Die HARTING Technologiegruppe in Espelkamp (Kreis Minden-Lübbecke) hat sich im Geschäftsjahr 2018/19 (30. September) trotz eines schwierigen konjunkturellen Umfelds gut behauptet. Der Umsatz des weltweit tätigen Familienunternehmens war leicht rückläufig und sank um 1,6 % auf 750 Mio. € (Vorjahr 762 Mio. €). Damit erzielte HARTING den zweithöchsten Umsatz seiner 74-jährigen Unternehmensgeschichte.
„Dieses Ergebnis haben wir angesichts verschiedener Indikatoren erwartet“, sagte Vorstandsvorsitzender Philip Harting. Politische Unsicherheiten, Handelskonflikte, der Brexit und Währungseffekte hätten das Ergebnis beeinflusst. „Um Währungseffekte bereinigt, hätten wir jedoch unser Rekordergebnis vom Vorjahr wiederholt“, machte der HARTING Chef deutlich.
Auf der Jahrespressekonferenz im Dezember 2018 hatte er ein Wachstum von unter 5 % für das Geschäftsjahr 2018/19 prognostiziert, zur HANNOVER MESSE jedoch bereits von einer großen Anstrengung gesprochen, das Vorjahresergebnis zu erreichen und die Prognose angepasst. „Gemessen am Wettbewerbsumfeld und an unseren Kunden haben wir uns dennoch ganz gut geschlagen“, sagte der Vorstandsvorsitzende und verwies auf die Prognose des Branchenverbandes VDMA („das sind vor allem unsere Kunden“), die für beide Jahre 2019 und 2020 von einem Rückgang von 2 % ausgeht.
Unterschiedliche Entwicklung in den Regionen
Die Regionen, in denen HARTING weltweit tätig ist, haben sich im Geschäftsjahr 2018/19 unterschiedlich entwickelt. Neben Rückgängen gab es auch kräftiges Wachstum. So stieg in Europa (ohne Deutschland) und dem Nahen Osten sowie Afrika, EMEA genannt, der Umsatz um 6 % auf 278 Mio. € (Vorjahr: 263 Mio. €). In der Region Asien blieb HARTING stabil: Der Umsatz sank hier leicht um 0,5 % auf 186 Mio. € (Vorjahr: 187 Mio. €). Während in der Region Americas die Technologiegruppe ein Minus von 9 % auf 72 Mio. € (Vorjahr: 79 Mio. €) verbuchte. Auch in Deutschland ging der Umsatz um 8 % auf 214 Mio. € (Vorjahr: 233 Mio. €) zurück. „Die Krise in der Windkraftindustrie, deutliche Rückgänge im Maschinen- und Anlagenbau, sowie die Handelsstreitigkeiten schlagen hier eindeutig durch, und der Wachstumsmotor Deutschland stottert“, machte Philip Harting deutlich.
Kräftiges Wachstum im Bereich E-Mobilität und HARTING Customised Solutions
Neben einer positiven Entwicklung in bestimmten Regionen verzeichnete HARTING kräftiges Wachstum in bestimmten Geschäftsfeldern. So verbuchte die Technologiegruppe im Bereich Lade-Infrastruktur für Elektromobilität deutlich zweistellige Zuwachsraten. Daher baut HARTING die Produktion in Rumänien aus. Im Mai 2020 soll die Erweiterung der Werke in Sibiu und Agnita abgeschlossen sein.
Die
Tochtergesellschaft HARTING Automotive ist seit langem auf dem Markt der
Zuliefererindustrie zuhause und registrierte zuletzt eine stark gestiegene
Nachfrage nach E-Mobility-Lösungen. Auf Basis seiner jahrzehntelangen
Erfahrungen im Bereich von Anschluss- und Übertragungstechnik entwickelt und
produziert das Unternehmen Lade-Equipment für Elektro- und Plug-In-Hybridfahrzeuge.
„Die Ladelösungen für den
Audi e-tron und den Porsche Taycan sind zwei überzeugende Beispiele des
wachsenden Marktbedarfs“, so Philip Harting.
