Lippe macht Ernst – als Modellregion für Open Government im Rahmen der Initiative Open.NRW lud der Kreis im Oktober drei Referenten von außerhalb ins Detmolder Kreishaus ein, damit diese ihre gelebten Erfahrungen mit E-Government-Strategien mit Interessierten aus den lokalen Kommunen teilen konnten. Im Rahmen des 2. Forums Open Government ging es vor allem um das „Wie“: Wie lassen sich die ambitionierten Ziele einer rechtlich abgesicherten Datentransparenz und einer digitalisierten Verwaltung auf Kommunalebene erreichen?
Eine Frage des Formats
Geht es um Daten, kommt unweigerlich die Frage nach dem Dateiformat auf – dieser Grundsatz gilt für Abläufe in der IT-Branche ebenso wie für das Publikationswesen und die öffentliche Verwaltung. „Der Umgang mit personenbezogenen, statistik- und verwaltungsrelevanten Daten in Rahmen eines Open Government-Projekts geht weit darüber hinaus, ein PDF einzuscannen und online zu stellen“, machte Markus Schrader vom Kreis Lippe, Mitorganisator des Forums, in seiner Begrüßungsansprache deutlich. „Es gibt beispielsweise viele Herausforderungen im Umgang mit sensiblen, personenbezogenen Daten, die keinesfalls an die Öffentlichkeit gelangen sollen.“ Privatsphäre, Datenschutz und Open Data – ein Widerspruch in sich? Zumindest, wenn keine adäquaten Lösungen gefunden oder geschaffen werden. Mag. Bernhard Krabina vom KDZ, dem Zentrum für Verwaltungsforschung Wien, warnte in jedem Fall davor, „Verwaltungsdaten in PDFs einzusperren“, anstatt die aktuellsten Formate für Verwaltungsdaten wie CSY, XML, RDF und ISDN zu nutzen. Krabina wies weiterhin auf Lizenzfragen hin, die es bei der Umsetzung einer Open-Data-Strategie in jedem Fall zu klären gelte.
Lösungen für unterschiedliche Gegebenheiten
Wer beruflich mit Daten und Dateien zu tun hat, muss herausfinden, welche Formate und Verarbeitungsstufen für seine oder ihre Ziele idealerweise zum Einsatz kommen sollen. Von Rohdaten bis hin zu individuell vorgefertigten Datenbanken ist hier alles möglich. Ähnliche Grundsatzfragen stellen sich für die kommunale Verwaltung und es gibt mehrere erfolgreich getestete Ansätze. In Wien setzt man auf den PSI-Standard und ein OGB-Cockpit als internes Steuerungselement, welches zurzeit noch in der Entwicklung befindet. Hier lautet das Erfolgsrezept „Rohdaten“. Krabina begründet dieses Vorgehen auf der Basis pragmatischer und demokratischer Aspekte: „Mit unserem Open-Data-Konzept können wir eine bessere Nutzung vorhandener Daten sowie eine gute Datenqualität gewährleisten. So schaffen wir eine moderne Verwaltung am Puls der Zeit, in der die Hauptanlaufstelle die Statistikämter sind und Entstehung, Aggregation und Veröffentlichung von Daten in den Händen der Kommune liegen.“ Einen Knackpunkt und Verbesserungsbedarf bei den „maschinenlesbaren“ Rohdaten nach amerikanischem Vorbild sieht der österreichische Open-Data-Experte in der Verständlichkeit der Inhalte für bestimmte Zielgruppen: „Zahlen und Fakten sind für Bürgerinnen und Bürger oft schwer entschlüsselbar. Hier ist eine anschauliche Visualisierung notwendig, die Papier am wenigsten leisten kann.“ Ein anderer Ansatz, bei dem Metadaten einmalig gespeichert und immer wieder verwendet werden können, ist das Statistikprogramm DUVA, das Jörg Jülkenbeck aus dem Bereich Statistik der Stadt Oberhausen vorstellte. Er hinterfragt, ob man „Daten wirklich maschinenlesbar erfassen muss“ und rät, im alltäglichen Umgang mit Open Data „die Komplexität zu reduzieren, von vornherein einen Informationsbedarf festzulegen und eine Spezialisierung vorzunehmen“. DUVA speichert Metadaten im JSON-Format, lässt sich in natürlicher, menschlicher Sprache bedienen und es sind keine Programmierkenntnisse vonnöten.
