Wie nachhaltig ist ein nachhaltiger Aktienfonds wirklich? Dominik Breitenbach wollte es wissen und entwickelte in seiner Bachelor-Arbeit ein Instrument, mit dem auch Laien das bewerten können. Sein Konzept überzeugte sogar die Herforder Erich-Gutenberg-Gesellschaft, die den Absolventen der FH Bielefeld jetzt mit ihrem Preis für herausragende Abschlussarbeiten auszeichnete.
Der Titel ist etwas sperrig. „Modellierung und Anwendung eines Sustainability-Measurement-Konzepts für die Bewertung und Quantifizierung der Nachhaltigkeit von ESG-Investmentfonds“ heißt die Bachelorarbeit von Dominik Breitenbach, Absolvent des berufsbegleitenden Studiengangs Betriebswirtschaft am Campus Gütersloh der Fachhochschule (FH) Bielefeld. Umso eingängiger ist das Urteil des Gutachters: „Sehr praxisrelevant, sehr komplex und sehr aktuell“, sagt Prof. Dr. Andreas Uphaus, am Fachbereich Wirtschaft der FH Bielefeld zuständig für das Lehrgebiet Allgemeine BWL, Finanzwirtschaft und Rechnungswesen. Und sehr preiswürdig, befand Prof. Dr. Ulrike Settnik, Zweitbetreuerin und am Fachbereich Wirtschaft ebenfalls zuständig für das Lehrgebiet Allgemeine BWL und Rechnungswesen. Sie schlug die Arbeit für den Preis vor, den die Erich-Gutenberg-Gesellschaft (EGG) regelmäßig für herausragende Abschlussarbeiten vergibt. Mit Erfolg.
Denn insbesondere ein hoher Praxisbezug wird von der Jury der EGG gern gesehen. Die Gesellschaft mit Sitz in Herford ist nach Erich Gutenberg benannt, dem Begründer der modernen deutschen Betriebswirtschaftslehre, einem Sohn der Stadt. Die EGG hat sich zum Ziel gesetzt, den Kontakt von Wissenschaft, Lehre und Wirtschaftspraxis zu vertiefen, wirtschaftswissenschaftliche Erkenntnissen in die Unternehmen zu transferieren und studentischen Nachwuchs zu fördern. Und mit Praxisbezug konnte Dominik Breitenbach auf verschiedenen Ebenen punkten. So war es seine berufliche Praxis, die ihn auf das Thema seiner Bachelorarbeit brachte: Neben seinem Studium arbeitete der heute 29-Jährige ausgebildete Bankkaufmann bei der Sparkasse Gütersloh-Rietberg-Versmold, seit 2019 als stellvertretender Geschäftsstellenleiter in Spexard. Breitenbach war aufgefallen, dass Nachhaltigkeit auch bei Investmentfonds eine immer größere Rolle spielt.
Greenwashing oder wirklich nachhaltig? Das neue Rating schafft Transparenz
„Die Fondsgesellschaften überarbeiten ihr Portfolio entsprechend, und auch in der Beratung fragen wir ab, wie wichtig den Investierenden Nachhaltigkeit ist.“ Allerdings: Ob ein Aktienfonds tatsächlich nachhaltig wirkt oder eher „Greenwashing“ betreibt, lässt sich mit den vorhandenen Ratings zur Bewertung nur schwer einschätzen. „Die Ratings sind oft intransparent oder berücksichtigen nicht alle wesentlichen Investmentparameter“, erklärt Breitenbach. Ein besseres, transparentes Ratingverfahren müsste her! Damit hatte er die Idee für seine Abschlussarbeit gefunden: Die Entwicklung eines Instruments zur umfassenden Bewertung von Fonds mit Blick auf ihre Nachhaltigkeit.
