Dinklage / Bissendorf (OS). Die Herstellung von Achsen für Nutzfahrzeuge ist – wie bei der gigant – Trenkamp & Gehle GmbH aus dem niedersächsischen Dinklage – weitgehend individuelle Maßarbeit. Um hierbei eine hohe Produktivität und Effizienz zu gewährleisten, stellte das zur Krone-Gruppe gehörende mittelständische Unternehmen seine Prozesse auf den Prüfstand und beschloss, 2017 im Rahmen der Erweiterung der Produktionskapazitäten auch den Materialfluss zu optimieren.
Mit nachhaltigem Erfolg: Laut dem gigant-Geschäftsführer Dipl.-Wi.-Ing. Alfons Veer gelang es, die Produktivität der Achsenmontage durch ein fein abgestimmtes Logistikkonzept zu verdoppeln.
Mit der Planung und Umsetzung der neuen Strategie wurde die Weissenburg Industrie-Technik Maschinenbau GmbH & Co. KG beauftragt, die ihrerseits das Know-how von profilsys aus Bissendorf bei Osnabrück einband. profilsys hat sich auf die Optimierung der Logistik in Industrie und Handel spezialisiert. Das Unternehmen liefert hierfür verschiedene Softwarelösungen und plant die passgenaue Anlagentechnik. Die Anforderungen aus der Nutzfahrzeug-Zulieferbranche sind dem Dienstleister aus einer Reihe anderer Projekte bereits bestens vertraut.
gigant: Industrie 4.0 fordert Flexibilität
gigant produziert Achsen mit Achslasten zwischen 5,5 und zwölf Tonnenfür den Schwertransport, die entsprechend robust konstruiert sind. Hinzu kommen besonders leichte und wartungsarme EuroAchsen mit Scheiben- oder Trommelbremsen sowie Kompaktlager für Standard-Sattelauflieger. Jedes Produkt ist gezielt auf die Bedürfnisse der Kunden abgestimmt. Im Sinne der Industrie 4.0 lautet auch bei gigant die Anforderung, ab der Losgröße eins zu produzieren und die Fertigung höchst flexibel zu organisieren.
Um den Materialfluss für die Vormontage und Montage an der neuen automatisierten Fertigungslinie so effizient wie möglich zu gestalten, entwickelte profilsys seine Programme für ein maßgeschneidertes Manufacturing Execution System (MES) weiter. Hier galt es u.a., die Montagearbeitsplätze nach dem Kanban-Verfahren zuverlässig und zeitnah mit den jeweils benötigten Teilen zu versorgen und den reibungslosen Verkehr der sieben fahrerlosen Weissenburg-Transportfahrzeuge sicherzustellen, die die Teile bzw. Baugruppen von Station zu Station befördern.
Je nach Aufgabe verschiedene profiLag®-Software-Module im Einsatz
Volker Speckmann implementierte als profilsys-Projektleiter gemeinsam mit zwei weiteren profilsys-Kollegen bei gigant mehrere Programm-Module, die die Transparenz bei den jeweils aktuellen Prozessen erhöhen und die sicheren Abläufe über die komplette Fertigungskette hinweg garantieren. „Dies erreichen wir mit verschiedenen Modulen unserer Eigenentwicklung profiLag®. So bildet unser profiLag®x pLS die Schnittstelle zum SAP-System von gigant, und das Programm profiLag®x pOp wurde speziell für das Bedienen und Beobachten von automatisierten Logistikanlagen konzipiert. Um den Verkehr der fahrerlosen Transportfahrzeuge zu regeln, haben wir hier das sogenannte pFTS-Modul eingeführt. Die Datenauswertung erfolgt mittels profiLag® pData, während das profiLag® pA+ Andon-Programm für die Visualisierung der Produktionsdaten auf den Displays an den Bedienpulten zuständig ist“, so Volker Speckmann.
Die Darstellung des Status quo dient sowohl der Selbstkontrolle als auch der Motivation der Mitarbeiter und kann je nach Bediener in verschiedenen Sprachen erfolgen. Dies wird beim Log-in via Chipkarte ermöglicht. gigant kann das System jederzeit bedarfsgerecht um weitere Sprachen erweitern.
Statt der bei MES zumeist üblichen PCs an den Arbeitsplätzen kommen hier Tablets mit Android-Benutzeroberflächen zum Einsatz. Die einfache, intuitive Bedienung per Touchscreen, der geringe Einarbeitungsaufwand und die günstige Anschaffung spielten hierbei wichtige Rollen. Vor allem aber sollen die Tablets den Monteur optimal unterstützen.
Kanban und Pick-by-Light sorgen für rechtzeitigen Nachschub
Die Nachschubsicherung bildet einen wichtigen Aspekt der aktuellen Fertigungsstrategie. gigant-Geschäftsführer Alfons Veer erklärt: „Das neue, maßgeschneiderte Logistikkonzept verzichtet auf eine Vorkommissionierung, setzt das Kanban-Prinzip zu 100 Prozent um und wird durch das Pick-by-Light-System perfekt ergänzt. Es zeigt dem Monteur via Leuchten an den einzelnen Kisten genau an, wann er aus welcher Box ein Teil zu entnehmen hat. Wenn sich der Bestand in einer Materialkiste dem Ende zuneigt, drückt der Mitarbeiter einfach einen Knopf, um den entsprechenden Nachschub anzufordern. So werden die Kollegen aus der Materiallogistik stets rechtzeitig informiert.“
Auf Basis der Planungen von Weissenburg und profilsys wurden parallel zur Einführung des Pick-by-Light-Systems auch die Lagerplatzverwaltung und die Anbindung der SAP-Anwendungen deutlich verbessert. Das Maßnahmenpaket aus Software-, Prozess- und Anlagenoptimierungen hat laut Alfons Veer eine Verdoppelung der Produktivität bewirkt: „Konnten wir früher in einer Schicht 65 Achsen montieren, sind es heute bei konstanter Mitarbeiterzahl 130 Achsen!“
Wertschöpfende und logistische Aufgaben klar getrennt
Die konsequente Trennung von wertschöpfenden und logistischen Tätigkeiten ist für den Geschäftsführer ein Kernpunkt der nun deutlich höheren Effizienz. Jeder Mitarbeiter konzentriert sich aufgrund der hohen Standardisierung auf seine originäre Tätigkeit. So brauchen sich etwa die Beschäftigten in der Montage kaum noch um die Materiallogistik zu kümmern.
Als sehr erfolgreich betrachtet auch Claas Troue, der das MES-Projekt auf gigant-Seite leitete, die Umsetzung. Für ihn ist die nachgelagerte Betreuung mit dem persönlichen profilsys-Service ebenfalls von großer Bedeutung. Eventuell auftretende Fehler lassen sich innerhalb kürzester Zeit per Fernwartung oder bei Bedarf mit einem Serviceeinsatz vor Ort beheben. „Alles in allem sind wir sehr zufrieden mit der unkomplizierten und partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit profilsys“, resümiert der MES-Projektleiter.