Achtung: Vertragsverhandlungen!

Regelung vorvertraglicher Pflichten der Verhandlungsparteien

Der Vertragsschluss zwischen Unternehmen ist regelmäßig das Ergebnis umfangreicher Verhandlungen. Werden Verträge zwischen Unternehmen grundsätzlich schriftlich abgeschlossen, sind vorvertragliche Pflichten zwischen den Parteien im Rahmen von Vertragsverhandlungen in vielen Fällen oft gar nicht schriftlich oder inhaltlich nur unzureichend geregelt.

Mit Rücksicht auf die mit vorvertraglichen Verhandlungen verbundenen rechtlichen Risiken ist es aus anwaltlicher Sicht daher gerade in den Fällen, in denen die Vertragsparteien im Rahmen vorvertraglicher Verhandlungen eigenes Know-how, betriebsinterne Informationen sowie Betriebsgeheimnisse austauschen geboten, die vorvertraglichen Pflichten der Vertragsparteien bereits in einer eigenen vertraglichen Vereinbarung verbindlich zu regeln.

Grundsätzlich sind Vertragsverhandlungen nicht bindend. Erst der Abschluss eines Vertrages soll eine rechtsbindende Wirkung haben, nicht bereits die Verhandlungen. Jede Vertragspartei hat das Recht die Verhandlungen bis zum Abschluss des beabsichtigten Vertrages abzubrechen. Eine Haftung kann sich allerdings ergeben, wenn ein Vertragspartner den späteren Vertragsabschluss ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten als sicher darstellt.
Vertragsverhandlungen können für die Auslegung des späteren Vertrags Bedeutung haben oder selbst ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis begründen. Vertragsparteien sind bereits im Rahmen von Vorverhandlungen verpflichtet, Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der anderen Vertragspartei zu nehmen. Verstößt eine der Verhandlungsparteien gegen die insoweit bestehenden vorvertraglichen Rücksichts-, Aufklärungs- oder Schutzpflichten, so kann dies bereits einen Schadensersatzanspruch der anderen Verhandlungspartei auslösen.

Eine Schadensersatzpflicht kann auch der Verhandlungspartner begründen, der „ohne triftigen Grund“ Vertragsverhandlungen abbricht, nachdem er bereits bei dem anderen Verhandlungspartner ein in zurechenbarer Weise begründetes Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrags erweckt hat (BGH NJW 1996, 1884). Grundsätzlich gibt es unterschiedliche Vertragstypen, die vorvertragliche Pflichten der Verhandlungsparteien regeln. Grundsätzlich ist zu unterscheiden, ob es sich bereits um einen rechtsverbindlichen Vorvertrag handeln soll oder um eine unverbindliche Absichtserklärung.

Vorvertragliche Regelungen sollten möglichst präzise formuliert werden, um eine ungewollte Bindungswirkung zu vermeiden. Insbesondere sind die Folgen des Abbruchs der Vertragsverhandlung präzise und rechtswirksam zu regeln. Je nach Interessenlage bietet es sich an, ein Verbot bzw. Einschränkungen von Pa-rallelverhandlungen aufzunehmen, damit der Vertragspartner nicht gleichzeitig mit Mitbewerbern verhandelt. In besonderen Fallkonstellationen ist eine Regelung aufzunehmen, dass die vorvertraglichen Verhandlungen nicht zu einer gesellschaftsrechtlichen Verbindung zwischen den Parteien führen. Es ist z.B. denkbar, dass beide Parteien zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks bereits im Stadium der Verhandlungen Investitionen tätigen. Dies kann zur Begründung einer Gesellschaft bürgerliches Rechts führen, für deren Entstehen keine Schriftform erforderlich ist.

Regelmäßig bedeutsam ist der Abschluss einer Geheimhaltungs- und Verwertungsvereinbarung. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nach deutschem Recht bereits nach den Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb geschützt sind
(§ 17, § 18 UWG). Nach diesen Vorschriften werden die unbefugte Verwertung oder das unbefugte Verschaffen sowie die unbefugte Weitergabe von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen an Dritte mit einer Freiheits- oder Geldstrafe geahndet. Die Aufnahme einer Geheimhaltungs- und Verwertungsvereinbarung dient in erster Linie der zivilrechtlichen Absicherung und hat den Vorteil, dass darin bereits konkret geregelt werden kann, welche Informationen konkret von wem geheim zu halten sind. Idealerweise werden die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse in der Geheimhaltungsvereinbarung konkret bezeichnet oder der Vereinbarung als Anlage beigefügt. Schließlich ist in eine Geheimhaltungsvereinbarung eine Vertragsstrafenregelung aufzunehmen, in der ein pauschalierter Schadensersatz für den Fall eines Verstoßes festgelegt wird. Dies hat den Vorteil, dass im Streitfall die konkrete Schadenshöhe nicht beziffert und nachgewiesen werden muss. Schließlich sollte Einigkeit darüber erzielt werden, welches Recht auf die vorvertragliche Vereinbarung Anwendung finden soll und welches Gericht für einen ggf. zu führender Rechtsstreit zuständig sein soll.

Je nach der wirtschaftlichen Bedeutung des beabsichtigten Vertragsschlusses ist zu empfehlen, sich bereits vor Durchführung der Vertragsverhandlungen anwaltlich beraten zu lassen, um den regelmäßig sehr umfangreichen Informationsaustausch im Rahmen von vorvertraglichen Verhandlungen rechtlich abzusichern. Schließlich kann eine entsprechende vorvertragliche Vereinbarung eine sinnvolle Vertrauensgrundlage zwischen den Parteien schaffen, auf der ein erfolgreicher Informationsaustausch mit dem Ziel ermöglicht wird, den gewünschten Vertrag zum Abschluss zu bringen.

Veröffentlicht von

Peer-Michael Preß

Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de

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