Verbot des Onlinehandels verstößt gegen Kartellrecht: Viele Hersteller namhafter Produkte sind bestrebt, ihren Händlern den Vertrieb dieser Produkte online über das Internet zu verbieten. Entsprechende Klauseln in Händlerverträgen, die den Vertrieb über Plattformen wie eBay oder Amazon ausschließen, finden sich immer wieder. Einige Hersteller gehen sogar so weit, den Verkauf ihrer Produkte über das Internet vollständig zu verbieten.
Doch dabei ist Vorsicht geboten! Denn ein vollständiges, sachlich nicht begründetes Verbot des Onlinehandels schränkt den Wettbewerb ein und kann daher gegen das Kartellrecht verstoßen, was empfindliche Bußgelder nach sich ziehen kann. Gleichzeitig müssen aber auch Händler nicht jede grundlose Einschränkung ihres Onlinehandels hinnehmen. Im Falle eines kartellrechtswidrigen Verbotes können Händler sogar Schadensersatzansprüche gegen den Hersteller der Produkte wegen entgangenen Gewinns geltend machen.
Das Bundeskartellamt geht zurzeit verstärkt gegen Unternehmen vor, die ihren Händlern strikte Vorgaben für den Onlinehandel machen oder diesen ganz ausschließen und davon die Belieferung abhängig machen. Ein generelles Verbot des Onlinehandels beschränkt den Wettbewerb und ist daher kartellrechtswidrig. So hat das Bundeskartellamt in einer aufsehenerregenden Entscheidung gegen einen Badarmaturenhersteller im Jahre 2011 hohe Bußgelder verhängt (Az. B5-100/10). Es genügt schon ein faktischer Ausschluss des Onlinehandels etwa durch Preisnachteile für die Händler. Gleichzeitig hat das Bundeskartellamt angekündigt, dass weitere Verfahren gegen andere Hersteller eingeleitet würden, wenn diese nicht eine gleichmäßige Belieferung aller Vertriebswege, also auch des Onlinehandels sicherstellten.
Grundsätzlich dürfen den Händlern nach dem europäischen Wettbewerbsrecht je-doch Vorgaben für den Betrieb ihres Onlineshops von den Herstellern gemacht werden, um eine gewisse Qualität der Warenpräsentation zu sichern. So ist es zum Beispiel erlaubt, den Onlinevertrieb vom Bereithalten eines Kundendienstes abhängig zu machen. Auch ist es erlaubt, bestimmte Billig-Plattformen Dritter für den Onlinevertrieb auszuschließen. Dies gilt im Rahmen eines selektiven Vertriebs zum Schutze einer Marke gegen „Verramschung“. Ob danach auch die Plattformen eBay und Amazon Marketplace ausgeschlossen werden können, ist derzeit ein großes Streitthema.
Wenn Bedingungen zur Zulässigkeit des Onlinehandels aufgestellt werden, dann müssen diese für alle Händler gleich zur Anwendung kommen. Außerdem darf der Hersteller das Argument, seine Marke werde durch „Verramschung“ verwässert, nicht dadurch ad absurdum führen, dass er die Produkte selbst verramscht. So hat jüngst das Kammergericht Berlin entschieden (Urt. v. 19.09.2013, Az. 2 U 8/09 Kart), dass in einem selektiven Vertriebssystem die Bedingungen diskriminierungsfrei angewendet werden müssen. In dem Fall hatte ein Hersteller von Marken-Schulranzen seinen Händlern verboten, diese über eBay und andere Onlineplattformen zu vertreiben, gleichzeitig hat der Hersteller die Schulranzen aber über Discounter selbst „verramscht“. Darüber hinaus hatte das Kammergericht schon Zweifel, ob ein genereller Ausschluss für den Vertrieb über Internetplattformen wie eBay und Amazon überhaupt rechtmäßig ist.
Das Landgericht Kiel geht daher in einer aktuellen Entscheidung noch einen Schritt weiter (Urt. v. 08.11.2013, Az. 14 O 44/13 Kart) und hält ein Verbot zum Vertrieb über eBay und Amazon Marketplace generell für kartellrechtswidrig. Denn dadurch wird der Wettbewerb eingeschränkt, weil über das Internet und insbesondere Onlineplattformen ein besonders intensiver Preiskampf möglich ist. Die rechtfertigenden Argumente wie Qualitätsanforderungen und Pflege des Markenimages lässt das LG Kiel nicht gelten, wenn kein selektiver Vertrieb vorliegt. Darüber hinaus – und das ist besonders interessant – sieht das LG Kiel in diesem Verbot eine Kernbeschränkung des Wettbewerbs, die auch über die Vertikal-GVO der Europäischen Union nicht rechtfertigungsfähig ist.
Dem Hersteller droht nicht nur ein Bußgeld des Bundeskartellamtes, wenn er den Onlinehandel in unzulässiger Weise einschränkt. Daneben kann der Hersteller auch von den betroffenen Händlern zivilrechtlich belangt werden. In den meisten Fällen wird nur auf Belieferung geklagt. Zunehmend werden jedoch auch Schadensersatzansprüche der Händler wegen entgangenen Gewinns geltend gemacht. So hat in dem oben beschriebenen Fall des Bundeskartellamtes der betroffene Onlineshop Schadensersatz gegen den Badarmaturenhersteller eingeklagt und vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf inzwischen Recht bekommen (Urt. v. 13.11.2013, Az. VI U (Kart) 11/13). Der Hersteller muss rund 1 Mio. Euro Schadensersatz zahlen.
Daher müssen die Hersteller bei Gestaltung ihrer Vertriebsbedingungen genau darauf achten, die Vorgaben des Kartellrechts einzuhalten, wenn sie den Onlinehandel begrenzen möchten. Umgekehrt können Händler gegen unrechtmäßige Beschränkungen ihrer Onlineshops gegen die Hersteller vorgehen und sogar Schadensersatz für entgangenen Gewinn herausschlagen.
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