Interview mit Jörg Krüger, Leiter der Unternehmer Bank der HypoVereinsbank Münster: Immer mehr Unternehmen versuchen, bankenunabhängig zu sein. Grund dafür sind auch die schlechten Erfahrungen mit den Banken in den letzten Jahren. Was sagen Sie zu diesen Vorwürfen?
Diese Aussagen bestätigen den Trend, den ich seit einigen Jahren beobachte. Die deutschen Unternehmen haben die Erfolge der jüngsten Vergangenheit genutzt, um ihre Eigenkapitalpolster auszubauen. Dadurch sind sie tendenziell unabhängiger von der Kreditversorgung durch Banken geworden. Das zeigt sich auch an den rücklaufenden Kreditvolumina, die die Banken seit 2008 ausgereicht haben.
Dennoch bin ich fest davon überzeugt, dass Mittelständler auch künftig Banken benötigen. Nicht nur bei der Finanzierung von Investitionen oder sonstigen Geschäftstätigkeiten, sondern beispielsweise auch bei Fragen des Zahlungsverkehrs – im In- wie Ausland – und der Absicherung von Währungs-, Zins- oder Rohstoffrisiken sowie im Außenhandel und dem Anlagemanagement. Um nur einige Beispiele zu nennen.
Für Mittelständler kommt es darauf an, Bankpartner zu haben, die sowohl regional vertreten sind, als auch internationale Begleitung anbieten und – last but not least – kreditfähig sind. All das bietet die HypoVereinsbank – wir sind die aktuell kapitalstärkste Bank in Deutschland, mit einer harten Eigenkapitalquote von 20 Prozent. Wir beraten und betreuen seit über 230 Jahren den deutschen Mittelstand und verstehen wir uns dabei als strategischer Partner unserer Kunden.
Die Unternehmen halten derzeit allgemein eine hohe Liquidität vor. Haben sie nach der Krise gelernt und schwingt da nicht doch ein gewisses Misstrauen gegenüber den Banken mit?
Wie gesagt, deutsche Unternehmen haben die guten letzten Jahre intelligent genutzt. Und das ist auch gut so. Es hat allerdings weniger mit Misstrauen gegenüber Banken zu tun, als vielmehr mit einer gesunden Einstellung und Zukunftsorientierung des deutschen Mittelstands. So gesehen begrüße ich diese Entwicklung, bin mir aber gleichzeitig sicher, dass die Zusammenarbeit zwischen Mittelstand und Banken auch in Zukunft eng, partnerschaftlich und erfolgreich sein wird. Der deutsche Mittelstand mit seiner starken Exportorientierung ist auf kreditfähige, international ausgerichtete und produktstarke Banken angewiesen.
Welche Kreditarten werden derzeit vom Mittelstand am häufigsten nachgefragt?
Besonders stark hat in den letzten 18 Monaten die Nachfrage nach öffentlichen Sonderkrediten zugenommen, die wir in jedem Kreditgespräch thematisieren. Letztes Jahr etwa waren wir bundesweit der größte Partner der KfW bei der Vergabe deren Unternehmerkredits.
Oft hört man die Klage von Unternehmern, viele Banker würden mittlerweile nur noch auf die Zahlen schauen und auf dieser Basis entscheiden – ohne das Geschäftsmodell entsprechend zu würdigen?
Diese Klage höre ich auch oft, nur stimmt sie nicht mit meinen Erfahrungen überein. Natürlich spielen bei einer Kreditvergabe harte Zahlen eine wichtige Rolle. Alles andere wäre ja fahrlässig. Für uns ist jedoch die Diskussion mit dem Unternehmer elementar. Die HypoVereinsbank verfolgt seit Jahren einen Branchen-Ansatz. Das bedeutet, dass wir Branchen-Experten haben, die in der Lage sind, den Erfolg von Unternehmen auf Basis eines fundierten Branchenwissens realistisch einzuschätzen. So können wir – neben den notwendigen Zahlen – auf eine Vielzahl an Daten aus den einzelnen Branchen zurückgreifen und eine Kreditentscheidung ganzheitlich fällen. Das dieses System erfolgreich ist, zeigt sich nicht zuletzt an unserer sehr niedrigen Risikovorsorge.
Wie lange begleitet in Ihrem Haus ein Kundenbetreuer durchschnittlich seinen Firmenkunden? Seitens der Kunden wird oft über einen zu häufigen Wechsel der Kundenbetreuer geklagt, weil immer wieder Vertrauen neu aufgebaut werden muss?
Kontinuität in der Kunde-Berater-Beziehung ist und war in der HypoVereinsbank immer von besonderer Bedeutung. Natürlich haben auch wir in der Vergangenheit unser Beratungsmodell an veränderte Kundenbedürfnisse angepasst, zuletzt mit der Gründung der Unternehmer Bank im Januar diesen Jahres. Dabei war aber immer klar, so wenig Änderungen wie möglich in den genannten Beziehungen vorzunehmen. Meine Erfahrung zeigt mir, dass uns das immer recht gut gelungen ist. Aber natürlich wollen sich unsere Mitarbeiter auch verändern und weiter entwickeln. Dass ist dann in der Regel mit neuen Aufgaben und Tätigkeiten verbunden. Wenn man dass dem Kunden aber erklärt, akzeptiert er einen neuen Ansprechpartner leichter.
Wie erklären Sie sich den zunehmenden Drang in den Mittelstand – was erwarten die Banken vom Mittelstand – die Margen im Kreditgeschäft dürften kaum den Ausschlag geben?
Es gibt derzeit in Europa wohl keine attraktivere Zielgruppe als den deutschen Mittelstand. Mittelständische Unternehmen sind erstklassig positioniert, verfügen über hervorragende Produkte und Dienstleistungen, sind nachhaltig exportstark und werden auch in den kommenden Jahren erfolgreich sein. Da versteht es sich von selbst, dass viele Banken hier Erfolg suchen.
Für uns gilt: Wenn wir neben der reinen Kreditvergabe auch Provisionsgeschäft mit Neukunden betreiben, rechnet sich das aus meiner Sicht für beide Seiten.