Für viele Büros und Betriebe erweisen sich flexible Arbeitszeiten, auch „Arbeit auf Abruf“ genannt, als sinnvolles Instrument, um schwankenden Personalbedarf des Unternehmens zu decken. Häufig geschieht dies durch den Einsatz geringfügig Beschäftigter. Die Flexibilität des Arbeitgebers bedeutet für Arbeitnehmer jedoch meistens eine schlechte Kalkulierbarkeit ihres Arbeitseinsatzes. Dieses führt naturgemäß zu Einschränkungen bei der Freizeitgestaltung.
Viel wichtiger aber ist, dass hierdurch eine erhebliche Unsicherheit hinsichtlich der Höhe der am Monatsende auszuzahlenden Vergütung entstand. Um diese Unsicherheit abzumildern, wurde § 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes geändert. Die geänderten Regelungen sehen vor, dass der Umfang der Arbeitszeit nunmehr im Arbeitsvertrag konkret benannt sein muss. Erfolgt dieses nicht, greift eine gesetzliche Fiktion der Mindestarbeitszeit. Diese Fiktion kann jedoch zusammen mit dem gesetzlich festgelegten Mindestlohn unerwünschte Folgen haben. Die Bielefelder Kanzlei HLB Stückmann, Teil von HLB Deutschland, informiert Unternehmen über die möglichen Effekte und weist auf die Notwendigkeit hin, bei Vereinbarung insbesondere auch den planmäßigen Anstieg des gesetzlichen Mindestlohnes zu berücksichtigen.
Anna Margareta Gehrs, Wirtschaftsprüfern, Steuerberaterin und Partnerin von HLB Stückmann, erklärt, was Arbeitgeber in diesem Zusammenhang auf jeden Fall beachten müssen: „Um den Einsatz insbesondere auch für Arbeitnehmer planbarer zu machen, muss schriftlich vereinbart werden, wie viele Stunden gearbeitet werden soll. Hierbei ist sowohl die arbeitstägliche als auch die wöchentliche Arbeitszeit festzulegen. Sofern dieses nicht geschieht, greift eine gesetzliche Fiktion, wonach automatisch eine Wochenarbeitszeit von 20 Stunden anzunehmen ist.“
Die Verdopplung der Stundenzahl auf 20 Stunden pro Woche führt unter Berücksichtigung des gesetzlichen Mindestlohns von aktuell 9,50 Euro dazu, dass ein monatlicher Vergütungsanspruch von 822,70 Euro entsteht. Durch die bereits jetzt schon geplanten weiteren Erhöhungen des Mindestlohns wird dieser Vergütungsanspruch künftig noch ansteigen. „Die durch das Gesetz unterstellte Wochenarbeitszeit führt also bei fehlender Regelung im Arbeitsvertrag zwangsläufig dazu, dass ein Arbeitsverhältnis nicht mehr als geringfügige Beschäftigung qualifiziert werden kann“, erklärt Steuerberaterin Anna Margareta Gehrs. Bei fiktiven 20 Wochenarbeitsstunden liegt die Vergütung aufgrund des zwingend zu zahlenden Mindestlohns entgegen der früheren Regelung mit zehn Stunden über der steuer- und sozialversicherungsbegünstigten 450-Euro-Grenze der geringfügigen Beschäftigung.
Ohne Festlegung der Wochenarbeitszeit drohen erhebliche Nachzahlungen
„Erhebliche negative Folgen drohen, wenn die wöchentliche Arbeitszeit von Arbeitnehmern nicht vertraglich vereinbart ist. In diesem Fall greift automatisch die gesetzliche Fiktion von 20 Wochenstunden unabhängig davon, wie lange der Arbeitnehmer tatsächlich gearbeitet hat. Ohne Festlegung drohen somit höhere Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers. Sofern ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis gewünscht ist, muss zusätzlich darauf geachtet werden, dass die vereinbarte Stundenzahl bewertet mit dem jeweils gültigen gesetzlichen Mindestlohn die Grenze von 450 Euro nicht überschreitet. Werden diese Grundsätze nicht beachtet, entstehen entsprechende Nachzahlungen bei Lohn und Sozialabgaben“, warnt Gehrs. In solchen Fällen muss der Arbeitgeber – in aller Regel – zusätzlich zu den Arbeitgeberanteilen auch die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung abführen. Unternehmern kann Gehrs daher nur raten: „Stets Wochenarbeitszeit im Vertrag festhalten und bei geringfügiger Beschäftigung die 450-Euro-Grenze beachten.“
Fazit
Um der Gefahr vorzubeugen, eine höhere Vergütung und höhere Steuern sowie Sozialversicherungsabgaben zahlen zu müssen, sollten Arbeitgeber beim Abschluss von Arbeitsverträgen darin unbedingt die geschuldeten Arbeitsstunden festhalten. Sofern der Abschluss eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses gewünscht ist, ist für die Festlegung der zu vereinbarenden Arbeitszeit der jeweils aktuelle Mindestlohn zu berücksichtigen. Aufgrund des im Zeitablauf steigenden Mindestlohns führt dieses zur Einhaltung der 450-Euro-Grenze ggfs. zu der Notwendigkeit, die vereinbarte Arbeitszeit zu reduzieren. Vertragliche Regelungen sollten somit eine diesbezügliche Änderungsmöglichkeit vorsehen.