Maßgeschneiderte Kundenlösungen
Ebenso wächst der Geschäftsbereich HARTING Customised Solutions (HCS). Ob in Russland, Indien, Polen und im übrigen Europa: HARTING erweitert die lokalen Montage-Werke für Cabling, umspritzte Kabel und weitere kundenspezifische Lösungen. Philip Harting: „Vor allem unsere Bahnkunden wissen unsere Produkte zu schätzen.“ Anfang Oktober hat HARTING in seinem Werk im chinesischen Zhuhai ein Regional Competence Service Center (RCSC) eingerichtet. Das HCS Team betreut dort chinesische Bahnkunden.
Im Januar dieses Jahres nahm HCS in der Nähe der polnischen Stadt Bydgoszcz eine Produktionsstätte in Betrieb. Hier werden auf gut 500 m2 kundenspezifische Lösungen gefertigt, die vorrangig für den Maschinen- und Anlagenbau bestimmt sind.
Investitionen in Innovationen und Technologien
HARTING wird weiter in diese Wachstumsfelder investieren, ebenso in die Entwicklung neuer Produkte, Innovationen und Technologien. Mit patentierten und standardisierten miniaturisierten Ethernet-Steckverbinder liefert HARTING die leistungsstarke Basis für zahlreiche Digitalisierungsprojekte der Kunden.
Im Bereich Industrial Internet of Things (IIoT) hat HARTING einen entscheidenden Schritt gemacht: Um eine durchgängige Kommunikationsinfrastruktur zu schaffen und damit zukünftig alle industriellen Internet-Teilnehmer des IIoT zu erreichen, wurde der Steckverbinder T1 Industrial entwickelt. HARTING hat mit ihm den IEEE-Steckverbinder Standard für Single Pair Ethernet (SPE) in der Industrie gesetzt. Eine intelligente Connectivity Lösung, um miniaturisierte Sensorik und Aktorik, einer neuen I4.0 Automation ins Netz und damit auch bis in die Cloud zu bringen.
Ebenfalls konnte HARTING mit dem ix Industrial® einen neuen Standard für miniaturisierte Ethernet-Schnittstellen am Markt etablieren. „Digitalisierung braucht ein schnelles Ethernet – und wir liefern dazu die leistungsstarke Connectivity“, machte Philip Harting klar.
Auch der Bereich Software Solutions powered by HARTING Technologiegruppe werde rund um die MICA® ausgebaut und schaffe die Verbindung von Elektromechanik und Smart Manufacturing und die Basis für weiteres Wachstum, so der Vorstandsvorsitzende.
HARTING zuverlässiger Partner für andere Unternehmen
Philip Harting sieht die Technologiegruppe mit dem derzeitigen Portfolio an innovativen Produkten und Lösungen gut aufgestellt. Für die Produktion von Miniaturwandlerkomponenten, dem zentralen Element, das für die Klangqualität verantwortlich ist, hatte die Tochtergesellschaft HARTING Applied Technologies im Sommer 2019 gemeinsam mit dem Unternehmen Sennheiser eine Produktionsanlage entwickelt und hergestellt. Zum Einsatz kommen die gefertigten Komponenten in Premium-Kopfhörern sowie Kopfhörern für professionelle Anwendungen auf der Bühne. „Das unterstreicht die Kernkompetenzen der Technologiegruppe“, so der Vorstandsvorsitzende.
Rekordsumme bei den Investitionen
Die Technologiegruppe hat auch im abgelaufenen Geschäftsjahr überdurchschnittlich investiert. „Mit insgesamt rund 66 Mio. € wurde eine Rekordsumme erreicht“, machte Maresa Harting-Hertz, Vorstand Finanzen und Einkauf, deutlich. Ein Großteil davon floss in das Logistikzentrum European Distribution Center (EDC), das im Juni u.a. mit einer spektakulären Show des GOP-Theaters offiziell eröffnet wurde. Darüber hinaus wurde in neue Produkte und Technologien, digitale Kundenservices und die Erweiterung der HARTING Standorte Zhuhai (China), Elgin (USA) sowie Agnita und Sibiu (Rumänien) investiert. „Damit schafft die Technologiegruppe die Voraussetzung für Wachstum in den nächsten Jahren, aber auch für eine flexiblere Produktion“, betonte Andreas Conrad, Vorstand Operations.
