Seit Jahresbeginn hat die Volksrepublik China die Einreisebedingungen für ausländisches Fachpersonal so verschärft, dass es Mittelständlern kaum noch möglich ist, die Vorgaben zu erfüllen. In der Folge können viele Maschinen und Anlagen nicht installiert oder gewartet werden. Der VDMA fordert pragmatische Lösungen.
Exportstarke Industrien wie der Maschinen- und Anlagenbau sind darauf angewiesen, dass technisches Personal zu den Kunden in die jeweiligen Länder reisen kann, um Geräte installieren, warten oder reparieren zu können. Insbesondere China hat seine Einreisebedingungen seit Jahresbeginn aber weiter so verschärft, dass es kaum noch möglich ist, Mitarbeiter aus Deutschland und Europa zu annehmbaren Konditionen in die Volksrepublik zu schicken, bemängelt der VDMA. „Die für eine Einreise notwendige offizielle ministerielle Einladung ist kaum noch erhältlich“, bemängelt Ulrich Ackermann, Leiter VDMA Außenwirtschaft. Da die Einreiseregelungen durch chinesische Behörden zudem höchst unterschiedlich gehandhabt werden, ist ein Flickenteppich entstanden, der von den Unternehmen kaum noch zu durchblicken ist. „Teilweise stehen die Bedingungen unmittelbar vor dem Abflug aus Deutschland noch nicht definitiv fest“, erläutert Ackermann.
Ausnahmeverfahren wie zum Beispiel für Einsätze in Korea, Indien oder den USA sind in China nicht vorgesehen. Dies bringt die Unternehmen unter großen Druck, da einerseits die Maschinen und Anlagen geliefert, die hierfür notwendige Montage und der Service jedoch nicht erbracht werden können. „Und viele mittelständische Unternehmen haben nicht alle benötigten Spezialisten in China, sondern entsenden diese je nach Bedarf aus dem Mutterhaus. Wir fordern die chinesische Regierung deshalb auf, pragmatische Lösungen anzubieten, die es ausländischen Fachkräften mit negativem Corona-Test oder auch überstandener Corona-Erkrankung ermöglichen, unmittelbar zu ihren Kunden weiterzureisen“, betont der VDMA-Abteilungsleiter.
Die erheblichen Schwierigkeiten mit der Einreise nach China werden auch von vielen VDMA-Mitgliedsfirmen bestätigt:
• Dr. Christof Boensch / Vorsitzender der Geschäftsführung / FRIMO Group GmbH
„Wir haben eine eigene Niederlassung (Sales, Service, Entwicklung, Produktion) in China. Der Technologietransfer in unser dortiges Werk ist derzeit nahezu unmöglich. Weiterhin haben wir Kundenverpflichtungen (u.a. Maschineninstallationen), die derzeit nicht von deutschen Experten durchgeführt werden können. Konkreter Schaden entsteht durch verzögerte Inbetriebnahme von Anlagen und dadurch verschobene Zahlungen der Kunden. Perspektivisch noch problematischer: Chinesische Wettbewerber nutzen die „Abriegelung“ Chinas, um in unsere Märkte weiter einzudringen und nutzen die Nicht-Verfügbarkeit der deutschen Experten als Verkaufsargument.
