Über ein Lebenswerk, das in diesen Zeiten Mut und Hoffnung macht…
Am 2. April feiert die gebürtige Berlinerin Karin Gauselmann ihren 85. Geburtstag. Sie war nicht nur als langjähriges Mitglied des Aufsichtsrates der Gauselmann AG an vielen strategischen Entscheidungen beteiligt, sondern ist auch heute noch als Mitglied des Stiftungsbeirates eng mit dem Familienunternehmen verbunden. Darüber hinaus ist Karin Gauselmann auch gesellschaftlich stark engagiert, unter anderem als Vorsitzende des Stiftungskuratoriums der Paul und Karin Gauselmann Stiftung.
Nachdenklich lässt Karin Gauselmann den Blick über die heimische Landschaft schweifen. In 85 Jahren hat sie viel erlebt: den Zweiten Weltkrieg, den frühen Verlust des Vaters, die Nachkriegszeit und den Aufbau der Bundesrepublik Deutschland. Aber selbst für eine so lebenserfahrene Frau sind die Corona-Pandemie und ihre Folgen neu. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich dieses Land noch einmal in einem solchen Ausnahmezustand erleben würde“, erzählt sie.
Neben der Nachdenklichkeit strahlt sie aber vor allem etwas anderes aus: Zuversicht. „Ich weiß, was Menschen leisten können, wenn sie an etwas glauben, mutig vorangehen und tatkräftig anpacken“, sagt sie. „Und vor allem: wenn sie als Gemeinschaft zusammenhalten und sich gegenseitig unterstützen.“ Es ist dieser gesellschaftliche Zusammenhalt, der Karin Gauselmann in diesen Zeiten Mut macht und den sie selbst in ihrem Leben so oft es ging unterstützt und gefördert hat – sowohl auf sozialer als auch kultureller Ebene. Als Kuratoriumsvorsitzende der Paul und Karin Gauselmann Stiftung, die ein aktuelles Stiftungsvermögen von 16,2 Millionen Euro aufweist, ist es ihr eine Herzensangelegenheit, das gemeinsame Miteinander im Altkreis Lübbecke zu stärken. „Es war immer mein Anliegen, den Menschen in unserer Region etwas von unserem Unternehmenserfolg zurückzugeben und damit diesen lebens- und liebenswerten Landstrich noch attraktiver zu machen“, erläutert sie.
Zahlreiche Schulen, Jugendzentren, Sportvereine, gemeinnützige Institutionen und Einzelinitiativen werden deshalb jedes Jahr von der Stiftung unterstützt. Außerdem trägt Karin Gauselmann seit vielen Jahren als Patin und Sponsorin zur kulturellen Belebung des Altkreises und insbesondere der Stadt Espelkamp bei. Neben vielen anderen Dingen liegen ihr die Frauen-Kulturtage am Herzen, machen sie doch auf eine oft unterhaltsame Weise deutlich, dass auch in Espelkamp Frauen nicht nur in der Familie und in der Arbeitswelt, sondern auch und gerade in der Kultur „ihren Mann“ stehen.
Warmherzig, konsequent und kompetent setzt sich Karin Gauselmann für die Menschen in der Region und die Entwicklung der Stadt Espelkamp ein. Dieses nachhaltige Engagement wurde 2015 mit der Ehrenbürgerwürde der Stadt Espelkamp belohnt. Wie tief die 85-Jährige mit der Region verbunden ist, zeigt sich auch auf Schloss Benkhausen. Das Gebäude wurde auf Initiative von ihrem Mann Paul Gauselmann übernommen und vor dem Verfall gerettet und aufwändig saniert. Mittlerweile erstrahlen Schloss und Garten in altem beziehungsweise neuem Glanz. Karin Gauselmann hat sich nicht nur bei der Sanierung tatkräftig eingebracht, sondern das Schloss auch sozial und kulturell zu einem Kleinod und damit zu einem Anziehungspunkt für Menschen aus der gesamten Region entwickelt. Diese Liebe zum Mühlenkreis ist nicht selbstverständlich.
