Sauberkeit in der Innenstadt steht im Mittelpunkt der dritten „Bielefelder Stadtgespräche“, zu denen der Verkehrsverein Bielefeld in den Founders Club eingeladen hat
Bielefeld – Im Mittelpunkt der dritten Veranstaltung aus der Reihe „Bielefelder Stadtgespräche“, die der Verkehrsverein Bielefeld am Montag, 18. März 2024, im Founders Club der Founders Foundation ausrichtete, standen Fragen rund um die Sauberkeit der City. Rund 100 Gäste folgten der Einladung von Verkehrsvereinsvorsitzenden Ursula Pasch und Geschäftsführer Martin Knabenreich.
Sauberkeit gilt als eine Grundvoraussetzung für Attraktivität und Aufenthaltsqualität in Innenstädten. Dynamische Großstädte, die rasanten gesellschaftlichen Veränderungsprozessen unterworfen sind, stehen hier vor besonderen Herausforderungen. Nicht selten wird auch in Bielefeld der Dreck auf den Straßen vorwurfsvoll beklagt. Gleichzeitig liegt die Verantwortung für eine saubere City zunächst einmal in den Händen jedes Einzelnen. Mit welchen Maßnahmen können städtische Akteure sowie die Verwaltung auf Probleme reagieren? Wie lässt sich Einfluss auf das Verhalten der City-Besucher nehmen? Die „Bielefelder Stadtgespräche“ des Verkehrsvereins Bielefeld lieferten Antworten, ließen aber auch Anregungen und kritische Fragen zu.
Verkehrsverein bietet den Raum
Der Verkehrsverein Bielefeld versteht sich als Impulsgeber für Themen aus den Bereichen Stadtentwicklung, Stadtmarketing und Tourismus und möchte die Vernetzung der relevanten Akteure sowie den Austausch miteinander fördern. Aus diesem Grund hat der Verein im Jahr 2022 die Veranstaltungsreihe „Bielefelder Stadtgespräche“ ins Leben gerufen. Bei der letzten Veranstaltung stand die Entwicklung des Jahnplatzes im Vordergrund, und auch unter dem diesjährigen Titel „Sauberkeit in der City“ wurde ein Thema aufgegriffen, das das Potenzial für hitzige Debatten hat. Nicht ohne Grund wies die Verkehrsvereinsvorsitzende in ihrer Begrüßungsrede darauf hin, dass es bei den Bielefelder Stadtgesprächen um offenen Dialog und unterschiedliche Perspektiven gehen soll, für einseitige Stimmungsmache sei hingegen kein Platz. Im Zusammenhang mit dem Thema Sauberkeit stellten sich viele Fragen, etwa: „Wie konnte der Eindruck entstehen, dass die Bielefelder Innenstadt dreckiger geworden ist? Hat der Umweltbetrieb die Arbeit reduziert, sind die Mülleimer kleiner geworden oder hat sich vielmehr das Verhalten der Menschen gravierend verändert? Was kann getan werden, und was wird womöglich schon getan?“ Mit diesen und anderen beispielhaften Fragen steckte Pasch quasi das Themenfeld des Abends ab, bevor sie das Wort an Timo Fratz übergab, den Chef-Redakteur von Radio Bielefeld, der durch den Abend führte.
Acht Experten, acht Perspektiven
Gleich acht Experten und Bielefelder Innenstadt-Akteure schilderten danach im Rahmen der „Bielefelder Stadtgespräche“ ihre Sicht auf die Situation in unserer Stadt und formulierten im Gespräch mit dem Moderator ihre Analysen, Vorschläge und Forderungen. Fratz begrüßte zunächst Professor Dr. Sebastian Zenker auf der Bühne, der die transformative Kraft des „Nudgings“ beleuchtete, einer Methode, die darauf abzielt, das Verhalten der Menschen auf subtile Weise zu lenken, ohne dabei auf Zwang oder strenge Regulierung zurückzugreifen. Zenker zeigte Wege auf, wie „Nudging“ auch mit Blick auf Sauberkeit in urbanen Räumen eingesetzt werden kann und präsentierte Beispiele dafür, dass sogar das Wegwerfen von Müll Spaß machen kann, wenn man an den Spieltrieb der Menschen appelliert.
