Faire Wettbewerbsbedingungen als Voraussetzung
Münsterland/Münster. – In Nachhaltigkeit zu investieren, zahlt sich aus: „Neun von zehn unserer Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit haben auch einen ökonomischen Vorteil“, rechnete Dr. Günter Schweitzer von Schmitz Cargobull vor. Beim Forum „Nachhaltigkeit durch Innovation“ im IHK-Bildungszentrum am 12. September in Münster nannte das Vorstandsmitglied des marktführenden Herstellers von Aufliegern und Anhängern aus dem Kreis Steinfurt konkrete Beispiele.
Etwa aerodynamische und dieselsparende Trailer oder vollelektrische Kühlanhänger mit spezieller Speichertechnik. Neue Technologien und Geschäftsmodelle, aber auch viele kleine Schritte für eine ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltige Wirtschaft standen im Mittelpunkt der Praxis-Impulse auf dem Forum, zu dem die IHK Nord Westfalen gemeinsam mit der Handwerkskammer Münster und den Wirtschaftsförderungsgesellschaften der Stadt Münster und des Kreises Borken eingeladen hatte.
„Die regionale Wirtschaft steht hinter den umfassenden Nachhaltigkeitszielen“, hatte IHK-Präsident Dr. Benedikt Hüffer zu Beginn klargestellt. In der aktuell schwachen Konjunkturlage zeige sich jedoch, dass die ökologische Nachhaltigkeit nicht losgelöst von der ökonomischen Nachhaltigkeit gesehen werden könne. „Nur eine international wettbewerbsfähige Wirtschaft kann der Ökologie hierzulande zu einem durchschlagenden Erfolg verhelfen“, ist der IHK-Präsident überzeugt. Diese Wettbewerbsfähigkeit sieht er derzeit jedoch gefährdet. „Um die Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaft voranzubringen, brauchen die Unternehmen vor allem verlässliche Rahmenbedingungen“, betonte Hüffer, „und nicht zusätzliche bürokratische Berichtspflichten“.
Das sah Schweitzer ganz ähnlich. Gerade mit Regularien ließen sich nicht immer Einsparungen im Sinne der Nachhaltigkeit erzielen. Das Vorstandsmitglied skizzierte, wie es Schmitz Cargobull in den vergangenen zwei Jahren gelungen ist, eine Begeisterung für Nachhaltigkeit zu entwickeln, durch den „Fokus auf Maßnahmen, die richtig viel CO2 einsparen“, wie auch durch viele kleine Schritte. „Es ist extrem wichtig, die ganze Mannschaft mitzunehmen“, betonte er. Neben der Vorbildwirkung der Führungskräfte sei dabei entscheidend, dass das Thema überall im Unternehmen präsent sei. So habe das Unternehmen Nachhaltigkeit beispielsweise in alle Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen integriert.
Letztendlich müssten jedoch zur Bewältigung der Transformation die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden, meinte Schweitzer. „Eine sinnvolle und faire CO2-Besteuerung“ ist für ihn hierbei zentral. Wenn die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen seien, „dann sollte man den Markt und die Industrie mal machen lassen“, forderte er. Durch die Innovationen aus der Industrie lasse sich das Problem bewältigen. „Das kriegen wir hin“, zeigte er sich optimistisch und fügte hinzu: „Wenn nicht wir, wer denn dann?“
Passend dazu hatte Prof. Dr. Markus G. Schwering vom Institut für Technische Betriebswirtschaft der FH Münster den Blick auf die Chancen „jenseits der Regularien“ gerichtet. Er zeigte auf, wie Unternehmen über das Thema Nachhaltigkeit erfolgreich zu neuen Geschäftsmodellen wie auch zu kleinen und großen Innovationen gekommen sind. Eine der wichtigsten Voraussetzungen sei es, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den notwendigen Freiraum geben.
Für die Flender Group (Bocholt) war der Plan, an die Börse zu gehen, der Auslöser, sich systematischer mit der Nachhaltigkeit des Unternehmens auseinanderzusetzen. Das betonte CEO Andreas Evertz in einer Diskussionsrunde. Als Ziel für das angestrebte Rating durch EcoVadis wurde eine Gold-Medaille vorgegeben. „Das hat die Mitarbeiter motiviert“, erklärte Evertz, „und sehr stolz gemacht“, als das Ziel erreicht wurde. Das Erfolgsrezept von Hase Bikes aus Waltrop, ausgezeichnet mit dem Nachhaltigkeitspreis des Handwerks im Kreis Recklinghausen, verriet Kirsten Hase: „Wir übertragen unseren 100 Mitarbeitern sehr viel Verantwortung.“
Drei Kurzvorstellungen von Unternehmen lieferten abschließend weitere gute Ideen, die ihre Praxistauglichkeit schon bewiesen haben: Wolfgang Büscher vom Betonwerk Büscher wandelt Bauschutt in neue Betonfertigteile um. Petra Buschbacher von der GEA Westfalia Separator aus Oelde stellte eine Zusatzeinheit für die Motorkühlung vor. Dank ihr spart ein Kunde, eine Molkerei, eine Millionen Liter Wasser pro Jahr. E-Lyte aus Münster produziert für jede Batterie und jeden Akku den passenden Elektrolyten. 1.500 Elektrolyt-Formulierungen sind schon zusammengekommen, berichtete Dr. Joshua Helmer.
Für Hans Hund, Präsident der Handwerkskammer Münster, ein Beleg, dass nicht nur die Großen Innovationen vorantreiben: „Es sind oft gerade kleinen Betriebe, die Mut haben und Chancen nutzen.“ Er forderte dazu auf, in Kontakte zu bleiben, um Ideen und Innovation für Nachhaltigkeit auszutauschen und sich weiter zu vernetzen. Das Forum habe dafür viele Impulse für den Unternehmensalltag gesetzt.