Weltweit 288 neue Stellen geschaffen
Die Investitionen für mehr Wachstum und Zukunftssicherung schlagen sich auch in der Personalentwicklung nieder, wie Personalvorstand Dr. Michael Pütz erklärte. Die Zahl der Mitarbeitenden (einschließlich Auszubildende) stieg im Verlauf des Geschäftsjahres 2018/19 auf 5.268 (Vorjahr 4.980). Das entspricht einem Plus von 5,8 %. Im Inland wurden 36 neue Stellen geschaffen (+ 1,4 %), in den ausländischen Produktionsstätten und Tochtergesellschaften 252 Mitarbeitende eingestellt (+ 9,5 %). Damit waren im Ausland am 30. September 2019 mit insgesamt 2.655 Personen erstmals mehr Mitarbeitende beschäftigt als im Inland (2.613). „Das Wachstum in der EMEA-Region und der Ausbau unserer rumänischen Standorte machen sich hier deutlich bemerkbar“, erklärte Pütz.
Derzeit werden 140 kaufmännische und technisch-gewerbliche Auszubildende und duale Studenten in über 20 Berufen auf ihre künftigen Tätigkeiten vorbereitet. Neu hinzugekommen ist 2019 der/die Elektroniker/in für Betriebstechnik. 2020 wird dann auch in den Berufen Oberflächenbeschichter/in, Konstruktionsmechaniker/in und Industrieelektriker/-in für Geräte und Systeme ausgebildet.
„Werte für Menschen schaffen“ – Standortförderung, Gesellschaftliche Verantwortung und Klimaschutz
„Wir wollen Werte für Menschen schaffen“ heißt der dritte Teil der 1996 formulierten Unternehmensvision. Die Unternehmerfamilie fühlt sich seit jeher in besonderer Weise der gesellschaftlichen Verantwortung verpflichtet – und lebt das auch. „Ob lokal, regional oder weltweit, an allen Standorten unseres Unternehmens gilt dies uneingeschränkt“, verdeutlichte Margrit Harting.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr hat die Technologiegruppe insbesondere folgende Projekte in den Bereichen Bildung, Kultur, Sport und medizinische Versorgung gefördert:
- as soziokulturelle Zentrum Isy7 in Espelkamp erhielt eine Spende über 5000 € zur gestalterischen Aufwertung des Außengeländes. Anlass war die Einweihung des EDC, welches Ende Juni 2019 mit einem spektakulären Rahmenprogramm das Logistikzentrum European Distribution Center (EDC) offiziell eingeweiht wurde. Die Gäste aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung nutzten die Gelegenheit, mit einer Spende das Isy7 zu unterstützen.
- it dem markanten Logo auf Hosen und Trikots zeigt HARTING Herz für Fußball, Handball und Leichtathletik, fördert so Jugend und Erwachsene – lokal und national. „Dabei ist es uns wichtig, eine Verbindung sowohl zu unseren Mitarbeitenden, potenziellen Auszubildenden und Führungskräften aufzubauen, dem Unternehmen positive Strahlkraft zusätzlich zu unseren Produkt- und Branchenqualitäten zu verleihen. Deshalb haben wir uns nicht nur über den Erfolg der Herren-Mannschaft bei der WM im eigenen Land gefreut, sondern genauso über volle Hallen bei den Jugendländerspielen der U 17 gegen Frankreich im Juli in Hille und Minden“, sagte Philip Harting. Über 3.500 Schüler, Eltern und Lehrer füllten die Hallen und konnten sich zudem an Ständen über Ausbildungsangebote bei HARTING informieren. Spieler und Betreuer beider Teams erlebten dies bei einem Besuch im Neuen HARTING Ausbildungszentrum hautnah.
„Medici – Das Ärztehaus in Espelkamp“ ein Meilenstein für die Kommune
Als Leuchtturmprojekt für die Stadt bezeichnete Margrit Harting das „Medici – Das Ärztehaus in Espelkamp“, bei dem im November Richtfest gefeiert werden konnte. Das „Medici“ soll dem vielerorts spürbaren Ärztemangel in der Region aktiv entgegenwirken. „Es ist ein Meilenstein der Standortförderung, der dazu beiträgt, die gesundheitliche Versorgung in Espelkamp und Umgebung langfristig zu sichern“, so Maresa Harting-Hertz.