Danach berichteten Maik Greve, Abteilungsleiter Straßenreinigung und Winterdienst beim Umweltbetrieb der Stadt Bielefeld, sowie Heike Brand-Minich, ebenfalls vom Umweltbetrieb und dort in der Abfallberatung tätig, über die Situation in unserer Stadt. Greve gab einen Überblick über die personelle und technische Ausstattung des Umweltbetriebs, wohingegen Brand-Minich über Aufklärungs- und Mitmachkonzepte sprach. „Cleanup Day und Projekttage in Schulen und Kitas können Kinder frühzeitig an das Thema heranführen“, brachte Brand-Minich ihre Erfahrungen auf den Punkt.
Jörg Beyer, Handelsreferent beim Handelsverband Ostwestfalen-Lippe e.V. und Experte für Standortfragen, betonte, dass die Bielefelder Händler bestrebt sind, saubere Flächen anzubieten, um sich optimal präsentieren zu können, verschwieg aber auch nicht, dass es Verbesserungspotenzial gibt.
Regine Tönsing, Hauptgeschäftsführerin des Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA Ostwestfalen e. V., verwies auf die Rolle Bielefelds als Kongressstandort mit vielen Businessgästen. „Besonders das Umfeld des Bahnhofs ist schwierig“, so Tönsing, „gerade weil sich dort die Stadthalle und das einzige Vier-Sterne-Hotel der Stadt befinden.“
Henner Zimmat, erster Vorsitzender der Werbegemeinschaft Kaufmannschaft Altstadt e. V., beklagte, dass es zu wenige Mülleimer in der Innenstadt gäbe. Sein Eindruck sei, dass zu viel Müll in der Stadt entsteht. Müllvermeidung in der City und bei Veranstaltungen müsse daher das Ziel sein, wobei er sich die Zusammenarbeit aller Akteure wünsche.
Martin Knabenreich in seiner Doppelrolle als Geschäftsführer der Bielefeld Marketing GmbH und des Verkehrsvereins wies darauf hin, dass es einen Trend zum Mitbringen von Getränken und Snacks und damit Flaschen und Pizzakartons zu Veranstaltungen gäbe. Umliegende Kioske spielten dabei eine Rolle. „Bei den Bielefelder Veranstaltungen wird immer mehr Mehrweg angeboten und trotzdem wachsen die Müllberge“, so Knabenreich. Letzten Endes sei es auch eine Frage von Zivilcourage, ob eine Stadtgesellschaft dem achtlosen Wegwerfen von Müll tatenlos zusehe, oder ob die Verursacher von Verschmutzungen direkt angesprochen würden.
Schließlich gab Arndt Heiderich, Franchise-Nehmer der McDonald’s Deutschland LLC und Betreiber der McDonald’s-Filiale am Jahnplatz, einen Einblick in die Nachhaltigkeitsstrategien von McDonald’s, welche darauf abzielen, Verpackungsmüll zu reduzieren, indem etwa Getränkebecher recycelt würden. Auch Heiderich vertrat den Standpunkt, dass die Sauberkeit in Bielefeld verbessert werden müsse, und beklagte vor allem die Verschmutzung durch Kaugummis und Tauben. „Es braucht nicht viel, aber es braucht viele“, um die Situation zu verbessern, so Heiderich.
Nachdem eine offene Fragerunde dem Publikum Gelegenheit für Fragen und Anregungen geboten hatte, wurde der Austausch zwischen Fachleuten, Akteuren und Publikum bei Getränken und Snacks fortgesetzt. In offener und ungezwungener Atmosphäre konnte der Abend so „sauber“ ausklingen.