Dortmund (AWe). Die acoustex geht 2019 in die zweite Runde. Nach der Premiere 2018 dreht sich am 1. und 2. Oktober in der Messe Dortmund wieder alles um die Themen Noise-Control und Sound-Design. Dr. Patrick Kurtz ist Schalltechnischer Berater zur Geräuschemission von Maschinen und war Mitglied in verschiedenen Normenausschüssen, Regeln setzenden Gremien und Arbeitsgruppen zum Lärm auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene. Er wird auf der acoustex 2019 wieder im Rahmenprogramm sprechen und die Messeleitung fachlich beraten. Ein Interview mit ihm.
Ein letzter Blick zurück: Welche Bilanz ziehen Sie persönlich mit etwas Abstand nach der acoustex 2018?
„Zwar war ich ab der ersten Minute von dem Ansatz der Messe überzeugt, neben der Präsentation von Produkten eine Plattform für den fachlichen Informationsaustausch zwischen Wissenschaft, Produkteanbietern und Anwendern zu schaffen, am Ende war ich dann aber doch über die vielen positiven Rückmeldungen von Ausstellern und Messebesuchern überrascht. Offensichtlich hat eine Messe wie die acoustex, die sich allein auf die Aspekte Schallschutz und Sound-Design konzentriert, bisher gefehlt.
Für den Erfolg wichtig war sicherlich auch die Festlegung auf die drei Schwerpunkte Industrie, Architektur und Verkehr: drei Bereiche, in denen Themen wie die Geräuschemission von Maschinen, die schalltechnische Gestaltung von Räumen in Büros, Schulen, Wohngebäuden, Industriehallen, Werkstätten, Krankenhäusern etc. und der Bereich Verkehrsgeräusche angesprochen werden. Der Wunsch nach Ruhe und Rückzugsmöglichkeiten wird in unserer hektischen Zeit auf all diesen Feldern immer bedeutsamer.“
Welche wirtschaftliche Relevanz hat das Thema der Messe aktuell?
„Leider wurde in den letzten Jahrzehnten dem Thema Lärm bzw. einer der Gesundheit und der Arbeit angemessenen akustischen Umgebung nicht immer ausreichende Aufmerksamkeit geschenkt. Gesetzliche Regelungen zum Lärmschutz wurden von vielen Entscheidungsträgern eher als Kostenfaktoren betrachtet. Dies ändert sich inzwischen. Einige Studien zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Verkehrslärm, zu den extraauralen Wirkungen von Lärm in der Umwelt und Arbeitsumgebung haben deutlich gemacht, dass unaufmerksame Unternehmer hier Geld verschenken.
Weniger Krankheitstage durch lärmbedingten Stress, die Wertsteigerung von Immobilien, eine gesteigerte Motivation und Kreativität am Arbeitsplatz lassen sich nur dann erreichen, wenn eine angemessene akustische Gestaltung der Umgebung sichergestellt ist. Hinzu kommt, dass die allgegenwärtige Geräuschexposition durch Maschinen, Sprache und Verkehr immer mehr Menschen für die Schaffung ruhiger Arbeitsumgebungen, Wohnbereiche und Erholungsumgebungen sensibilisiert. Der Trend zum Cocooning mag eines von vielen Beispielen dafür zu sein. Hersteller, die in den genannten Bereichen Lösungen anbieten können und bei den Planern bekannt sind, werden daher zwangsläufig erfolgreich sein!“
Gibt es neue technische oder produktspezifische Entwicklungen seit der letzten Messe, mit denen sich die Fachwelt beschäftigt?
„Natürlich gibt es in den jeweiligen Bereichen immer wieder neue Verfahren und Produkte. Allerdings liegt der Schwerpunkt meist auf der Verbesserung oder Erweiterung von Mess- und Bewertungsverfahren und bei der Fortentwicklung von Produkten zum Schallschutz. So wird zum Beispiel in der Bauakustik viel über einen verbesserten Schallschutz gesprochen, der über das festgelegte Mindestmaß aus der DIN 4109 hinausgeht. Der Mindestschallschutz erfüllt nicht mehr die gestiegenen Erwartungen von Mietern und Eigenheimbesitzern. Deshalb werden in der DEGA-Empfehlung 103 qualitativ höhere Schallschutzklassen für die Bewertung von Wohnräumen als Ergänzung der DIN 4109 definiert. Damit kann zukünftig ein erhöhter Schallschutz schon in der Planungsphase festgelegt werden.“
Welche Trends sollten Experten für Noise-Control und Sound-Design/
Geräuschemission 2019 und 2020 auf jeden Fall im Auge behalten?
„Es gibt nicht das eine Thema, den Trend schlechthin, dem alle folgen sollten. Stattdessen gibt es in vielen Bereichen Fortschritte und interessante Aspekte. Neben dem schon erwähnten verbesserten Schallschutz im Bereich der Bauakustik ist das Thema ‚Buy Quiet‘ zu nennen: Nicht irgendeinen Rasenmäher, Laubbläser oder – im kommunalen Bereich – irgendeine Straßenkehrmaschine oder irgendein Müllsammelfahrzeug kaufen, sondern sich vorher schlau machen und die von der EU vorgeschriebenen und vom Hersteller anzugebenden Geräuschemissionswerte nutzen! Das heißt: Nur die Produkte mit den niedrigsten Werten beschaffen, denn wenn weniger Schall erzeugt wird, muss weniger für den Schallschutz aufgewendet werden!
Ein weiteres sehr interessantes Thema ist die ‚nachhaltige Akustik‘. Hier wird zum Beispiel bei den verwendeten Werkstoffen nicht nur der Aspekt der akustischen Wirksamkeit, der technischen Performance und der optischen Anmutung betrachtet, sondern auch die nachhaltige Rohstoffverwertung mit berücksichtigt.“
Welches Thema werden Sie auf der acoustex 2019 behandeln?
„Ich bin mir noch nicht sicher, aber gerade in der letzten Zeit wird viel über Europa gesprochen. Meist allerdings nur über wenige negative Aspekte. Insbesondere viele Maßnahmen zur Lärmminderung am Arbeitsplatz, in der Umwelt und zur Geräuschemission von Maschinen werden völlig vergessen. Selbst ‚Fachleuten‘ ist nicht immer klar welche positiven Auswirkungen europäische Richtlinien haben. Hinzu kommen inzwischen über 1000 europäische Normen, die der Konkretisierung der Richtlinien dienen. Ihre Anwendung liefert rechtliche Vorteile, die selbst direkt betroffene Unternehmer oft nicht kennen.
Meist wird nur die negative Seite gesehen: ‚Kostet alles nur Geld!‘ Bei genauer Betrachtung führt die Anwendung dieser Richtlinien jedoch zu Vorteilen, und zwar pekuniär betrachtet nicht nur für die jeweilige Volkswirtschaft, sondern auch für jeden einzelnen Unternehmer. Ein Besuch der acoustex 2019 kann Fachleuten sicher Informationen zu allen genannten Themen liefern.“
www.acoustex.de