Bürokratie durch CBAM-Berichte steigt ab 1. August
Kreis Steinfurt. – Unternehmen, die emissionsintensive Waren wie Stahl, Aluminium, Zement oder Düngemittel aus Drittstaaten in die EU importieren, müssen alle drei Monate sogenannte CBAM-Berichte abgeben. Darin aufzuführen sind die CO2-Emissionen, die die Produkte bei ihrer Herstellung verursachen. Ab 1. August wird diese bürokratische Pflichtübung, für die die Unternehmen bislang Standardwerte nutzen können, noch komplizierter. Denn ab jetzt müssen die Unternehmen die realen Angaben der ausländischen Hersteller ermitteln oder berechnen und in den CBAM-Berichten dokumentieren: Praxistests bei Unternehmen wie TECE aus Emsdetten oder BU Power Systems aus Ibbenbüren zeigen: Dies ist extrem schwierig
Hintergrund ist der „Carbon Border Adjustment Mechanism“, kurz CBAM. Mit diesem „CO2-Grenzausgleichssystem“ will die EU verhindern, dass die europäische Industrie durch steigende CO2-Bepreisung innerhalb der Europäischen Union benachteiligt wird. Zum Ausgleich des Preises zwischen einheimischen Produkten und Einfuhren aus Drittländern müssen für die importierten Waren ab 2026 schrittweise CO2-Zertifikate auf Basis der Herstellerangaben erworben werden.
Wenn es darum geht, CBAM-Berichte einzugeben und die Emissionen ausländischer Zulieferer zu ermitteln, zeigen sich die Tücken des Systems. Aus Sicht der IHK Nord Westfalen „stehen Aufwand und Wirkung in keinem vernünftigen Verhältnis zueinander“, bemängelt Gerhard Laudwein, Abteilungsleiter International bei der IHK. Von den Berichtspflichten sind bei TECE rund 20 Produkte betroffen. Dazu gehören metallene Verbindungsstücke, die ein Tochterunternehmen in China produziert. BU Power Systems, ein Zwischenhändler für Diesel- und Gasmotoren eines britischen Herstellers, zählt fürs erste Quartal dieses Jahres sogar rund 300 berichtspflichtige Artikel.
Die Unternehmen stehen hinter dem Ziel, CO2-Emissionen zu verringern – leicht wird es ihnen aber nicht gemacht. Statt wie bisher auf Standardwerte der EU für Emissionen zurückzugreifen, müssen Unternehmen ab August den Energieaufwand, der über den gesamten Lebenszyklus des eingesetzten Materials benötigt wird, selbst errechnen. „Dies ist kaum zu bewältigen, insbesondere wenn die Zahlen der Zulieferer nicht zu ermitteln sind“, warnt Laudwein. Gabriele Schmidtke, bei TECE zuständig für regulatorische Fragen, hat sich bereits mit der Unternehmenstochter in China in Verbindung gesetzt, die wiederum ihre Lieferanten kontaktiert. „Wir tun, was wir können. Aber es ist zäh“, erklärt sie und ist damit kein Einzelfall. Laut einer IHK-Umfrage erhalten nur drei Prozent der Unternehmen künftig die Emissionszahlen ihrer Zulieferer. 46 Prozent der Befragten meldeten dagegen, dass sich ihre ausländischen Geschäftspartner schwer mit der Meldung der Daten täten.
BU Power Systems hat für die CBAM-Berichte ein vierköpfiges Projektteam eingerichtet. „Wir haben gelernt, uns zu arrangieren“, meint Pascal Engel, Zollverantwortlicher und Einkäufer. Eine funktionierende Upload-Funktion vermisst er ebenso wie klare Vorgaben, wie Tabellen aussehen sollen, und einen technischen Support. „Auf der Internetseite der Deutschen Emissionshandelsstelle stand nur der Hinweis, dass man von Rückfragen bitte absehen sollte“, berichtet Pascal Engel. Dabei gebe es aus seiner Sicht pragmatische Lösungen, denn die notwendigen Daten für die Berechnung der CO2-Emissionen lägen größtenteils mit der Zollanmeldung vor. „Es wäre einfach, hier eine vernünftige Schnittstelle zu bauen, um den Unternehmen doppelte Arbeit zu ersparen“, überlegt der Fachmann.
Unterstützung offizieller Stellen vermisst auch Schmidtke. Ihr hat ein IHK-Webinar geholfen, in dem jeder einzelne Schritt und jede Unterposition des Formulars erklärt wurde. Für sie bedeutet das nun Schluss mit dem Prinzip „Trial and Error“. Doch noch immer werden nicht alle Daten übernommen, wenigstens gibt es nun Erklärungen zu den Fehlermeldungen auf Deutsch. „Es ist nachgebessert worden, aber das System muss verschlankt werden“, erklärt sie. Auch aus Sicht der IHK Nord Westfalen ist die Abfrage zu umfangreich. So umfasst der CBAM-Bericht pro Produkt 200 Datenfelder. „Erfasst werden Importe, für die zum Teil später noch nicht einmal ein dreistelliger Eurobetrag im Quartal an Ausgleichszertifikaten fällig würde“, berichtet Laudwein. Grund ist die niedrige Freigrenze, unter der Einfuhren von der Melde- oder Berichtspflicht ausgenommen sind. Sie liegt bei gerade mal 150 Euro. „Damit kann schon der Import von drei bis vier Spezialschrauben betroffen sein“, erklärt er. Seine Anregung: eine Grenze von 5.000 Euro.