Weidmüller präsentiert neue Lösungen im Bereich Digitalisierung und Datenanalyse zur Zustandsüberwachung von Windkraftanlagen. (Foto: winterseitler/ pixabay)
Weidmüller präsentiert neue Lösungen im Bereich Digitalisierung und Datenanalyse zur Zustandsüberwachung von Windkraftanlagen. (Foto: winterseitler/ pixabay)

Windkraftanlagen – Windkraft wird smart

Hamburg. Analyse-Tools machen die Stromerzeugung mit neuen und alten Windkraftanlagen produktiver und effektiver. Deshalb werden sie ein Trendthema auf der WindEnergy in Hamburg sein, wie Dirk Bauenkämper, Global Segment Manager für Wind bei Weidmüller im Interview erklärt.

Welche Trends gibt es aktuell im Sektor Windenergie und Windkraftanlagen?

Bereits mehr als die Hälfte des in Deutschland erzeugten Ökostroms kommt aus Windkraftanlagen. Das wundert nicht bei nahezu 30.000 Anlagen auf deutschem Bundesgebiet, die 1200 Anlagen vor den Küsten eingeschlossen. 1792 davon kamen allein im Jahr 2017 auf dem Festland hinzu plus 222 Offshore. Damit sind wir in Europa führend, was die Nutzung von Windkraft angeht. International belegen wir nach China und den USA den dritten Platz.

Bei optimaler Wetterlage können die Anlagen 70 bis 80 Prozent des bundesweiten Strombedarfs decken. Zu beobachten ist, dass tendenziell weniger, aber immer größere Anlagen installiert werden. Der Wechsel zu den Ausschreibungsverfahren und die Deckelung des Ausbaukorridors durch die Bundesregierung führt speziell in Deutschland allerdings zu großen Sorgen bei allen Windkraft-Akteuren. Das Ringen um immer geringere LCOE führt zu enormem Preisdruck und hartem Wettbewerb im gesamten Markt.

Die Steigerung der Effizienz und die Reduzierung von Stillstandzeiten sowie das Repowering bestehender Windkraftanlagen rücken dadurch etwas stärker in den Fokus der Anlagenbetreiber. Besonders interessant sind in diesem Zusammenhang auch Nachrüstungen und Analysen der bereits bestehenden Windkraftanlagen mit dem Ziel, die Lebenszeit der Alt-Anlagen zu verlängern.

Bei der Vielzahl der Alt-Anlagen gibt es gute Möglichkeiten, den Ertrag zu erhalten und die Effizienz zu steigern. Für Offshore-Installationen gibt es inzwischen einige interessante Prototypen die auf sogenannte Floating Platforms installiert wurden. Hierbei werden Anlagen auf schwimmende „Flösse“ montiert, die dann auch für Installationen in tieferen Meeresgründen geeignet sind. Hier bieten sich Chancen auf Wachstum, eher aber mittel-und langfristig. Es bleibt spannend in der Branche.

Wie beeinflussen diese Entwicklungen die Aussteller auf der WindEnergy 2018, was wird dort gezeigt werden?

Die WindEnergy Hamburg ist die Weltleitmesse für Windenergie. Ich erwarte dort Ende September von den über 1000 Ausstellern viel Innovatives. Sicherlich wird der Offshore-Sektor dort wieder eine größere Rolle spielen – Stichwort Floating Platforms. Zusammengebaut werden die schwimmenden Anlagen im Hafen und von dort aus zu ihrem Einsatzort geschleppt. Für Weidmüller ist diese Technik interessant, denn ein „Floß“, auf dem eine millionenschwere Investition steht, sollte eine Steuerungs- und Regelungstechnik haben, mit welcher die Anlage auf freier See über Jahre sicher betrieben werden kann.

Hier kommen Elektrotechnik, Elektronik und Automation, teils mit ganz neuen technischen Anforderungen, ins Spiel. Interessant sind sicher auch neue Ansätze, die man unter dem Begriff „Smart Turbines“ zusammenfassen kann. Wenn man die Leistungen von Windkraftanlagen der letzten zehn Jahre vergleicht, ist zu beobachten, dass aus 2 Megawattanlagen mittlerweile 6 bis 8 Megawattanlagen geworden sind, indem die Anlagen hochskaliert wurden.