Übersicht und Datenschutz im Open Government
Um bei großen Datenmengen unterschiedlicher Formate den Überblick behalten und zu kontrollieren, welche Daten überhaupt den Datenschutzrichtlinien nach PSI entsprechen, braucht es ein funktionierendes Ordnungssystem. Dieses gestaltet sich bei DUVA und in Open-Data-Portalen als Sammelstelle von Rohdaten unterschiedlich. Das DUVA-Informationsportal verfügt über eine Weboberfläche mit Volltextsuche. „Das Portal verdichtet und verbindet automatisch Meta- und Sachdaten je nach Voreinstellung. Die Metadaten werden weiterhin nach Aspekten wie Raum, Zeit oder Fachbereich geordnet“, weiß Jülkenbeck, ein klarer DUVA-Befürworter. Auch Jürgen Lenz aus dem Bereich der Statistik und Kreisentwicklung im Kreis Mettmann, spricht sich für die Nutzung des Portals aus. Der Kreis Mettmann nutzt eine zentrale Variante von Open Data mit DUVA, in der alle Daten in den Händen der eigenen Verantwortlichen liegen und zugleich in einem lockeren Zusammenschluss mit umliegenden Kreisen wie dem Kreis Ratingen ausgetauscht werden können. „Die zentrale DUVA-Variante bietet ein hohes Synergiepotenzial und trägt dazu bei, dass das Vertrauen der Kommunalverantwortlichen in Open Government wächst“, erklärt Lenz. Dabei weise der Systemaufbau eine Baumstruktur auf: „Wir schauen von unten nach oben. Dies bedeutet, dass Städtevertreter alle Daten einsehen können, Kreisverantwortliche bekommen ausschließlich Einblick in Daten, die für ihre Verwaltungsebene relevant sind . Ein solcher Aufbau sichert die Autonomie der Kommunen.“ Bei dem maschinenlesbaren Rohdatenmodell nach USA-Vorbild, das Krabina präsentiert, werden Daten und Metadaten in ihrem Originalzustand belassen und archiviert. Bei der Datensuche und Visualisierung helfen ein interner Datenkatalog sowie eine zielgerichtete Metadateneingabe. „Das OGB-Cockpit befindet sich in stetiger Weiterentwicklung“, verspricht Krabina. Und wie steht es um den Datenschutz? In der „klassischen“ Open-Data-Organisation, wie sie zurzeit in Wien Anwendung findet, gelten die EU-weiten PSI-Richtlinien. Auch DUVA bietet genügend Möglichkeiten, bereits durch seine Voreinstellungen die Einsicht und Nutzung persönlicher Daten zu begrenzen, wie das zuvor genannte Baumsystem im Kreis Mettmann. Das „Data Warehouse“, das durch DUVA entstehe, könne man allerdings im Rahmen der bestehenden Richtlinien und Gesetze für statistische Erhebungen nutzen, schlägt Lenz vor.
(Daten-)Ressourcen nutzen
So unterschiedlich Open-Data-Systeme sind und so vielfältig ihre Einsatzbereiche, am Ende stehen die gleichen, gemeinsamen Ziele: mehr Transparenz, mehr Datendemokratie. „Daten werden nicht unnütz in den Äther geblasen“, erklärt Jülkenbeck, und das nütze am Ende allen Beteiligten, und Lenz ist ebenfalls überzeugt: „Der Weg der offenen Daten ist ein gemeinsamer Weg.“ Krabina betont: „Die Grundsätze Transparenz, Kooperation und Kollaboration gelten in allen Bereichen der Open-Data-Entwicklung.“ Alle Fachreferenten betonten in ihren Vorträgen die Vorteile und die Notwendigkeit, in den Kommunen eine Zentralstelle für Open Data einzurichten, eng mit den zuständigen Fachabteilungen der Statistikämter zusammenzuarbeiten und die Ausdeutungshoheit von Roh- und Metadaten den einzelnen Kommunen und Experten zu überlassen. Olaf Scholz vom Kreis Lippe, Mitorganisator der Forumsreihe Open Government, begrüßte die Ansätze der Referenten. „Open Data hat eine Menge Potenzial. Als Modellregion müssen wir als Verantwortliche des Kreises Lippe jeden Einzelnen in der Umsetzung mitnehmen und als kommunale Familie zusammenarbeiten.“
Ein Gedanke zu „Open Government: Stimmen aus der Praxis“