Lennard Looschen (Foto: Fotostudio Weigel )
Lennard Looschen (Foto: Fotostudio Weigel )

Unternehmer müssen aufpassen: Das neue Hinweisgeberschutzgesetz kommt

Trotz Verzögerungen kann das neue „Whistleblower“-Gesetz noch in diesem Jahr in Kraft treten │ Was Unternehmen jetzt wissen müssen

Münster – Trotz Kritik und Verzögerungen wird das in Deutschland umstrittene Hinweisgeberschutzgesetz voraussichtlich noch in diesem Jahr in Kraft treten. Daher sollten größere Unternehmen ab 250 Beschäftigte vorbereitet sein, um den neuen Anforderungen zu entsprechen, rät die Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft HLB Schumacher aus Münster. „Nach dem vorliegenden Entwurf sollten kleinere Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten die Vorgaben ab dem 17. Dezember 2023 erfüllen. Es ist wahrscheinlich, dass nunmehr für alle Unternehmen der Dezember als Stichtag in Frage kommt“, sagt Rechtsanwalt Lennard Looschen.

Die EU-Richtlinie zum sogenannten Whistleblower-Gesetz sieht vor, dass Personen geschützt werden, die Verstöße gegen das EU-Recht in bestimmten Bereichen melden. Den vom Bundestag beschlossenen Gesetzesentwurf (HinSchG-E) blockierte der Bundesrat jedoch überraschend mit der Begründung, er gehe weit über die EU-Vorgaben hinaus und beziehe deutsches Recht mit ein. Nun hat die EU genug von den Verzögerungen und verklagt Deutschland vor dem europäischen Gerichtshof. Denn die Neuregelung des Entwurfs, die auf einer EU-Richtlinie basiert, hätte schon zum 17. Dezember 2021 in nationales Recht umgesetzt werden müssen.

Der Bundesrepublik wird vorgeworfen, Hinweisgeber unzureichend zu schützen. Neben Deutschland werden sieben weitere EU-Staaten verklagt. Als „jüngsten Akt eines wahren Trauerspiels“ bezeichnen Europaabgeordnete den Verweis an den EuGH, dabei könne es in Deutschland schon seit Jahren einen ausreichenden Whistleblower-Schutz geben.

Der Kernpunkt des neuen Gesetzes besteht darin, dass Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten eine interne Meldestelle für Hinweise auf Missstände einrichten müssen. Zusätzlich gilt:

  • Die interne Meldestelle muss den Empfang eines Hinweises gegenüber dem Hinweisgeber innerhalb von sieben Tagen bestätigen.
  • Innerhalb von drei Monaten muss der Hinweisgeber über getroffene Maßnahmen informiert werden.
  • Zum Schutz des Hinweisgebers soll im Falle von Nachteilen im beruflichen Zusammenhang eine gesetzliche Vermutung gelten, dass diese als Repressalien zu werten sind.
  • Im Bundesministerium für Justiz soll eine externe Meldestelle eingerichtet werden. Dies ist auch für die Bundesländer möglich.

Wer kann Hinweisgeber sein und welche Verstöße können gemeldet werden?

Hinweisgeber sind diejenigen Personen, die Informationen über Verstöße melden. Dies können alle Personen sein, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben. Der Hinweisgeberschutzgesetz-Entwurf betrifft unter anderem Verstöße gegen Strafvorschriften nach deutschem Recht sowie bußgeldbewehrte Verstöße, die dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dienen.

Kurz vor der Abstimmung im Bundestag wurde der sachliche Anwendungsbereich auf Äußerungen von Beamtinnen und Beamten ausgeweitet, die einen Verstoß gegen die Pflicht zur Verfassungstreue darstellen, wahrscheinlich aufgrund der aktuellen Geschehnisse um die “Reichsbürger-Razzia”.

Looschen weist darauf hin, dass für Konzerne die Möglichkeit zur Auslagerung der Meldestelle an ein Konzernunternehmen besteht. „So muss nicht jede einzelne Gesellschaft des Konzerns einen Compliance-Beauftragten oder eine ganze Abteilung erschaffen. Voraussetzung ist, dass der Meldeweg für Hinweisgeber ebenso unkompliziert ist wie bei einer unternehmensinternen Stelle.“ Zudem können die Aufgaben der sogenannten internen Meldestelle auch durch Dritte, also Externe (nicht zu verwechseln mit der externen Meldestelle) wahrgenommen werden.

„Unternehmen können also diese für sie unangenehme Aufgabe auslagern, zum Beispiel an ihre Steuerberatungs- oder Rechtsanwaltskanzlei“, erklärt Looschen. Dies empfehle sich schon deshalb, damit Unternehmer einen Mitarbeiter nicht in die Zwangslage bringen, zwischen einem Whistleblower und seinen Kollegen, dem Chef oder dem Unternehmen zu stehen. Der Rechtsanwalt fügt hinzu: „Zudem können die Aufgaben einer internen Meldestelle eigentlich nur von ausgebildeten Juristen korrekt wahrgenommen werden. Immerhin befinden wir uns auf einem schmalen Grat zum Strafrecht.“

Für Unternehmen, die ihrer Pflicht zur Einführung und zum Betrieb einer internen Meldestelle nicht nachkommen, soll eine Geldbuße in Höhe von bis zu 20.000 Euro eingeführt werden.

Checkliste

Diese Fragen sollten Unternehmen zeitnah klären:

  • Existiert im Unternehmen bereits ein Hinweisgebersystem? Besteht Anpassungsbedarf?
  • Welche Kanäle sollen eingerichtet werden (Telefon, E-Mail, Intranet, Briefkasten)?
  • Wem soll der interne Meldekanal zur Verfügung stehen, nur den eigenen Mitarbeitern oder weiteren Personen, die beruflich mit dem Unternehmen in Kontakt stehen?
  • Wer ist innerhalb des Unternehmens zuständig für die Entgegennahme und Bearbeitung der Hinweise und erhält die Zugriffsrechte? Bestehen die Qualifizierung und Expertise sowie die Unabhängigkeit, um diese Tätigkeit zu übernehmen? Ist eine Schulung angebracht?
  • Wie wird die Vertraulichkeit sichergestellt?
  • Wie ist die Vorgehensweise nach einer Meldung?
  • Soll ein externer Dienstleister mit der Entgegennahme und Bearbeitung der Meldungen beauftragt werden?
  • Muss der Datenschutzbeauftragte, die Personalabteilung, der Betriebsrat, die Rechtsabteilung und das Compliance eingebunden werden?
  • Wie wird die Bearbeitung dokumentiert?

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WIR Redaktion

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