Der Lieblingsschuhladen drei Straßen weiter, die Boutique im Viertel nebenan, der Biomarkt um die Ecke: Zwei Drittel der Internetnutzer (66 Prozent) in Deutschland vermissen in der Corona-Pandemie ein Online-Angebot ihrer Geschäfte vor Ort. 79 Prozent haben auch die konkrete Sorge, dass Einzelhändler in ihrer Region das Jahr wirtschaftlich nicht verkraften werden. Das sind die Ergebnisse einer repräsentativen Studie im Auftrag des Digitalverbands Bitkom, die im Oktober und November 2020 durchgeführt wurde.
„Die Menschen in Deutschland wollen ihre Lieblingsläden angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Situation gerne und gezielt unterstützen. Das gelingt oft nicht, da viele stationäre Händler weiterhin kein Online-Angebot für ihre Kunden vorhalten“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. Zugleich fühlen sich Kunden beim Betreten eines Ladens mitunter unwohl. 71 Prozent sagen, dass sich andere Menschen beim Einkauf in Geschäften oftmals nicht an die gebotenen Abstands- und Hygieneregeln halten. Fast jeder Zweite (48 Prozent) wünscht sich, mehr Möglichkeiten zum kontaktlosen Bezahlen. „Die Corona-bedingten Einschränkungen müssen ein Weckruf für wirklich jeden Händler sein. Auf zwei Beinen – vor Ort und im Netz – steht man als Einzelhändler auch in Krisenzeiten stabil“, betont Rohleder.
83 Prozent der Deutschen shoppen online
Die Zahl der Online-Shopper wächst nicht nur, die Menschen bestellen im Zuge der Corona-Pandemie auch deutlich mehr im Netz. Insgesamt 96 Prozent der Internetnutzer ab 16 Jahren shoppen online. Dieser Anteil ist in allen Altersgruppen nahezu gleich hoch: 96 Prozent der 16- bis 29-jährigen Onliner, 97 Prozent der 30- bis 49-jährigen, 96 Prozent der 50- bis 64-jährigen sowie 93 Prozent der so genannten Silver Surfer der Generation 65 plus kaufen im Internet ein. Insgesamt entspricht der Anteil der Online-Shopper in Deutschland 83 Prozent der Bevölkerung ab 16 Jahren oder 57 Millionen Menschen.
Viele gehen regelmäßig online auf Einkaufstour. Fast 4 von 10 Online-Shoppern (37 Prozent) kaufen mindestens einmal pro Woche Waren oder Dienstleistungen im Netz, 4 Prozent tun dies sogar täglich. Gefragt danach, inwiefern sich das eigene Einkaufsverhalten seit der Corona-Pandemie verändert hat, gibt mehr als jeder Dritte (36 Prozent) an, seither mehr online einzukaufen. 13 Prozent shoppen nach eigenen Angaben „deutlich mehr“ im Internet und 23 Prozent „etwas mehr“. Das Einkaufsverhalten wird sich auch über die Corona-Pandemie hinaus wandeln: So sagen 84 Prozent derjenigen, die seit Corona mehr im Internet shoppen, dies auch nach der Pandemie beibehalten zu wollen. „Viele Menschen, die jetzt die Vorteile des Online-Handels genießen, wollen darauf künftig nicht mehr verzichten. Auch im jetzt startenden Weihnachtsgeschäft werden sich viele Verbraucher nicht dem Gedränge in Shopping-Centern und Kaufhäusern aussetzen wollen“, meint Rohleder. „Ein großer Teil des Geschenkekaufs wird sich noch mehr als in den vergangenen Jahren ins Netz verlagern. Einen Vorgeschmack erwarten wir demnächst am Black Friday.“
Online-Shopper schätzen Komfort, große Auswahl und günstige Preise
So ist für jeden dritten Online-Shopper (33 Prozent) einer der wichtigsten Vorteile, dass beim Einkauf im Netz die Gefahr minimiert wird, sich mit dem Coronavirus anzustecken. Für einen Großteil spielen allerdings Komfort und Bequemlichkeit die größte Rolle: Drei Viertel (74 Prozent) schätzen die Lieferung direkt nach Hause, fast ebenso viele (73 Prozent) die Unabhängigkeit von Öffnungszeiten. Für 61 Prozent ist die Zeitersparnis entscheidend, 6 von 10 Online-Shoppern (60 Prozent) nennen das große Angebot als wichtigen Vorteil. Fast jeder Zweite (45 Prozent) ist außerdem der Ansicht, dass die Preise im Netz oft günstiger seien. Außerdem nimmt der Onlinehandel insbesondere für Menschen in ländlichen Regionen mittlerweile eine Versorgungsfunktion ein: So sagen 43 Prozent der Online-Shopper in Orten mit weniger als 5.000 Einwohnern, dass es in ihrer Nähe keine oder nur wenige Geschäfte gebe und sie deshalb im Internet einkaufen. Unter den Großstädtern nennen nur 8 Prozent diesen Grund.
