Netzwerktreffen „Zukunft des Handels“ in der IHK
Münsterland/Emscher-Lippe-Region. – Der Handel allein kann den schleichenden Bedeutungsverlust der Innenstädte und Ortszentren nicht aufhalten. Das machten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der IHK-Netzwerkveranstaltung „Zukunft des Handels“ gestern (14. Juni) in Münster immer wieder deutlich. „Aber er muss sich anpassen und sich mutiger neuen Trends und Technologien öffnen“, mahnte Christoph Berger, Vorsitzender im Handelsausschuss der IHK Nord Westfalen, an.
Rund 120 Gewerbetreibende aus Handel und Gastronomie sowie Verantwortliche aus Stadtmarketing und Wirtschaftsförderung hatten sich auf Einladung von IHK Nord Westfalen, Handelsverband Nordrhein-Westfalen und Wirtschaftsförderung Münster im IHK-Bildungszentrum getroffen, um Ideen für die Entwicklung attraktiver Innenstädte auszutauschen.
Wie es um den Einzelhandel in den Zentren bestellt ist, umrissen IHK-Präsident Dr. Benedikt Hüffer und Michael Radau, Präsident des Handelsverbandes NRW, im Eröffnungstalk. „Wenn wir heute durch Innenstädte gehen, dann sehen wir vermehrt Ladenleerstände“, schilderte Hüffer die Situation und sprach von einem „Umbruch“. Damit Stadtzentren attraktiv blieben, müssten sie erreichbar bleiben und zu Wohlfühlorten für die Menschen werden. Hüffer betonte dabei die „Bedeutung intelligenter und technologieoffener Mobilitätskonzepte, die gerade vor dem Hintergrund einer insgesamt alternden Gesellschaft keine Verkehrsträger ausschließen“. Gutes Management aller Aktivitäten in den Zentren sei der Schlüsselfaktor für eine erfolgreiche Transformation der Innenstädte, sagte Hüffer und forderte Handel, Gastronomie, Immobilienwirtschaft, Kommunen und Politik zum gemeinsamen Handeln auf. Dabei unterstütze die IHK die Akteure mit der Kampagne „Das Gute findet Innenstadt.“
Den Rückzug des stationären Einzelhandels, den der IHK-Präsident skizzierte, verdeutlichte Handelsverbands-Präsident Radau mit einer Zahl: „2023 werden voraussichtlich 9.000 Läden in Deutschland schließen.“ Das sei eine besorgniserregende Entwicklung, denn mit jedem aufgegebenen Einzelhandelsgeschäft verliere die Innenstadt Anziehungskraft. Radau: „Was wir brauchen, sind neue Mischungen aus Gastronomie, Dienstleistungen, Gesundheitsangeboten, Kunst, Kultur und Co-Working, welche die herkömmlichen Einkaufsfunktionen ergänzen.“ Der Handel sei nach wie vor der wichtigste Grund, aus dem Menschen in die Innenstadt gingen, ist der Unternehmer aus Münster überzeugt. „Aber er alleine kann es in der Zukunft nicht schaffen, attraktive Innenstädte zu erhalten“, so Radau, der auch Vizepräsident der IHK Nord Westfalen ist.
Dass schon heute 50 Prozent aller Online-Käufe über das Smart-Phone abgewickelt werden, ist für Radau ein klares Signal, dass der Handel sich intensiver mit den neusten digitalen Technologien beschäftigen müsse. Das bestätigte auch Marilyn Repp, stellvertretende Geschäftsführerin des Mittelstand-Digital Zentrums Handel in Berlin. „Wir sehen eine große Insolvenzwelle im stationären Einzelhandel. Aber hier liegt auch eine Chance: Krisen sind die besten Zeiten für Innovationen! Der Handel braucht Mut für immer neue technologische Projekte und Tests. Wenn etwas schief geht, ist das kein Misserfolg, sondern ein Lernprozess. Ich plädiere für institutionalisierte Innovation – ständig Neues testen und ausprobieren.“
Wie insbesondere die Händlerinnen und Händler abseits der Stadtzentren mit digitalen Lösungen ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken können, konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor Ort im Digitalmobil des Mittelstand-Digital Zentrums Handel besichtigen. Neue Ideen für den digitalen Wandel im Handel stellten zudem zwei Start-ups vor. Susanne Borowski von mxr storytelling UG (Gelsenkirchen) zeigte, wie Unternehmen Augmented Reality im Schaufenster nutzen können. Michael Volland präsentierte sein Showroomkonzept VAUND, das die Inszenierung von Produkten im Herstellerauftrag in den Mittelpunkt stellt.
Ein positives Fazit zog IHK-Handelsausschussvorsitzender Christoph Berger am Ende der Veranstaltung. Das Netzwerktreffen habe dem Handel viele Ideen und Impulse geliefert, mit denen er wieder Fans zurückgewinnen könne. „Der Handel muss einen Mehrwert bieten, der über das Produkt hinaus geht. Es geht darum, eine Geschichte zum Produkt und dessen Erwerb zu erzählen. Es geht um Emotionalisierung des Einkaufserlebnisses und somit auch um Events“, so der Inhaber des Modehauses Ebbers in Warendorf.
Die Aktivierung der Zentren sei aber eine Gemeinschaftsaufgabe aller Akteure. „Interessante Läden beleben eine Stadt, aber wenn sie nicht in einen funktionalen Stadtraum eingebunden sind, schaffen sie nicht mehr genügend Frequenz. Der multifunktionale Charakter der Innenstadt und die Aufenthaltsqualität für Bewohner und Besucher muss gestärkt werden“, sagte Berger.