Die Möglichkeiten, nach dieser Methode noch höher und größer zu bauen, sind allerdings begrenzt. Also braucht es neue Konzepte, zum Beispiel in Form von Lastenreduzierung, neuartigen Materialien, Getriebe- und Großanlagenkonzepten. Durch den Einbau intelligenter Sensorik in der Stahlkonstruktion oder in den Rotorblättern, kann man zudem Überlastungen durch entsprechendes Entgegenwirken der Windkraftanlage vermeiden und statt der „auf Sicherheit“ ausgelegten Dimensionierung könnte man bei vielen Anlagenteilen „smarter“ und damit auch kostengünstiger werden. Kosteneffizienz und Smart Energy werden daher weitere Leitthemen der Messe sein, Stichworte sind hier auch IoT und Industry 4.0.

Sie erwähnten bereits das Potenzial der Datenerfassung und Analyse für den Windkraftanlagenbau. Könnten Sie erläutern, inwiefern Datenauswertung dort zum Einsatz kommt?

Daten, ihre Analyse und Verarbeitung, bieten großes Wachstumspotenzial. Durch sie wird der Betrieb besser planbar und viele mittelbare Faktoren wie Ersatzteilverfügbarkeit, Wetteraussichten und Personal können berücksichtigt werden. Auch Störungen und Ausfälle im laufenden Betrieb können per aktueller Daten und Vergleichsbetrachtungen vorrausschauend mit guter Wahrscheinlichkeit verhindert werden. Stillstandzeiten lassen sich reduzieren und z.B. ideale Wetterbedingungen voll ausnutzen.

Das funktioniert in der Regel so: Die Analyse der Daten erfolgt im ersten Ansatz nicht rein ingenieurtechnisch, sondern man untersucht in einer statistischen Analyse einen umfangreichen Datenpool, der über einen längeren Zeitraum entstanden ist und stellt mit den entwickelten Algorithmen Vergleiche an. Gegebenenfalls werden auch die verfügbaren Daten aus den Simulationen während des Engineerings und aus dem Service der Anlage während der bisherigen Betriebszeit mit einbezogen. Über die Anwendung der Algorithmen und Modelle auf den gesamten Datenpool können dann Rückschlüsse auf Unregelmäßigkeiten der Anlage geschlossen werden. Im Vergleich zum klassischen Condition Monitoring, wo es um die permanente Überwachung des „Ist-Zustands“ einer Maschine geht, werden hierbei ganze Datenpools und über die Jahre gewachsene Datensammlungen angezapft und für die Zukunft auswertbar gemacht.

Was bietet Weidmüller Windkraftanlagenbetreibern in diesem Zusammenhang?

Mit Industrial Analytics für den Windkraftbereich bietet Weidmüller eine innovative Lösung für die Windkraftturbine, um basierend auf gesammelten Daten vorausschauend Problem zu vermeiden, die Anlagenperformance sicherzustellen und die Lebenszeit der Anlagen zu verlängern. Sogenannte Data Scientists übernehmen dabei die Entwicklung der Algorithmen und Modelle, und ggf. auch die Auswertungen der Daten.

Die Datensätze bekommen wir von unseren Kunden, analysieren diese und verfeinern dann die Modelle gemeinsam mit den Experten auf Kundenseite. Im Ergebnis bekommt unser Kunde fundierte Informationen über mögliche Schwachstellen, deren Ursachen und Vorschläge zur Nachbesserung. Wir haben dabei einen entscheidenden Vorteil gegenüber Firmen, die rein von der IT-Seite aus arbeiten: Wir können die Data-Science-Ebene, die andere Wettbewerber sicherlich auch bieten können, mit dem Applikations-Know-how aus Windkraftanlagen verbinden.

Das Rotor Blade Monitoring System Blade Control kann zum Beispiel Rotorblätter von Windkraftanlagen überwachen und Beschädigung, Vereisung, gelockerte Teile und aerodynamische Unwuchten melden. Die Anlagen können an unser Monitoring Center angebunden werden und das Ergebnis der Analysen wird wiederum dem Kunden zur Verfügung gestellt. Beteiligt sind hier auch erfahrene Experten, die langjähriges Know-How haben und darüber hinaus sogar Rückschlüsse ziehen können zu Problemen, die gar nicht unmittelbar am Rotor vorhanden sind, sondern an anderen Anlagenteilen vorhanden sind, sich aber an den Blättern mittels Sensoren erfassen lassen. Unter anderem stellen wir auch diese erweiterten Möglichkeiten auf der Messe vor.

www.weidmueller.com

Veröffentlicht von

Sascha Brinkdöpke

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