersteller von Sattelaufliegern, Aufbauten und Anhängern in Europa: Schmitz Cargobull treibt die Digitalisierung sowohl in der Produktion als auch im Produkt- und Serviceangebot voran. Die Branche ist stark von konjunkturellen Schwankungen abhängig, was eine schnelle Anpassung an sich rasch ändernde Rahmenbedingungen vor allem in der Produktion erfordert. Die Hauptproduktionsstandorte von Schmitz Cargobull sind im Münsterland – mit den Werken in Vreden und in Altenberge. Das Werk für die Kühlkofferfertigung in Vreden nimmt mit der ‘Datenfabrik.NRW’ in Hinsicht auf die Digitalisierung des Produktionsnetzwerks eine Vorreiterstellung ein.
„Die Erkenntnisse, die wir durch die Mitarbeit am Projekt für die Produktion, die Produktionsplanung und Produktionslogistik gewinnen, werden wir direkt am Werksstandort Vreden erproben. Das Werk Vreden übernimmt dann in unserem internationalen Produktionsnetzwerk eine Modellfunktion für die Weiterentwicklung der Produktion insgesamt“, sagt Vorstandsvorsitzender Andreas Schmitz.
Für den Standort in Vreden plant das Unternehmen eine Werkserweiterung. Die Planung findet mit Hilfe der Datenfabrik.NRW digital statt. „Wir setzen die Planung von Gebäude, Fertigungsbereichen, Arbeitsplätzen und Anlagen schon vor der Realisierung weitestgehend digital um“, sagt Stefan Cramer, Leiter des Werks in Vreden. Ohne Unterstützung wäre das nicht möglich. „Bisher haben wir das noch nicht gemacht und sind technisch noch nicht entsprechend aufgestellt“, sagt Cramer.
Mit Hilfe der Expert:innen der ‘Datenfabrik.NRW’ kann das Unternehmen die Herausforderung allerdings angehen. „Wir bekommen Zugang zu Wissen und zu Partnern wie den Fraunhofer-Instituten und profitieren natürlich auch von dem Austausch mit anderen Unternehmen wie der Firma CLAAS, die bereits vor ähnlichen Herausforderungen gestanden hat“, sagt Cramer.
Der Vorteil einer digitalen Planung der Werkserweiterung: Mit einem 3D-Modell kann bereits vor dem Bau des Werks simuliert werden, wie das Werk funktionieren wird, wenn es in Betrieb ist. Dadurch können Engpässe in der Produktion und Materialflüsse optimiert werden, um eine maximale Effizienz und Leistung zu erreichen. Bei der Erstellung von virtuellen Fabrikmodellen anhand einer realen Fabrik kann Künstliche Intelligenz unterstützen. Ein Algorithmus zur 3D-Rekonstruktion kann verschiedene Bilder oder Videos der realen Werkshalle verarbeiten und zu einem virtuellen Modell zusammenfügen. Zudem können Algorithmen zur Objekterkennung dazu genutzt werden, Maschinen und Arbeitsbereiche automatisch zu identifizieren und für ein 3D-Modell zu verarbeiten. Mit diesen Informationen können Unternehmen ihre Prozesse in der Werkshalle verbessern, um dadurch ihre Effizienz und Produktivität zu steigern.
Transfer in den Mittelstand
Die Ergebnisse und Erfahrungen aus dem Projekt sollen auch andere Unternehmen nutzen können, um ihre Produktion zukunftsfähig zu gestalten. Dazu werden das Technologie-Netzwerk it’s OWL und die Landesinitiative KI.NRW umfangreiche Aktivitäten umsetzen. Dazu dienen Touren durch die neuen Fabriken und Workshops mit den Projektpartnern, Transferprojekte und Qualifizierungsangebote. Auf der Hannover Messe können sich Interessierte auf dem OWL Gemeinschaftsstand an einer Modellfabrik über Einsatzbereiche und deren Wirkungen informieren (Halle 7 D27).
Hinter den Projektpartnern der ‘Datenfabrik.NRW’ steckt das Know-how von mehr als 200 Expert:innen aus Industrie und Forschung. Neben der Forschung der Fraunhofer-Institute IEM, IML, IOSB-INA und IAIS, profitieren CLAAS und Schmitz Cargobull vom Wissen der Unternehmen NTT DATA Business Solutions, MotionMiners und Duvenbeck.
Die weltweit agierende NTT DATA Business Solutions AG sorgt für die erfolgreiche Realisierung von derartigen Innovationsprojekten mit ihrer fundierten IT- und Beratungs-Expertise. Diese umfasst Expertenwissen zu innovativen Technologien ebenso wie SAP-Prozess- und Integrations-Know-how, jahrzehntelange Branchenkenntnis sowie Methodenkompetenz. Das Unternehmen MotionMiners bietet Technologien zur Analyse von manuellen Arbeitsprozessen. Duvenbeck bringt als Logistikunternehmen wichtige Expertise in den Bereichen Konzeption, Spedition und Kontraktlogistik mit.
Bis 2024 wird die ‘Datenfabrik.NRW’ mit 9,2 Millionen Euro durch das Land Nordrhein-Westfalen gefördert und hat ein Gesamtvolumen von 14,5 Millionen Euro. Weitere Informationen zum Projekt unter: www.datenfabrik-nrw.de