Eine Annäherung aus der Praxis: Der Begriff Unternehmenskultur wird vielfach zitiert und interpretiert, bleibt aber in der täglichen Praxis dennoch oftmals unklar. Dabei hat jedes Unternehmen eine Unternehmenskultur, gewollt oder ungewollt, erkannt oder unbemerkt. Dies – insbesondere auch, welche Auswirkungen die Unternehmenskultur auf Führung, Motivation sowie Leistungsfähigkeit und –bereitschaft hat – ist vielen Führungskräften und Mitarbeitern nicht bewusst.
Sie beeinflusst die Innen- und Außenwirkung des Unternehmens, die Beziehung zum Kunden und damit letztlich wirtschaftliche Ergebnisse und den Erfolg des Unternehmens, positiv oder auch negativ. Dabei ist es relativ einfach, eine positiv wirkende Unternehmenskultur zu schaffen.
Die Erfahrung aus fast 30 Jahren Führungsverantwortung in unterschiedlichen Unternehmen veranlasst mich zu der Feststellung: „Die Grundlage der Unternehmenskultur ist die Qualität der Beziehung zwischen Menschen.“ Es geht hierbei immer um Zweierbeziehungen von Mensch zu Mensch: Unternehmer – Führungskraft, Führungskraft – Mitarbeiter, Kollege – Kollege, Mitarbeiter – Kunde, Kunde –Unternehmer.
Die wesentliche Voraussetzung für das Funktionieren dieser Beziehungen ist die Berücksichtigung der folgenden Fragen: Wie nehme ich mein Gegenüber wahr? Kommuniziere ich fair mit ihm auf Augenhöhe? Versteht er mich? Respektiere ich ihn als Individuum? Erkenne ich seine Bedürfnisse, Wünsche und Fähigkeiten? Kann ich diese positiv verstärken? Kann ich ihn von seiner Aufgabe und von meinem Unternehmen begeistern? Diese Fragestellungen sind interessanterweise gleichermaßen für das Verhalten gegenüber Mitarbeitern, Geschäftspartnern und Kunden, vom Prinzip her sogar für Umwelt, Ressourcen und Gemeinwesen anwendbar.
Werden diese Grundvoraussetzungen berücksichtigt, so ergeben sich daraus nahezu von selbst andere Erfolgsfaktoren: Motivierte Mitarbeiter, die Top-Leistungen erbringen und dem Unternehmen erhalten bleiben; Kunden, die sich ernst genommen fühlen und zufrieden sind; ein offener Umgang mit Fehlern und Korrekturmaßnahmen. Der Prozess der kontinuierlichen Verbesserung wird angestoßen, die Qualität der Produkte und Dienstleistungen steigt. Die Folge: Umsatz und Ertrag verbessern sich.
Geht es um die Bewertung von Unternehmenskultur, vermeide ich bewusst die Begriffe „gut“ oder „schlecht“. Wichtig ist vielmehr, wie die Unternehmenskultur auf das Unternehmen und die mit ihm in Beziehung stehenden Menschen wirkt.
Das Ziel, eine positive Wirkung zu erreichen, stellt hohe Anforderungen an Führungskräfte, aber auch an die, die sie auswählen, die Unternehmer selbst. Es ist mindestens genauso wichtig, dass Führungskräfte jeder Hierarchieebene neben ihren guten fachlichen Kenntnissen auch über folgende „Soft Skills“ verfügen: Fähigkeit zur Reflexion des eigenen Verhaltens, innere Unabhängigkeit, Aufrichtigkeit, Delegationsfähigkeit, Selbstsicherheit ohne Selbstüberschätzung, Kritikfähigkeit, eine humane Grundeinstellung und Lebenswerte sowie persönliche Integrität. Vermittelt werden diese Eigenschaften nicht in der Schule oder auf der Universität, hier spielen vielmehr Lebenserfahrung, Erziehung, ethische Grundeinstellung und oft auch Religion oder Weltanschauung eine große Rolle. Der Personalauswahl kommt hier erhebliche Bedeutung zu.
Positiv wirkende Unternehmenskultur funktioniert im Gegensatz zu anderen Management-Tools nur „Top-Down“. Die oberste Leitung muss Grundlagen und Regeln schaffen, sie vorleben und deren Einhaltung überwachen. Unternehmenskultur ist nicht delegierbar und sie muss kommuniziert und dokumentiert werden. Sie muss bis zu einem gewissen Grad auch bewusst organisiert werden. Hilfsmittel dafür sind Schulung von Mitarbeitern und Führungskräften zu den relevanten Themen, ein Qualitätsmanagementsystem, Aufstellung von Kommunikationsregeln oder die Erstellung eines Unternehmensleitbildes.
Mein persönliches Fazit: Auf Dauer erfolgreich ist nur der, der seine Unternehmenskultur erkennt und ständig bewusst daran arbeitet, sie zu verbessern. Nur so können engagierte Mitarbeiter gefunden, vor allem aber auch auf Dauer im Unternehmen gehalten werden. Einer meiner persönlichen Leitsätze hierzu lautet: „Sage einem Menschen, was er falsch macht und er wird schlechter werden, sage ihm was er gut macht und er wird besser werden, aber auf jeden Fall – sprich mit ihm!“.