Die Nutzung der Solarenergie ist eine wichtige Säule im Energiemix der Zukunft und zur konkreten Umsetzung der Energiewende. Ende September waren deutschlandweit nach Angaben des Bundesverbandes Solarwirtschaft rund 1,95 Millionen Solarstrom-Anlagen mit einer Leistung von 52,7 Gigawattpeak (GWp) installiert. Allein im Jahr 2020 waren bis September 130.000 neue Anlagen mit 3,51 GWp dazu gekommen. Diese Menge reicht rechnerisch aus, um mehr als 13 Millionen Haushalte ein Jahr lang mit elektrischer Energie zu versorgen.
Photovoltaik galt lange als kleinteilige Energieform, die nur dank Förderung eine Chance hatte. Nun scheint sie aber in Deutschland den Durchbruch im industriellen Maßstab zu schaffen, so das Handelsblatt am gestrigen Donnerstag. „Wir sehen ganz generell, dass PV-Strom die billigste Energiebereitstellung ist. Dies gilt auch für Deutschland. Damit ist die Wirtschaftlichkeit für Großanlagen und in unterschiedlichen Geschäftsmodellen gegeben“, sagte Andreas Bett, Vorsitzender des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE), in einem Interview mit dem Handelsblatt. Deswegen erwarte man, dass der PV-Markt auch in Zeiten der Krise weiterwachse.
Betreiber von Photovoltaikanlagen, die in den Jahren bis Ende 2000 in Betrieb genommen wurden haben aber zur Zeit ein Problem. Bei diesen Anlagen endet die gesetzliche EEG-Vergütung (Förderzeitraum) zum 31. Dezember 2020. Seit einigen Wochen erhalten Betreiber dieser Anlagen von ihrem Netzbetreiber Schreiben, dass die Vergütung aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für diese Anlagen zum Jahresende 2020 ausläuft.
Ab 1. Januar 2021 dürfen die Netzbetreiber den Strom aus diesen Anlagen nach aktueller Rechtslage nicht mehr abnehmen und vergüten. Bundesregierung und Gesetzgeber haben es versäumt, rechtzeitig eine Anschlussregelung für die einfache weitere Einspeisung des Stroms dieser Anlagen ins Netz zu schaffen. Das aktuell gültige EEG sieht dafür nur die „sonstige Direktvermarktung“ vor, was für kleine Photovoltaikanlagen aufwändig und teuer ist und damit nicht praktikabel. Derzeit befindet sich eine Gesetzesänderung (EEG 2021) zur Beratung im Deutschen Bundestag, die bis zum Jahresende verabschiedet werden soll. Es ist noch nicht sicher, dass dies gelingt und das Gesetz rechtzeitig zum 1. Januar 2021 in Kraft treten wird. Viele Anlagenbetreiber sind daher verunsichert, wie sie sich verhalten sollen.
Heute wurde dazu ein gemeinsames Hinweis-Papier „Weiterbetrieb von PV-Anlagen nach Auslaufen der EEG-Förderung“ (Ü-20-Anlagen) von verschiedenen Organisationen (Verbraucherzentrale NRW; Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie; Solarenergieförderverein Deutschland; Bündnis Bürgerenergie und EnergieAgentur.NRW) veröffentlicht.
- Es besteht keine Notwendigkeit, kurzfristig Entscheidungen zu treffen oder Änderungen an der Photovoltaikanlage oder Elektroinstallation vorzunehmen. Anlagenbetreiber können das Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens in Ruhe abwarten.
- Der Gesetzentwurf sieht eine Möglichkeit vor, auch nach Ablauf der EEG-Förderung weiterhin den Solarstrom an den Netzbetreiber zu verkaufen, ohne dass dafür technische Änderungen an der Photovoltaikanlage notwendig wären und ohne zusätzliche Messtechnik. Laut Gesetzentwurf fallen Anlagenbetreiber, die nichts tun, automatisch in diese Anschlussvergütung. Sofern diese Regelung vom Deutschen Bundestag beschlossen wird und ab 1. Januar 2021 gilt, können Anlagenbetreiber ihre Anlage einfach weiterlaufen lassen.