Schließlich ist Karin Bahlow, so ihr Mädchenname, 1935 in Berlin geboren worden. Zusammen mit einem älteren Bruder wuchs sie in der Gartenstadt Frohnau im nördlichen Berlin auf. Trotz Bombenangriffen und einer von Hunger und Kälte geprägten Nachkriegszeit blieb man im Hause Bahlow immer optimistisch. Selbst als der Vater, ein Bankbeamter, 1947 überraschend an einem Schlaganfall starb, ließ sich die Familie nicht unterkriegen. Von nun an übernahm ihre Mutter, die als Bilanzbuchhalterin arbeitete, die Rolle des Ernährers und sorgte für die beiden Teenager.
Nach der Oberschule machte Karin Gauselmann eine Ausbildung zur Industriekauffrau und war im Anschluss daran ein Jahr lang als Au-pair-Mädchen in England. Ein Faible für britisches Flair und die Liebe zur englischen Sprache spielen auch heute noch eine große Rolle in ihrem Leben. Als kaufmännische Angestellte war sie die nächsten Jahre bei verschiedenen Unternehmen wie AEG, Stiftung Warentest oder Röhm & Haas Berlin tätig.
1967 entschloss sich Karin Gauselmann, eine neue berufliche Herausforderung in Darmstadt anzunehmen und damit Heimat, Freunde und Familie in Berlin hinter sich zu lassen. Dass ausgerechnet ihr Skiurlaub im österreichischen Hintertux, den sie als Erholung für den Neustart in Westdeutschland geplant hatte, einmal der Ausgangspunkt für ein völlig neues Leben sein würde, ahnte niemand, am wenigsten sie selbst.
Nach dem ersten Augenkontakt und einem Tänzchen während des abendlichen Hotelballs überreichte Paul Gauselmann der jungen Berlinerin seine Visitenkarte und ermutigte sie, sich einmal bei ihm zu melden. Nach seiner Abreise tat sie dies auch und übermittelte ihm gleichsam ihre neuen Kontaktdaten in Westdeutschland. Bei einem der vielen Telefongespräche war am Anfang ihre Frage: „Wie alt sind Sie eigentlich?“ Sie war der Meinung, Paul Gauselmann sei viel jünger als sie. Aber erst bei einem erneuten Wiedersehen und gemeinsamen Ausflug nach Heidelberg kam dann das „Geständnis“, der junge Mann war Witwer und obendrein Vater von drei Söhnen im Alter von fünf, elf und 13 Jahren. Das war eine Überraschung gewesen und eine große Herausforderung. Es dauerte nun nicht mehr lange, bis die entscheidende Frage gestellt wurde. Und noch ehe die Probezeit beim Darmstädter Arbeitgeber endete, kündigte Karin Gauselmann ihren Job und zog nach Espelkamp. Kurz darauf, am 1. Dezember 1967, wurde die Hochzeit in Berlin gefeiert.
Ich heiratete eine Familie
Das Leben der jungen Berlinerin, die hier in Espelkamp ihrem Naturell entsprechend von Anfang an herzlich und tolerant auf die Menschen zuging, änderte sich schlagartig. Den neuen Anforderungen als Mutter und Hausfrau sowie als Gattin eines aufstrebenden Jungunternehmers wurde Karin Gauselmann vollends gerecht. Ihrem Mann ermöglichte sie damit die volle Konzentration auf seine Geschäfte, den Kindern gab sie Halt und Hilfe, wo immer dies notwendig war. 1969 bekam die junge Familie nochmals Nachwuchs: Paul und Karins gemeinsamer Sohn Karsten wurde geboren. Als er in den Kindergarten kam, bildete sich Karin Gauselmann zur Hauswirtschaftsmeisterin fort und bot fortan jungen Mädchen eine qualifizierte Berufsausbildung in ihrem Haushalt an. Eine ihrer damaligen Auszubildenden arbeitet heute wieder bei ihr.