• Ulrich Reifenhäuser / Geschäftsführer / Reifenhäuser GmbH & Co. KG Maschinenfabrik
„Befeuert durch die Pandemie liefern wir in diesem Jahr sehr viele Meltblown- und Compositeanlagen für den Medizinbereich nach China. Bei erfahrenen Kunden ist eine virtuelle Inbetriebnahme der Anlagen möglich, Neukunden jedoch benötigen persönliche Unterstützung vor Ort durch unsere Service- und Verfahrenstechniker, damit die Produktionslinien optimal laufen. Unsere Kunden vertrauen dabei auf die Qualität und Verlässlichkeit unserer Technologien und unsere perfekt auf sie abgestimmten Serviceleistungen. Dies ist bei den aktuellen Regularien in keiner Weise darstellbar und verzögert die geplanten Produktionen von aktuell benötigten Medizinprodukten auf unbestimmte Zeit.“
• Ulrich von Christen / Geschäftsleitung / ERBATECH GmbH Textile Plant & Equipment
„Erbatech konstruiert und fertigt hochwertige Maschinen für die Nassveredelung von gestrickten und gewebten Stoffen. China ist hierbei einer unserer bedeutendsten Märkte. Selbst während der Pandemie haben wir mit großem Erfolg Maschinen an die chinesische Textilindustrie verkauft, zahlreiche Projekte sind für die kommenden Monate in konkreter Planung. Unsere Maschinen sind innovativ, mit moderner Technik ausgestattet und individuell auf jeden einzelnen Kunden zugeschnitten. Es ist daher unerlässlich, dass unsere qualifizierten und eigens geschulten Mitarbeiter unsere wichtigsten Kunden innerhalb Chinas besuchen. Der Firma Erbatech GmbH droht ein beträchtlicher wirtschaftlicher Schaden, wenn die Maschinen nicht oder verzögert beim Kunden aufgebaut und in Betrieb genommen werden können. Die Aufträge können nicht ordnungsgemäß abgeschlossen werden, Schlusszahlungen bleiben offen. Bei fehlenden Schulungen oder unsachgemäßem Handling der Maschinen können zusätzlich technische Schäden entstehen, die weitere Kosten verursachen. Auch unsere Reputation als Garant für qualitativ hochwertige Maschinen würde darunter erheblich leiden.“
• Hans-Jürgen Zeiher / CEO Global Business Segment Electrics/Automation / Primetals Technologies Germany GmbH
„Da wir im Stahlbereich unsere Hauptaktivitäten haben, ist China als größte installierte Basis überlebensnotwendig für unseren wirtschaftlichen Erfolg. Wir sehen uns derzeit in großen Problemen, da durch Covid viele Projekte sistiert wurden – diese Projekte sind nun mehr oder weniger synchron wieder angelaufen, was in einem normalen Umfeld schon schwierig wäre – aber mit den derzeitigen Einreisebeschränkungen zu einer fast unlösbaren Aufgabe wird. Wir sind lokal gut aufgestellt, aber es gibt trotzdem technologische Aufgabenstellungen, die vor Ort schwierig zu lösen sind und Entsenden von Fachleuten aus dem Stammhaus erfordern. Die kurzfristige Verfügbarkeit unserer Experten auf den Baustellen führt zu erheblichen Problemen bei Hochlauf und Performance der von uns gelieferten Anlagen. Dies führt somit zu erheblichen Nachteilen bei uns und unseren Kunden.“
• Dirk Breker / Leiter Fachbereich Inbetriebnahme Elektrik/Automation / SMS Group GmbH
„Für uns ist China nach wie vor einer der größten Märkte. Wir haben Aufträge und Projekte in China, für die wir neben unserem lokalen chinesischen Personal auch deutsche Spezialisten nach China entsenden müssen. Vor allem wenn unerwartete Probleme an den Anlagen auftreten, die von unserem lokalen Personal nicht behoben werden können, ist ein unverzügliches und sofortiges Entsenden von Spezialisten dringend erforderlich. Wenn wir diese Experten nicht auf die Baustellen bekommen, kann dies zu erheblichen Problemen bei der Abwicklung von Projekten führen.“
Unzumutbare Quarantänebedingungen in Hotels
Neben den erschwerten Einreisebedingungen macht es China ausländischen Fachkräften auch durch die Bedingungen vor Ort immer schwerer, die notwendige Arbeit zu erledigen. Quarantänehotels sind teilweise nach europäischen Maßstäben unzumutbar und die Quarantänezeiten nach Ankunft in China haben sich je nach Stadt und Region verlängert bis hin zu 14 plus 7 plus 7 Tage-Regelungen. Der VDMA hat sich deshalb an den chinesischen Botschafter in Berlin gewandt und eine „umgehende Verbesserung der Quarantänebedingungen“ gefordert. Mitgliedsfirmen berichten unter anderem von sehr kleinen Hotelzimmern, teilweise ohne Fenster und ausreichende Belüftung, in denen Mitarbeiter 14 Tage ohne Ausgang bleiben mussten, fehlendem Wäschewechsel, sowie mangelhaften Hygienebedingungen, unter denen auch Corona-Tests vollzogen wurden. „Ausländische Reisende müssen in China eine Unterbringung erhalten, die zumindest die Grundanforderungen an Hygienestandards erfüllt. Bei der großen Anzahl hervorragender Hotels vor Ort dürfte dies eigentlich kein Problem sein“, betonte Ackermann.