Am 30. September 2020 kamen knapp 100 Expertinnen und Experten zum virtuellen Dialogtag „Smart Manufacturing after COVID 19“ zusammen. Die Initiatoren der Trilateralen Kooperation (Frankreich-Italien-Deutschland), Vertreter der EU-Kommission und weitere Teilnehmende aus zahlreichen EU-Mitgliedsstaaten diskutierten notwendige Schritte auf dem europäischen Weg zur digitalen Industrie. Die Auswirkungen von COVID-19 haben die Vorteile digitalisierter Wertschöpfungsnetzwerke klar gezeigt. Gemeinsames Ziel sind offene Ökosysteme nach europäischen Werten. Die Partner wollen weiter eng kooperieren und im Austausch bleiben, um „gemeinsam Europa wieder stark zu machen.“
Die Vision
Es herrschte Einigkeit bei den Teilnehmern an den Bildschirmen: Die Pandemie hat gezeigt, dass es nun Zeit ist zu handeln. „Die europäische Zusammenarbeit ist der Schlüssel – abgesehen von der COVID-19-Krise wird es noch viele weitere Herausforderungen geben, die wir gemeinsam angehen müssen und können,“ sagte Lucilla Sioli, Direktorin der Direktion für künstliche Intelligenz und digitale Industrie, DG CONNECT.
Es gilt offene und digitale Ökosysteme in Europa auf den Weg zu bringen und Voraussetzungen für einen kompetitiven, resilienten und nachhaltigen Wachstumspfad für die Europäische Industrie zu schaffen. Das heißt, flexiblere und belastbare, ressourceneffiziente Produktionsprozesse und optimierte wertschöpfende Strukturen müssen gewährleistet sein. Offene und digitale Ökosysteme könnten dies leisten. Sie bauen nicht nur auf Diversität, Pluralität und fairen Wettbewerb, sondern fördern diesen langfristig auch. Sie leisten außerdem einen gesellschaftlichen Beitrag zur Abfederung der COVID-19-Krise.
Der Weg
Für Prof. Dr. Peter Post, Vice Präsident bei Festo und Mitglied des Lenkungskreises der Plattform Industrie 4.0, sind drei Handlungsstränge auf dem Weg zu offenen Ökosystemen entscheidend – sie sind eng mit zentralen europäischen Grundwerten verbunden: Souveränität, Interoperabilität und Nachhaltigkeit. Souveränität steht für die Anforderungen, die es zu erfüllen gilt. Im Sinne des Leitbildes 2030 der Plattform Industrie 4.0 ergeben sich diese aus einer paneuropäischen, souveränen, vertrauenswürdigen, sicheren und resilienten digitalen Infrastruktur (wie sie das Projekt GAIA-X vorgibt). Michael Jochem, Business Chief Digital Office -Industrial Technology bei Bosch und Leiter der Arbeitsgruppe “Sicherheit vernetzter Systeme in der Plattform Industrie 4.0, erklärte auf die Frage nach Voraussetzung für die Nutzung von KI: „Wesentlich dafür sind innovative B2B-Kooperationen auf multilateraler Ebene über Unternehmens- und Wettbewerbsgrenzen hinweg, damit diese Daten gesammelt werden können. Dazu brauchen wir eine vertrauenswürdige Infrastruktur, die die Datenhoheit unterstützt, um den erwähnten Datenaustausch zu erleichtern.”
Weitere wichtige Anforderungen sind eine gezielte Weiterbildung für KMU und ein allgemeiner Kulturwandel. Außerdem wurde die Notwendigkeit grenzüberschreibender Kooperationen sowie digitaler europäischer Kompetenzzentren hervorgehoben, in denen Erfahrungen und best practices ausgetauscht werden können.
Interoperabilität beschreibt die Notwendigkeit allgemeiner Standards für eine reibungslose Interaktion digitaler Komponenten, Systeme und Prozesse (Verwaltungsschalen, digitalen Zwilling), so Prof. Dr. Peter Post. Sie ist eine wesentliche Voraussetzung, um Lock-in-Effekte zu vermeiden und auch kleineren Unternehmen einen fairen Zugang zu digitalen Wertschöpfungsnetzwerken zu geben – dies ist für die mittelständisch geprägte europäische Industrie besonders wichtig.
Nachhaltigkeit ist das gemeinsam angestrebte Ziel. Datenanalytik und einen sicheren B2B-Datenausaustausch bilden die Grundlage für eine ressourceneffiziente Datenökonomie und damit auch für I4.0-Anwendungen, die Nachhaltigkeitspotenziale messbar und Nachhaltigkeitsziele damit konkret umsetzbar machen (z. B. Einsparung von Emissionen). Industrie 4.0 Lösungen unterstützen die Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen im Sinne des Europäischen Green Deals.
Kilian Gross, Referatsleiter, Abteilung Technologien und Systeme für die Digitalisierung der Industrie, DG CONNECT, fasste zusammen: „Grüne Wirtschaft und Digitalisierung sind kein Widerspruch, sondern verstärken sich gegenseitig. Wir müssen einen ganzheitlichen Ansatz für Digitalisierung und Nachhaltigkeit verfolgen, um eine umweltfreundliche und wettbewerbsfähige Transformation der Wirtschaft in Europa zu erreichen – und wir brauchen Zusammenarbeit, um diese Lücke schnell zu schließen. “
Was folgt?
Wir müssen jetzt die Voraussetzungen schaffen für ein wettbewerbsfähiges, widerstandsfähiges und nachhaltiges Wachstum der europäischen Industrie, damit Europa zum weltweiten Pionier wird für offene und digitale Ökosysteme. Yves Paindaveine, Leiter des Sektors Digitalisierung der Governance der europäischen Industrie, DG CONNECT, sagte: „Die resiliente Datenwirtschaft von 2030 beginnt jetzt“.
Die Trilaterale Kooperation lädt alle europäischen Partner zu einem erneuten Treffen ein, das für Anfang 2021 geplant ist und auch zukünftig von der Europäischen Kommission unterstützt wird.
Über die Trilaterale Kooperation
Die trilaterale Zusammenarbeit zwischen der deutschen Plattform Industrie 4.0, der französischen Alliance Industrie du Futur und der italienischen Piano Impresa 4.0 wurde 2017 gegründet. Ziel ist die Digitalisierung der Industrie im Geist der europäischen Zusammenarbeit EU-weit voranzubringen. Die Partner konzentrieren sich dabei auf drei Kernthemen: Standardisierung, KMU-Unterstützung sowie politische Rahmenbedingungen. Sie haben einen gemeinsamen Aktionsplan entwickelt veröffentlichen regelmäßig gemeinsame Papiere, z. B. zur Verwaltungsschale, zum Dateneigentum oder EU-Rahmenbedingungen.
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