- Auch wenn das Gesetz nicht rechtzeitig beschlossen würde oder noch nicht ab 1. Januar in Kraft treten könnte, gehen wir davon aus, dass die Anlagen weiter betrieben werden können. Falls der Netzbetreiber von Ihnen eine Entscheidung verlangt, teilen Sie ihm mit, dass Sie den aktuellen Gesetzgebungsprozess abwarten wollen und voraussichtlich zunächst die im Gesetzentwurf geplante Anschlussvergütung in Anspruch nehmen.
- Falls der Netzbetreiber damit nicht einverstanden ist und Drohungen ausspricht für den Fall, dass die Anlage ab 1. Januar weiter Strom ins Netz einspeist, empfehlen wir eine Kontaktaufnahme mit einem der an diesem Hinweispapier beteiligten Verbände. Widersprechen Sie Ihrem Netzbetreiber mit dem Verweis auf das laufende Gesetzgebungsverfahren. Sie können vorsorglich am 1. Januar Ihre Photovoltaikanlage abschalten, wenn Sie Streit mit dem Netzbetreiber vermeiden wollen (Abschalten der Netz-Sicherung des Wechselrichters).
- Genauso können Sie vorgehen, wenn der Netzbetreiber Sie auffordert, entsprechend dem bisher gültigen EEG ab dem 1. Januar 2021 in eine „andere Veräußerungsform“ zu wechseln. Falls ein solcher Wechsel auch nach der Gesetzesänderung notwendig werden sollte oder sinnvoll wäre, können Sie dies auch in Zukunft noch jederzeit tun. Es besteht also auch hierzu keine Eile.
- Prüfen Sie auch Angebote von Energieversorgern und Stadtwerken für den Weiterbetrieb und die Stromabnahme aus Ihrer Anlage (meist in Verbindung mit einem Stromliefervertrag) erst gründlich, bevor Sie sich vertraglich binden. Auch hier gilt, erst einmal die Gesetzesänderung abzuwarten.
- Notieren oder fotografieren Sie auf jeden Fall den Zählerstand des Einspeisezählers zum 31.12.2020
Weitere Informationen für Anlagenbetreiber
Bündnis Bürgerenergie: www.buendnis-buergerenergie.de/fileadmin/user_upload/BBEn_Wirtschaftlich_und_oekologisch_sinnvoller_Weiterbetrieb_von_UE20-Anlagen.pdf
DGS: www.dgs.de/news/en-detail/240420-ue20-pv-anlagen-rechnet-sich-der-weiterbetrieb/ sowie www.pvlotse.de
Solarenergie-Förderverein Deutschland: www.sfv.de/artikel/eeg-novelle_2021_wie_soll_es_mit_ue20-anlagen_weitergehen
Verbraucherzentrale NRW: www.verbraucherzentrale.nrw/pv-nach-20-jahren
Kontakte für Verbraucher/Anlagenbetreiber
Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie: weiterbetrieb@dgs.de
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV): zentrale@sfv.de
Verbraucherzentrale Nordrhein Westfalen:
www.verbraucherzentrale.nrw/kontakt-nrw
EnergieAgentur.NRW: weiterbetrieb@energieagentur.nrw
Ansprechpartner für Medien
Bündnis Bürgerenergie: gunnar.harms@buendnis-buergerenergie.de
Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS)
Ansprechpartner für das Hinweispapier: Jörg Sutter, sutter@dgs.de
Kontakt für Medien: Matthias Hüttmann, presse@dgs.de
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV): Susanne Jung, jung@sfv.de
Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: Thomas Seltmann, thomas.seltmann@verbraucherzentrale.nrw
EnergieAgentur.NRW: Lisa Conrads, conrads@energieagentur.nrw
Die EnergieAgentur.NRW wird finanziell getragen von der Europäischen Union und vom NRW-Wirtschaftsministerium.