Das Ärztehaus gibt den Menschen Sicherheit und bietet Lebensqualität bis ins hohe Alter. „Mit dem Medici setzen wir ein Zeichen gegen Ärztemangel, Pflegenotstand und die Probleme der medizinischen Versorgung in Espelkamp und auf dem Land“, ergänzte Harting-Hertz weiter. Die Eröffnung ist für den Sommer 2020 geplant. In dem neuen Ärztehaus werden acht Praxen eingerichtet, u.a. für Gynäkologie, HNO, Podologie, Psychiatrie und Allgemeinmedizin.
Klimaschutz als Unternehmensphilosophie: Vereinbarkeit von Ökologie und Ökonomie
„Die ökologische Verantwortung ist grundlegender Bestandteil unseres Handelns“ heißt es in unserer Unternehmensphilosophie. Seit fast vier Jahrzehnten arbeitet das Unternehmen an der Vereinbarkeit von Ökologie und Ökonomie und führte bereits 1989 einen unternehmensinternen Umweltpreis ein, wie Margrit Harting erläuterte.
Die Technologiegruppe setzt konsequent auf die Energiewende und ist Gründungsmitglied des Vereins der Klimaschutz-Unternehmen. „HARTING greift seit 2012 zu 100 Prozent auf CO2-freie Energie in der Produktion zurück. Davon stammen allein 25 Prozent aus einer eigenen Biomethangasanlage im niedersächsischen Uchte“, erläuterte Dietmar Harting. Dieses Gas werde für die Heizung, aber auch für die Aluschmelze und die Lackieranlagen verwendet. „Mit der Abwärme wird das benachbarte Schwimmbad beheizt.“ HARTING erhielt 2012 für die systematische Senkung des Energieverbrauchs den Energy Efficiency Award der Deutschen Energie-Agentur (dena).
Beim Bau des EDC hat HARTING die strengen Vorgaben der Kredit-Anstalt für Wiederaufbau (KFW 55) um weitere 27 % unterschritten. Möglich wurde dies durch ein intelligentes Energiemanagement und die Energieversorgung durch Geothermie sowie eine Photovoltaikanlage auf dem Dach.
Weitere Schritte zur Minimierung der CO2-Bilanz sind bis zum Ende des Geschäftsjahres die Errichtung weiterer mit Biomethan betriebener Blockheizkraftwerke für die Werke 1 und 9 in Espelkamp. „Damit kann die Energiebilanz und Effizienz weiter verbessert werden“, so Dietmar Harting weiter. Seit dem Geschäftsjahr 2011/12 habe HARTING bereits rund 168.00 Tonnen CO2 oder rund 24.000 CO2 im Jahr einsparen können.
Herausforderndes Jahr 2020
„Das neue Jahr verspricht erst einmal herausfordernd zu werden. Die Unsicherheiten sind nach jetzigem Stand nicht kleiner“, sagte Philip Harting und verwies dabei auf die Umwälzungen in der Automobil- und Zulieferindustrie im Zusammenhang mit der Klimaschutzdebatte und der E-Mobilität. Eine ganze Branche stehe vor einem gigantischen Umbruch, von dem niemand wisse, wie er ausgehe.
Eindeutige Prognosen für das laufende Geschäftsjahr 2019/20 lassen sich derzeit nur schwer stellen. Die Institute gehen allenfalls von einem geringen Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,4 % bis 0,5 % für das Kalenderjahr 2020 aus; Branchenverbände wie VDMA und ZVEI von einem leichten Rückgang. „Auch wir orientieren uns an diesen vorsichtigen Prognosen und kalkulieren eine erneute Seitwärtsbewegung ein“, so Philip Harting.
Vorfreude auf das 75. Jubiläum
Im kommenden Jahr feiert HARTING sein 75-jähriges Bestehen. Zu diesem Anlass gibt es einen Festakt im Mindener Botta Bau am 1. September, dem Gründungstag. „Unser Jubiläum wird ganzjährig bei vielfältigen Gelegenheiten präsent sein – so auch auf der HANNOVER MESSE“, warf Philip Harting einen Blick auf die nächsten Höhepunkte des Unternehmens.