Als eine der ersten Städte in NRW legt Ibbenbüren Abschlussbericht zur kommunalen Wärmeplanung vor
Ibbenbüren – Die Wärmewende ist eine echte Mammutaufgabe, die vor den Städten und Gemeinden hierzulande liegt. Die Stadt Ibbenbüren gehört zu den ersten in Nordrhein-Westfalen, die den ersten wichtigen Schritt zur Lösung dieser Aufgabe getan haben. Sie hat die gesetzlich vorgeschriebene kommunale Wärmeplanung (KWP) vorgelegt. Vor Kommunalpolitikern, Vertretern aus Wirtschaft, Industrie und Handwerk sowie der Schornsteinfegerinnung und auch des Mietervereins Haus und Grund wurden die Ergebnisse nun vorgestellt. Im Auftrag der Stadt Ibbenbüren haben die Stadtwerke Tecklenburger Land die umfangreiche Untersuchung erarbeitet. Unterstützt wurden sie dabei vom Fachbüro BET.
Während der Info-Veranstaltung im Hof Bögel in Ibbenbüren, erinnerte Ibbenbürens Klimaschutzmanagerin Nadine Dirksmeyer an die Hintergründe der KWP: das Pariser Klimaschutzabkommen und die aktuellen gesetzlichen Grundlagen zum Ausstieg aus fossiler Heizenergie. Wer eine neue Heizung einbaut, muss ab dem Stichtag 30. Juni 2028 mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien beim Heizen einsetzen. Bis zum Jahr 2045 soll das Heizen ganz ohne den Einsatz fossiler Brennstoffe gelingen, der Kreis Steinfurt möchte gar bis 2040 klimaneutral sein. „Das ist ambitioniert“, bekannte die Klimaschutzmanagerin.
Bestandsanalyse: 16.338 beheizte Gebäude
Um diese Ziele zu erreichen, muss man wissen, von wo man startet. So macht die Bestandsanalyse einen nicht unerheblichen Teil der kommunalen Wärmeplanung aus. Wie BET-Projektleiter Frank Schäfer ausführte, zählt die Stadt Ibbenbüren 16.338 beheizte Gebäude. Die Sektoren Wohnen, Industrie, Gewerbe und Handel haben insgesamt einen Endenergieverbrauch von 848 Gigawattstunden im Jahr, wobei 41 Prozent des Gasbezuges in der Stadt auf industrielle Großverbraucher zurückgehen. Mit 90 Prozent bewegt sich der Einsatz fossiler Brennstoffe erwartungsgemäß noch auf einem hohen Niveau. Um zu prüfen, in welchen Gebieten leitungsgebundene Wärmenetze relevant werden könnten, identifiziert die Studie sogenannte Wärmeliniendichten.
Zielszenario: Leitungsgebundene Wärme und individuelle Lösungen
Im Zielszenario nimmt die Studie – neben potenziellen Gebieten für eine leitungsgebundene Wärmeversorgung – verschiedene Gebäudetypen und deren mögliche Heizsysteme in den Blick. Betrachtet wurden der Einsatz von Luft-Wasser-Wärmepumpen, von Sole-Wasser-Wärmepumpen auf der Grundlage von Geothermie, von Holzpellet-Heizungen, von Gasthermen, die perspektivisch mit alternativen Brennstoffen betrieben werden, sowie von Kombi-Systemen (Gastherme+Wärmepumpe). Im Vollkostenvergleich bis 2045 zeigt sich: Die heute günstigste Variante (Heizen mit Erdgas) dürfte sich ab 2028 moderat, ab 2035 signifikant gegenüber anderen Systemen wie Wärmepumpen oder Holzpellets verteuern.
Fokusgebiete für weitere Untersuchungen
Für eine leitungsgebundene Wärmeversorgung identifiziert die Studie Fokusgebiete, unter anderem in Teilen von Püsselbüren sowie in der südlichen Innenstadt. Dort bieten sich Machbarkeitsstudien an, um Realisierbarkeit und Bezahlbarkeit von leitungsgebundener Wärme zu prüfen. Für weite Teile der Stadt zeichnet sich für die Zukunft eine dezentrale Versorgung ab. Dort müssen die Verbraucherinnen und Verbraucher individuell über ihre zukünftiges Heizsystem entscheiden. Sicher ist: Der Einsatz von Strom beim Heizen wird an Bedeutung gewinnen. Wie Michael Bußmann, Technischer Leiter der Stadtwerke-Netzgesellschaft SWTE Netz, erläuterte, richtet sich die Zielnetzplanung im Stromnetz an dieser Entwicklung aus. Sprich: Die Stromnetze werden weiter verstärkt. Mathias Walke, für die kommunale Wärmeplanung zuständiger Projektleiter der SWTE Netz, gab abschließend einen Überblick über Förderprogramme zum Bau von Wärmenetzen. Diese müssten in der Bauleitplanung zu einem frühen Zeitpunkt mitbedacht werden.
Ausblick: So geht es weiter
Mit der kommunalen Wärmeplanung beschäftigt sich nun die Politik in Ibbenbüren im Planungs- und Umweltausschuss sowie im Stadtrat, um das Zielszenario festzulegen. Zudem soll das Thema fest im städtischen Klimaschutzbeirat verankert werden. Die Umsetzung der Maßnahmen beruht im Wesentlichen auf Bürgerwillen und Freiwilligkeit. „Wir müssen jetzt schauen: Was bekommen wir auf beziehungsweise unter die Straße“, warf Frank Schäfer einen Blick nach vorne. Bürgermeister Dr. Marc Schrameyer betonte, dass es nun darauf ankomme, die Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen. Dass Überzeugungsarbeit nun das Gebot der Stunde ist, betonte auch Uwe Manteuffel, Technischer Beigeordneter in Ibbenbüren. So müssten Bürgerinnen und Bürger in erster Linie aufgeklärt werden, was auf sie zukommt und welche Förderprogramme für Sanierung, Dämmung und Heizungstausch in Anspruch genommen werden können.
Zum Hintergrund
Die Kommunale Wärmeplanung sieht keine verbindlichen Vorschriften für die Bürgerinnen und Bürger vor. Immobilienbesitzer können auch in Zukunft im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen entscheiden, wie sie heizen möchten.
Die Untersuchung soll Bürgerinnen und Bürgern lediglich eine Orientierung geben, welche Heizenergien in Zukunft in ihrem Umfeld zu empfehlen sind. Dabei gibt sie zum Beispiel einen Einblick, wo gegebenenfalls eine leitungsgebundene Wärmeversorgung möglich sein könnte – und wo dezentrale Systeme angezeigt sind. Die Studie ist unter https://www.o-sp.de/ibbenbueren/sonstige veröffentlicht. In Kürze stellt die Stadt Ibbenbüren zusätzlich eine interaktive Online-Karte zur Verfügung. Sie gibt Aufschluss darüber, welche Heizsysteme in welchem Gebiet zu erwarten und zu empfehlen sind.