Die Brennstoffzelle wird von 2030 an mit einem signifikanten Anteil in Pkw, Nutzfahrzeugen und mobilen Maschinen vertreten sein. Allein 11 Milliarden Euro Umsatz für Brennstoffzellenkomponenten im Pkw sind im Jahr 2040 in Europa möglich. In der Folge werden hier rund 68.000 Arbeitsplätze entstehen. Dies sind Kernergebnisse einer neuen VDMA-Studie zum „Antrieb im Wandel – Auswirkungen der Brennstoffzellentechnologie auf den Maschinen- und Anlagenbau und die Zulieferindustrie“, erstellt von der FEV Consulting GmbH. „Für die Maschinenbauindustrie ist die Brennstoffzellentechnologie in Bezug auf Wertschöpfung und Arbeitsplätze eine große Chance“, kommentiert Hartmut Rauen, stellvertretender VDMA-Hauptgeschäftsführer, die Studienergebnisse. „Wir sind hier global noch in der Pole-Position und können in Deutschland und Europa die ganze Wertschöpfungskette abbilden.“
Pkw-Markt wird maßgeblich sein
Ab 2030 wird laut Studie die Elektrifizierung im Pkw-Bereich durch eine steigende Anzahl von Brennstoffzellenfahrzeugen unterstützt. Japan und Südkorea positionieren sich bereits heute als Vorreiter hinsichtlich der Nutzung von Brennstoffzellenfahrzeugen als Teil einer Wasserstoffwirtschaft. Dadurch erreichen Brennstoffzellenfahrzeuge dort bereits im Jahr 2030 einen relevanten Marktanteil in Höhe von bis zu 6 Prozent (Japan). Die drei großen Absatzmärkte China, USA und Europa werden mit geringem Zeitverzug folgen. Insgesamt wird der Absatz von Brennstoffzellenfahrzeugen im Zeitraum von 2030 bis 2040 von 1 Million auf über 10 Millionen ansteigen, was einem Marktanteil von 12 Prozent entspricht. Daraus ergibt sich ein jährliches Wachstum von knapp 25 Prozent für diesen Zeitraum.
Chancen für den Maschinenbau in Europa
Fast 70 Prozent des Umsatzpotenzials von Antriebssträngen wird im Brennstoffzellensystem – bestehend aus Brennstoffzellenstapeln, zusätzliche Komponenten (Balance of Plant) und dem Wasserstofftanksystem – verortet. Weitere 30 Prozent entfallen auf die Traktionsbatterie und die elektrische Antriebseinheit. In den fünf betrachteten Märkten wird entsprechend ein Umsatzpotenzial für die Brennstoffzellen- und Wasserstofftanksysteme von rund 75 Milliarden Euro jährlich erwartet. Zieht man davon Gewinne, Gemeinkosten, Materialien und Rohstoffe ab, verbleiben über 20 Milliarden Euro reine Wertschöpfung, davon 3 Milliarden Euro in Europa.
Basierend auf der Analyse der betroffenen Industriesektoren wird dieser Anteil der Wertschöpfung rund 63.000 Arbeitsplätze schaffen, davon sind mehr als 15.000 direkt oder indirekt in der Fertigung angesiedelt. Darüber hinaus werden im Jahr 2040 fast 8 Milliarden Euro an nominal investiertem Kapital in Maschinen und Produktionsanlagen benötigt, um die erwartete Marktnachfrage zu bedienen. Dadurch entstehen zusätzlich rund 5000 weitere Arbeitsplätze im Bereich des Maschinenbaus in Europa. „Für die Erschließung des Innovationspotenzials von Brennstoffzellenantrieben sind sowohl das System-Know-how als auch sehr spezifische Kompetenzen erforderlich. Dies ist eine Stärke der europäischen Automobil- und Zuliefererindustrie und des Maschinenbaus,“ betont Prof. Dr.-Ing. Stefan Pischinger, Vorsitzender der Geschäftsführung und Geschäftsführender Gesellschafter der FEV Group GmbH, einem international führenden Dienstleister in der Fahrzeug- und Antriebsentwicklung. Auch hocheffiziente Brennstoffzellensysteme sowie deren Integration ins Fahrzeug zählen zum FEV-Leistungsumfang.
Wichtige Impulse durch Nutzfahrzeuge und Mobile Maschinen
„Das Segment der schweren Nutzfahrzeuge wird eine Schlüsselrolle bei der Einführung der Brennstoffzellentechnologie spielen“, betont VDMA-Experte Rauen. „Aufgrund der Anwendungsprofile setzt sich der Trend zur Brennstoffzelle früh durch.“ Insbesondere in Europa existiert mit den strengen Emissionsgrenzwerten ein klarer Treiber für Brennstoffzellenantriebe. Aufgrund des hohen Energiedurchsatzes wird zudem der Aufbau der Infrastruktur maßgeblich durch die Nutzfahrzeuge bestimmt. Dies betrifft die Erzeugung des Wasserstoffs genauso wie die Distribution bis zum Aufbau von Wasserstofftankstellen. Unter den nichtstraßengebundenen Anwendungen haben insbesondere Gabelstapler, Schienen- und Schiffsanwendungen einen relevanten Anteil an Brennstoffzellenantrieben. Aufgrund der begrenzten Gesamtmarktgröße für diese Anwendungen wird jedoch erwartet, dass die Absatzvolumina der Brennstoffzellenvarianten deutlich geringer sind als die des Pkw-Marktes.
Politik muss zum Zieleinlauf beitragen
„Der erfolgreiche Zieleinlauf beim Antrieb im Wandel ist wahrlich kein Selbstläufer“, ergänzt Rauen. „Der Transformationsprozess stellt die Unternehmen vor gewaltige Aufgaben.“ So kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass in den nächsten Jahren allein für Forschung und Entwicklung weltweit rund 5 Milliarden Euro pro Jahr investiert werden. „Öffentliche Mittel müssen am Anfang der Wertschöpfungskette investiert werden – in Forschung und Lehre, in berufliche Qualifizierung und somit auch in intelligente Produktionstechnologien und Produkte“, fordert der VDMA-Experte. Dabei darf der Wandel nicht starr auf eine Technologie gestützt werden. Vielmehr gilt es, technologieoffen jeweils die beste Alternative für die jeweilige Anwendung zu entwickeln. „Die Politik ist aufgefordert, durch das Setzen langfristiger Rahmenbedingungen Planungssicherheit für die Unternehmen zu schaffen.“
Der VDMA ist auch bei der Brennstoffzellentechnologie über die gesamte Wertschöpfungskette engagiert: Von den Arbeitsgemeinschaften Brennstoffzelle und Power-to-X for Applications über die industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF) in den weltweit führenden Forschungsvereinigungen Antriebstechnik (FVA) und Verbrennungskraftmaschinen (FVV) bis hin zu stationären wie mobilen Anwendungen.