Dominik Breitenbach orientierte sich bei der Ausarbeitung seines Konzepts am bewährten theoretischen Modell der Balanced Scorecard (BSC), das auf strategische Management-Entscheidungen ausgerichtet ist. Dabei geht es, kurz gesagt, um die Auswirkungen finanzieller, aber auch nicht-monetärer Kennzahlen auf das jeweilige Unternehmen. Breitenbach hat das Modell auf Investmentfonds und die Bewertungspraxis übertragen und dabei zwölf Nachhaltigkeits-Kriterien identifiziert.
ESG = „Environment“, „Social“ und „Governance“
„Nachhaltigkeit bezieht sich allerdings nicht allein auf den Umwelt-Aspekt, sondern auch auf die Ebenen des sozialen Engagements und der verantwortungsvollen Unternehmensführung“, erklärt Dominik Breitenbach. Entsprechend den englischen Begriffen („Environment“, „Social“ und „Governance“) werden die Fonds deshalb auch ESG-Investmentfonds genannt. Breitenbach nennt ein Beispiel für ein Nachhaltigkeitskriterium: „Der Ausschluss bestimmter Branchen, wie beispielsweise der Waffenindustrie, aus dem Anlageuniversum. Ob und in welchem Umfang Aktien von solchen Unternehmen oder Konzernen im Fonds vorhanden sind, hat Auswirkungen auf die entsprechende Kennzahl.“
Excel-gestützt ins Verhältnis gesetzt, liefern die verschiedenen Kennzahlen der Fonds ein Rating, das bei Anlageentscheidungen unterstützen kann. Das Besondere an Breitenbachs Konzept ist seine hohe Praxistauglichkeit: „Im Unterschied zu bisherigen Ratings ist es transparent, denn die benötigten Daten sind öffentlich zugänglich. Deshalb kann es auch von Laien angewendet werden“, erklärt der Absolvent. Selbst die Übertragung in eine App und damit eine noch einfachere Anwendung wäre denkbar – erste Überlegungen dazu hat Dominik Breitenbach bereits seinem Arbeitgeber vorgestellt. Vorerst jedoch ist der mit 1.000 Euro dotierte Preis der EGG die Krönung seiner Abschlussarbeit.
Berufsbegleitend Studieren, Karrierechancen verbessern
Zugleich ist es die Bestätigung seiner damaligen Entscheidung für beides zugleich – für Studium und Berufspraxis. Noch während seiner Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Sparkasse Gütersloh-Rietberg-Versmold war Breitenbach klar, dass er ein Studium anschließen würde: „Ich wollte mein Wissen erweitern, mich thematisch breiter aufstellen und dadurch auch meine Karrierechancen verbessern.“ Den Beruf aufzugeben, kam für ihn aber nicht in Frage. „Berufliche Erfahrungen sammeln und Geld verdienen war mir auch wichtig.“
Da kam der berufsbegleitende Bachelorstudiengang Betriebswirtschaft der FH Bielefeld gerade recht. Die Inhalte werden in samstäglichen Präsenzveranstaltungen vermittelt und im flexiblen Selbststudium erarbeitet: Weil das Modell Studium und Beruf, Präsenzstudium und Selbststudium verbindet, wird es auch Verbundstudium genannt. Zudem war das Angebot gerade auf den Campus Gütersloh ausgeweitet worden. „Das bedeutete für mich Wohnortnähe, und das Modell erlaubt eine gute Vereinbarkeit von Studium, Familie und Beruf“, sagt Dominik Breitenbach. Erst recht, als pandemiebedingt die Präsenzveranstaltungen ebenfalls online abgehalten wurden. Auch wenn er das Verbundstudium bereits weiterempfohlen hat – an einen anschließenden Masterstudiengang denkt Breitenbach trotzdem noch nicht. „Es ist auch schön, mehr Zeit für meinen kleinen Sohn zu haben.“ Etwas Zeit hat er noch für die Entscheidung: Vor der Aufnahme eines berufsbegleitenden Masterstudiums müssten ohnehin 12 Monate reine Berufspraxis liegen.