Lemgo. Rasante Änderungen auf den globalen Märkten, steigende Variantenvielfalt und Produktkomplexität sowie erhöhte Softwareanforderungen lassen herkömmliche Produktionsanlagen schnell an ihre Grenzen stoßen. Ressourcen könnten gespart werden, indem die Produktionsanlagen durch die Analyse von Daten Fehler erkennen und sich selbstständig optimieren – doch die Integration geeigneter Lösungen in den Unternehmen scheitert oft an einer mangelnden Referenzarchitektur.
Die benötigten Technologien sind anwendungsspezifisch und mit einem hohen Aufwand für die Umsetzung verbunden. Forscher am Institut für industrielle Informationstechnik (inIT) der Hochschule OWL möchten Abhilfe schaffen – durch eine Referenzarchitektur soll eine einfache und kostengünstige Umsetzung dieser Technologien ermöglicht werden. Das Bildungsministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ist von dem Ansatz überzeugt und fördert die Lemgoer dabei mit einer halben Million Euro.
„Es gibt bereits viele Beispiele für eine erfolgreiche Integration von künstlicher Intelligenz in Produktionsanlagen, doch der Aufwand für die Integration dieser Technologien ist zu hoch und meist nicht umsetzbar“, schildert KOARCH-Projektleiter Professor Dr. Oliver Niggemann vom inIT das Problem. Durch spezielle Lösungen sind die Experten bei diesen Prozessen gefordert – sei es in der Inbetriebnahme, dem Umbau von Maschinen oder der Optimierung dieser. KOARCH (Kognitive Architektur für Cyber-physische Produktionssysteme und Industrie 4.0) setzt sich das Ziel, manuellen Aufwand zu verringern, um Technologien der künstlichen Intelligenz in die Breite zu tragen. Um dieses Ziel zu erreichen, gilt es noch einige Hürden zu überwinden.
Die geeignete Referenzarchitektur
Von der Datenerfassung über das Modelllernen bis zum Generieren von Handlungsanweisungen müssen vorhandene Lösungen generisch zusammengefügt werden. Zwar sind notwendige Technologien bereits vorhanden, doch es fehlt das Zusammenspiel der unterschiedlichen Komponenten. Dazu können die Lemgoer Forscher auf die Ergebnisse und Erkenntnisse vieler Projekte zurückgreifen. „Wir arbeiten an konkreten Anwendungsfällen aus verschiedenen Branchen, um eine geeignete Architektur zu identifizieren“, erklärt Professor Niggemann.
Im Projekt KOARCH wird dazu gemeinsam mit Industrieunternehmen und Forschungseinrichtungen an einer neuen Automatisierungstechnik gearbeitet, die mit künstlicher Intelligenz effizienter gestaltet werden soll. Übergeordnetes Ziel der Projektbeteiligten: Unterschiedliche Industrie 4.0-Geräte und -Komponenten sollen herstellerunabhängig zusammenarbeiten, dabei gemeinsam auf Daten und Informationen, wie Anomalien oder Optimierungsziele zugreifen. Auch ein Austausch von Algorithmen und Lösungsstrategien soll etabliert werden, sodass ein Netzwerk zusammenarbeitender Produktionsanlagen entsteht.
Im ersten Schritt des Projektes wird dazu eine anpassbare Referenzarchitektur entwickelt, die die praktische Vernetzung verschiedener Anlagen und Systeme ermöglicht. Praktisch getestet werden die so entstehenden standardisierten Schnittstellen und modular verwendbare Analysealgorithmen an den Demonstratoren der SmartFactoryOWL, einer Einrichtung des Fraunhofer IOSB-INA und der Hochschule OWL sowie am Big Data Lab der TH Köln. Langfristig gesehen wird die Implementierung für den industriellen Einsatz anvisiert.