Wie lässt sich die Zukunft durch Design nachhaltig verändern? Welche Visionen können Re- und Upcycling-Ideen eröffnen? Antworten auf diese Fragen bietet der „10. RecyclingDesignpreis – Ausgezeichnete Ideen“ (19.06. – 23.10.2022), der vom Arbeitskreis Recycling e.V., Herford, in Kooperation mit dem Marta Herford bereits seit der Gründung des Museums im Jahr 2005 veranstaltet wird. Rund 350 Designer*innen und Künstler*innen haben an dem internationalen Gestaltungswettbewerb teilgenommen und Entwürfe aus den Bereichen Transformationsdesign, Materialforschung, Kreislaufwirtschaft oder Social Design eingereicht. In der Ausstellung im Marta werden 36 von einer Fachjury ausgewählte Projekte präsentiert, die belegen, dass Design die Fähigkeit hat, nachhaltige Prozesse zu berücksichtigen. Für die Ausstellung wurde von dem Designer Oliver Schübbe ein Display entwickelt, das aus gebrauchten Materialien hergestellt wurde. Im Anschluss wird diese Ausstellung im Kunstverein Tiergarten in Berlin erneut zu sehen sein.
Der RecyclingDesignpreis ist ein offener Wettbewerb, für den sich Kreative aller Altersklassen mit professioneller oder semiprofessioneller Ausbildung bewerben können. Der erste Preis ist mit 2.500 Euro, der zweite mit 1.000 Euro, der dritte mit 500 Euro und der neue, von FUTURZWEI gestiftete Sonderpreis ist mit 1.000 Euro dotiert. Ein Blick auf die bereits 17-jährige Geschichte des RecyclingDesignpreises verdeutlicht nicht nur, wie sehr die Themen Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung mittlerweile im gesellschaftlichen Diskurs verankert sind, sondern macht zudem sichtbar, dass Re- und Upcycling bereits in den vergangenen Jahren breit gedacht und erarbeitet wurden. Darüber hinaus lässt sich eine differenziertere Auseinandersetzung mit Ressourcenverbrauch, Produktionsprozessen und Verwertungswegen erkennen, die deutlich macht, dass sich die Gestalter*innen zunehmend mit der sozialen und ökologischen Bedeutung für ihre Entwürfe auseinandersetzen.
1. Preis: „Stack and Stack (In Pandemic)“ (ein Hocker) von Haneul Kim, Seoul (KOR)
OP-Schutzmasken, Maskenstoffe und -filter (hergestellt in Südkorea), Spritzpistole, MDF-Form
Aus nicht mehr verwertbaren Materialien entstehen so etwa neue, qualitativ hochwertige Produkte. Wie gebrauchtes Material neu genutzt werden kann, zeigt das Gewinner-Projekt „Stack and Stack (In Pandemic)“ (Hocker) von Haneul Kim (Seoul): Der immense Verbrauch medizinischer Schutzmasken während der Corona-Pandemie hat den Designer dazu inspiriert, das Abfallprodukt als Rohstoff für seinen Sitzmöbel zu nutzen. Die in Holzformen eingeschmolzenen Masken werden zu Einzelteilen für einen Hocker geformt, der sich aus drei Beinen und einer Sitzfläche zusammenstecken lässt.
2. Preis: Vecchie Mura (ein Verbundwerkstoff) von Domenico Fama, Detmold, Laura Muschalla, Bünde / Technische Hochschule Ostwestfalen Lippe, Detmold (DE)
Kalk, Ziegel-, Glas-, Schiefer-, Steinmehl, Bauschutt, Restmüll
Immer häufiger werden im Rahmen des RecyclingDesignpreises auch Materialerkundungen präsentiert, bei denen aus Abfallprodukten nachhaltige und zukunftsfähige Werkstoffe durch komplexe Prozesse entwickelt werden – wie bei dem zweitplatzierten Projekt „Vecchie Mura“ (ein Verbundwerkstoff) von Domenico Fama und Laura Muschalla (Masterarbeit, Technische Hochschule OWL, Detmold). Der vielseitige Werkstoff wird aus der Verbindung von 30% Kalk und 70% speziell aufbereitetem Bauschutt gewonnen und ist wasserabweisend, antibakteriell und frei von chemischen Bestandteilen. Er eignet sich sowohl als Fertigputzmischung und kann je nach Zusammensetzung in Härte und Farbigkeit variieren und funktioniert als Alternative zu Beton.