Die Top 10 der gefragtesten Produkte beim Online-Kauf
Zu den gefragtesten Produkten im Internet zählen Kleidung, Schuhe und Accessoires: 92 Prozent der Online-Shopper geben an, diese Waren via Web zu erwerben. Elektronische Haushaltsgeräte folgen mit 81 Prozent auf dem zweiten Platz, Bücher bzw. Hörbücher (76 Prozent) auf dem dritten Rang. Dahinter liegen mit 73 Prozent Smartphones bzw. Handys sowie mit ebenfalls 73 Prozent Kosmetikartikel, Parfum und Pflegeprodukte. Auf dem fünften Platz liegen Möbel, die 71 Prozent der Online-Shopper im Internet kaufen, dahinter folgen Computer (70 Prozent). Medikamente bestellen 69 Prozent der Online-Shopper im Netz. Zwei Drittel (67 Prozent) kaufen auch Gutscheine online, fast ebenso viele (66 Prozent) Unterhaltungselektronik. Heimwerkerbedarf wie Schrauben, Dübel und anderes Baumarktmaterial bestellen 65 Prozent online. Immerhin 15 Prozent haben im Internet sogar schon einmal ein Auto erworben und dort den kompletten Kauf abgewickelt.
Smartphone ist das zweitwichtigste Shopping-Gerät
Im Netz entwickelt sich das Smartphone inzwischen zum zweitwichtigsten Shopping-Gerät. 54 Prozent der Online-Shopper (2019: 52 Prozent) kaufen per Smartphone ein – 2016 waren es lediglich 39 Prozent. Unter den 16- bis 29-Jährigen liegt der Anteil sogar bei 75 Prozent. Damit rangiert das Smartphone aktuell noch hinter dem Laptop (59 Prozent), aber bereits vor Desktop-PC (40 Prozent) und Tablet Computer (27 Prozent). Voice-Commerce über digitale Sprachassistenten wie Alexa oder Google Home bleibt mit zwei Prozent weiterhin ein Nischenphänomen.
Jeder achte Online-Kauf wird zurückgeschickt
Retouren gehören zum Online-Shopping dazu. Aktuell wird im Schnitt jeder achte Online-Kauf (12 Prozent) zurückgeschickt. Damit ist der Anteil der Retouren über die letzten Jahre nahezu unverändert geblieben (2019: 11 Prozent; 2018: 12 Prozent, 2016: 10 Prozent). Dabei schicken die unter 30-Jährigen fast jedes fünfte Paket zurück (19 Prozent). Bei den 30- bis 49-Jährigen sind es 14 Prozent sowie 9 Prozent bei den 50- bis 64-Jährigen. Die Senioren behalten den Großteil ihrer Sendungen und retournieren lediglich jede 20. Bestellung (5 Prozent). Insgesamt geben 22 Prozent der Online-Shopper an, sich manchmal oder regelmäßig Waren in dem Wissen zu bestellen, diese wieder zurückzuschicken, etwa, wenn es um Kleidung in mehreren Größen geht. „Alle müssen etwas dafür tun, um Retouren zu vermeiden und unvermeidbare Retouren umweltverträglich zu handhaben: die Shop-Betreiber durch möglichst authentische und aussagekräftige Produktbeschreibungen und die Verbraucher durch ein bewusstes Einkaufsverhalten“, so Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder.
71 Prozent der Online-Shopper bündeln bewusst mehrere Bestellungen, um Lieferwege zu reduzieren. 86 Prozent der Online-Shopper meinen auch, Händler sollten retournierte Waren lieber spenden, statt sie zu vernichten. Rohleder: „Für die Händler bedeuten Retouren einen entgangenen Umsatz und zusätzliche Kosten. Wenn es wirtschaftlich ist, werden zurückgeschickte Artikel neu verpackt und neu gelistet. Dort, wo sich die Weiterverwendung aus Kostengründen nicht lohnt, muss das Spenden für die Händler attraktiver gestaltet werden. Heute ist die Spende eines nicht wiederverkaufsfähigen Non-Food-Artikels teurer als seine Vernichtung, da eine solche Spende der Umsatzsteuer unterliegt. Die Umsatzsteuer für solche Spenden muss umgehend abgeschafft werden.“
Großes Potenzial für nachhaltige Angebote beim Online-Shopping
Die Online-Shopper zeigen insgesamt ein großes Interesse daran, das Einkaufen im Netz nachhaltiger zu gestalten – gleichwohl ist die tatsächliche Nutzung entsprechender Angebote noch vergleichsweise gering. So verwenden acht Prozent zum Beispiel Filter für Nachhaltigkeit bei der Produktauswahl – mehr als jeder Zweite (53 Prozent) würde dies künftig tun. Auch ein kleiner Aufpreis für die CO2-Kompensation der Lieferung kommt für fast 4 von 10 Online-Shoppern (38 Prozent) in Frage. Allerdings hat erst jeder Zwanzigste (5 Prozent) diese Möglichkeit schon einmal genutzt. „Mithilfe digitaler Technologien können wir Transportwege vermeiden, Verpackungsmaterialien reduzieren und ökologische und menschenrechtliche Standards in der Lieferkette nachvollziehen und sicherstellen“, betont Rohleder. „Umweltschutz und Digitalisierung sind die bestimmenden Themen unserer Zeit. Beides müssen wir künftig auch im Onlinehandel besser zusammenbringen.“