Verbindlichkeit leben, Verbundenheit pflegen – Karin Gauselmann gehört zu den Menschen, die diese Eigenschaften in sich tragen. Jedes Jahr verfasst die Hobby-Autorin nicht nur Briefe an all jene Menschen, die sie im Laufe ihres Lebens kennengelernt hat und zu denen sie seit Jahrzehnten auf diese Weise Kontakt hält, sondern ebenso Dokumentationen über die zahlreichen Familienereignisse im Verlauf eines Jahres. „Man muss wissen, woher man kommt“, sagt sie, „schließlich war mein Mann ja nicht von Geburt an vermögend, sondern hat sich alles, wirklich alles, selbst erarbeitet. Als wir heirateten, hatte er 20 Mitarbeiter, heute sind es über 14.000.“
Doch obgleich die Firma immer im Mittelpunkt stand, habe es gerade an den Wochenenden auch immer ein ganz normales Familienleben im Hause Gauselmann gegeben. Ob Fahrrad- oder Wandertour durchs Wiehengebirge, Spieleabende oder größeren Ausflüge mit dem Auto – an den Wochenenden stand die gemeinsame Zeit mit den Kindern im Vordergrund. „Unser Familienleben hat auch meinem Mann, der bis dahin schon einige Schicksalsschläge im Leben erlitten hatte, immer viel Kraft gegeben.“
Nachdem die Kinder aus dem Haus waren, freute sich Karin Gauselmann schon bald über die ersten Enkelkinder, die das Haus oft mit neuem Leben erfüllten. Inzwischen sind es neun Enkelkinder – sieben Mädchen und zwei Jungen im Alter im Alter von zwölf bis 37 Jahren. Sogar ein Urenkelkind ist seit zwei Jahren auf der Welt – und seit drei Tagen sogar zwei. Immer gern und mit großem Interesse begleitet sie den Werdegang eines jeden einzelnen, darf doch keiner zu kurz kommen.
Dennoch: Über ihr großzügiges Zuhause freut sie sich jeden Tag aufs Neue. Ihre Liebe zur Natur zeigt sich in ihrem Garten, der neben allerlei Nutzpflanzen auch wunderschöne Blumengattungen beherbergt. Karin Gauselmanns Lieblingsblume ist die Tulpe in jeder Form und Farbe, ihre Lieblingstiere sind ihre Katzen.
Trotz der vielen geschäftlichen und privaten Verpflichtungen nehmen sich Paul und Karin Gauselmann für eines immer Zeit: Jeden Sonntag spielen die beiden Streit-Pacience und Rommé-Cup.
Karin Gauselmann, die ihren Mann lange Zeit zu allen wichtigen Messen im In- und Ausland, zu Events und Terminen begleitet hat, betrachtet die Diskussionen und Ereignisse in und um die Automatenbranche mit einer beneidenswerten Nüchternheit. „Mein Mann schätzt meine Sicht auf die Dinge. Er weiß, dass ich immer sage, was ich denke.“ Und bei jährlichen Kreuz- und auch Flussfahrten, eine gemeinsame Leidenschaft des Paares, konnte man stets von den Alltagsverpflichtungen ein wenig Abstand gewinnen und neue Kraft tanken. Dabei sind Karin und Paul Gauselmann seit den 80er Jahren etappenweise rund um die Welt gekommen.
Im Unternehmen aktiv mitgearbeitet hat Karin Gauselmann erst, nachdem die Kinder ihre eigenen Wege gingen. So übernahm sie 1990 einen Sitz im Aufsichtsrat der damals neu gegründeten Gauselmann AG. 2008 trat sie diesen an ihren Sohn Karsten ab, der im gleichen Jahr zusammen mit seiner Familie nach Süddeutschland zog und dort seitdem als Inhaber eines Seminarhotels fungiert. „Uns war es wichtig, dass er dem Unternehmen verbunden bleibt.“ Als Mitglied im Stiftungsbereit der Gauselmann-Familienstiftung kümmert sich Karin Gauselmann weiterhin aktiv um die Geschicke der Gauselmann Gruppe. Hier wirkt sie an den grundlegenden strategischen Fragstellungen und Entscheidungen rund um das Familienunternehmen mit.
Innerlich reich – so lässt sich Karin Gauselmann am treffendsten beschreiben. An der Seite ihres Mannes immer mit Herz und wachem Verstand auf dem Teppich geblieben, stilvoll, aber niemals abgehoben und dabei stets den Sinn fürs Praktische im Blick. Jeder auf seine Weise, aber doch gemeinsam haben Karin und Paul Gauselmann ihr Lebenswerk in 53 Jahren geschaffen und alle Herausforderungen gemeinsam gemeistert. Dieses Lebenswerk ist geprägt von einer umsichtigen und solidarischen, aber auch zuversichtlichen und tatkräftigen Grundhaltung, die es in Zeiten wie diesen besonders braucht.