3. Preis: Pretty Plastic (eine Wandverkleidung aus Schindeln) von Hester van Dijk, Reinder Bakker, Peter van Assche / Kollaboration Overtreders W / bureau SLA, Amsterdam (NL)
Recyceltes Polyvinylchlorid (PVC) von ausrangierten Bauprodukten (Fensterrahmen, Fallrohre, Regenrinnen)
Den dritten Platz belegt das Projekt „Pretty Plastic“ (eine Wandverkleidung) von Hester van Dijk, Reinder Bakker und Peter van Assche (Kollaboration Overtreders W / bureau SLA, Amsterdam). Die Schindeln werden in einem speziell entwickelten Maschinenpark gefertigt, der Kunststoffmüll aus Baumaterialien zu wetterbeständigen Wandverkleidungen mit langer Haltbarkeit recycelt. Damit greift das Projekt den Trend des nachhaltigen Bauens auf, der sich in den letzten Jahren zunehmender Popularität erfreut, und zeigt die gewachsene Bedeutung von ressourcenschonender Materialforschung und Rohstoff-Transformation.
Sonderpreis – gestiftet von FUTURZWEI.Stiftung Zukunftsfähigkeit, Berlin
Erstmalig wurde neben dem 1. bis 3. Preis auch ein Sonderpreis vergeben: „MHLD – Multifunctional Hybrid Laundro Drive / STREETWARE saved item“ (Street shopper / partizipatives Kunstobjekt) von Barbara Caveng, Alice Fassina, Céline Iffli-Naumann, Purvi Dhranghadaryia, Jan Markowsky, Lukas Treiber und Lotti Seebeck (Berlin).
Wäscheständer, Kinderwagen, Kabelbinder, Fundstücke von der Straße
Dieses Projekt ist an der Schnittstelle von Kunst, Politik und Gesellschaft angesiedelt. Es nimmt weggeworfene Textilien zum Anlass für die Auseinandersetzung mit Produktions- und Konsumweisen. Kleidungsstücke werden im öffentlichen Raum gesammelt, gewaschen und in und neue Outfits umgewandelt. In öffentlichen Aktionen in der Stadt wird dies sichtbar gemacht. STREETWARE ist Denkfabrik, Spielstätte, Werkstatt und vieles mehr zu Themen der Nachhaltigkeit.
Sonderkategorie für Schulen
Auch Schulklassen und Institutionen hatten die Möglichkeit, Entwürfe einzureichen, die sich mit den Themen Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung oder Upcycling auseinandersetzen. Aus den insgesamt 15 Einreichungen wurden fünf Beiträge für die Ausstellung im Marta Herford ausgewählt, die sich wiederum auf drei Plätze aufteilen: 1. Preis: „Reise Teddy“ von Marie Baxheinrich, Jana Knubel, Lana Meiwes, Maya Schultenkemper / Gesamtschule Oelde (10. Klasse); 2. Preis: „Luftmatratze zu Lande“ (Umhängetasche) und „Die Milch macht’s“ (Rucksack) von Esther Deppendorf, Edith Esdars, Susanne Halbe, Annette Kaiser / von Bodelschwinghsche Anstalten Bethel, Bielefeld; 3. Preis: „Textiles aus Masken“ (Beuteltasche) von Chantal Sonnenfeld und „Textiles aus Masken“ (Portemonnaie) von Chiara Gennaro / Friedrich-Spee-Gesamtschule, Paderborn.
Das Preisgeld in der Sonderkategorie für Schulen beläuft sich auf insgesamt 750 Euro.