Mehr als 70 internationale Gäste aus Hochschule und Wirtschaft diskutieren Herausforderungen und Chancen von „Big Data“ in der Wirtschaft sowie neue Anforderungen an das Wirtschaftsstudium.
Im Rahmen der Digitalisierung stellt das Thema „Big Data“ eine große Herausforderung für Unternehmen dar. Verstärkt durch Covid-19 nimmt die Flut an Datenmengen, die ein Unternehmen erhält, in kürzester Zeit zu. Es besteht ein enormer Bedarf an „Data Intelligence“, um diese Informationen gezielt für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens zu nutzen. Die erste „Bielefeld International Conference on Applied Business“ (BiCAB) des Fachbereichs Wirtschaft der Fachhochschule (FH) Bielefeld bot im Rahmen der Internationalen Woche eine Plattform, die Herausforderungen und Chancen von Big Data in der Wirtschaft zu diskutieren. Rund 70 Teilnehmende von internationalen Hochschulen und regionalen Unternehmen waren der Einladung zur Konferenz unter dem Motto „Data driven decisions in enterprises – implications for business education and cases“ gefolgt.
„Die erste BiCAB zum Thema ,Big Data‘ war ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg, die Aktivitäten des Fachbereichs Wirtschaft weiter zu internationalisieren“, so Dekan Prof. Dr. Riza Öztürk. „Die Teilnehmenden aus 14 Ländern haben wertvolle Impulse für Lehre, Forschung und Erwerbsleben erhalten. In den kommenden Jahren werden wir die BiCAB zu der profilbildenden Konferenz des Fachbereichs Wirtschaft weiterentwickeln und damit auch unseren Beitrag zu fortschreitenden Internationalisierung der Fachhochschule leisten.“
Wirtschaftsstudium nicht ohne Coding!
Die Keynotes von Dr. Stefan Breit, Geschäftsführer Technik von Miele, und Prof. Dr. Haldun Akpinar, ehemaliger Direktor der Abteilung Wirtschaftsinformatik der Marmara Universität (Istanbul) verdeutlichten, dass „Data Intelligence“ eine Kernkompetenz für alle Studierende sein sollte und daher im Lehrplan des Wirtschaftsstudiums verankert werden muss.
„Digitalisierung ist überall!“, fasste Dr. Stefan Breit zusammen und startete mit einem Beispiel aus seinem Unternehmen. Mit einer Kamera im Ofen wurden Bilder zum Backverhalten gesammelt, um einen intelligenten Ofen zu konzipieren. Im Idealfall ist bei einem Backvorgang die menschliche Mitwirkung nicht mehr nötig, weil der Ofen anhand der individuellen Nutzerdaten entscheidet, wann der Backvorgang beendet ist. Für immer mehr Projekte dieser Art werden Absolventinnen und Absolventen mit Kenntnissen in Business Analytics, Coding und Machine Learning benötigt. Zurzeit habe das Unternehmen 300 offene Stellen im Bereich Digitalisierung und Intelligente Systeme und suche dringend nach „Digitalen Talenten“.
Prof. Dr. Haldun Akpinar bestätigte diesen Bedarf. Er stellte heraus, dass IT-unterstützte Unternehmensentscheidunge mehr und mehr im Fokus des Managements stehen. Daraus folgerte er für die Ausbildung der Studierenden ein überarbeitetes Curriculum, in dem diese Fähigkeiten abgebildet werden. „Alle Wirtschaftsstudiengänge werden unter dem Dach ‚Business Analytics‘ subsumiert müssen“, so seine These. Dazu werde mehr Lehrpersonal im IT-Bereich benötigt.
12 Paper aus sechs Ländern analysieren Beispiele aus Unternehmen und Studium
Weitere Facetten und Anwendungsszenarien sowohl mit Unternehmensbezug als auch mit Konzepten zur Hochschulausbildung wurden in den wissenschaftlichen Studien internationaler Expertinnen und Experten beschrieben. In 12 Paper aus sechs Ländern wurden Unternehmensbeispiele aus dem Marketing, Rechnungswesen, Logistik, Steuern und der IT-Sicherheit aufgezeigt und die potentielle Einbettung in die Lehre diskutiert. „Die verschiedenen Ansätze haben gezeigt, dass wir Studierende motivieren müssen, da sie den direkten Mehrwert dieser Fähigkeiten nicht sofort erkennen“, so Dr. Riza Öztürk. „Hierfür ist es wichtig, eine Mentalität für Big Data zu entwickeln, um sowohl die Lehrenden als auch die Studierenden für diese Neuausrichtung zu begeistern. In der Diskussion wurde auch die Frage aufgeworfen, ob nicht schon in der schulischen Ausbildung dafür die Voraussetzungen geschaffen werden sollten.“
Eine wissenschaftliche Jury und die Teilnehmenden der Konferenz zeichneten zwei Paper aus, die genau diese Bedarfe in besonderem Maße herausgearbeitet hatten. Prof. Dr. Spano, M. Sc. Serena Racis und M. Sc. Sonia Cocco aus Cagliari (Italien) mit dem Titel „Process Mining as a Tool to Corporate Value Production“ und Andreas Uphaus mit dem Titel „A Constructive Learning Model for Data Analytics in Treasury“ erhielten die Auszeichnung von je 500 Euro der Fördergesellschaft der FH Bielefeld von Prof. Dr. Benning, Vizepräsident der Fördergesellschaft, überreicht.
Praxisnahe Konferenzinhalte für Unternehmen und Hochschulen
Abgerundet wurde die Konferenz durch einen Vortrag des Start-ups Phania GmbH, ein Unternehmen der Böllhoff-Gruppe. Ihr Softwareprogramm unterstützt Kunden bei der Auswahl eines benötigten Produktes bei einem großen Angebot. Die Geschäftsführer Marcel Rösner und Dominik Witt erklärten: „Die Software lernt aus mehreren Millionen Entscheidungen von Kunden und kann bei neuen Anfragen schnell das für die individuellen Kundenwünsche entsprechende Produkt finden oder eine potenzielle Nachfrage nach einem neuen Produkt generieren“. Dieses aktuelle Best-Practice-Beispiel verdeutlichte noch einmal, dass das Thema „Big Data“ in Unternehmen immer präsenter wird und dass Hochschulen diesen Anforderungen in der Lehre nachkommen müssen. „Die rege Diskussion zeigt den wissenschaftlichen Mehrwert der Konferenz“, so Öztürk. „Besonders die internationale Reflektion war ein wichtiges Instrument. Eine Umfrage unter den Teilnehmenden hat ergeben, dass fast 90 Prozent der Teilnehmenden die Konferenzinhalte als praxisorientiert ansahen und über 70 Prozent die Inhalte im Unternehmen oder an der Hochschule nutzen können. Wir freuen uns auf die zweite Konferenz im nächsten Jahr mit einem neuen Themenspektrum!“.