Mit den richtigen Methoden und Instrumenten zum Erfolg: Führung ist heute in weiten Bereichen das Schaffen von Freiräumen und Bedingungen für die Selbstorganisation der Mitarbeiter geworden. Auch unter den veränderten Anforderungen haben Führungskräfte jedoch weiterhin vier wesentliche Aufgaben zu erfüllen: Sinn zu vermitteln, Orientierung zu geben, Entscheidungen zu treffen (oder zu ermöglichen) und zu kontrollieren.
Jede Führungskraft muss sich angesichts dieser Anforderungen die Frage stellen: Beherrsche ich wirksame Methoden und Instrumente, um diese Aufgaben zu erfüllen? Im Folgenden habe ich drei Bereiche ausgewählt, in denen Führungskräfte herausragende Kompetenzen besitzen sollten.
1. Sinnvolles Besprechungsmanagement
Besprechungen sind für viele Mitarbeiter ein Ärgernis, denn sie rauben häufig wertvolle Zeit. Sie sind in der Regel lang, mühsam, ergebnisarm und schlecht choreografiert. Bereits Fredmund Malik, der St. Gallener Managementberater, empfahl, die Notwendigkeit von Besprechungen erst einmal grundsätzlich in Frage zu stellen und nach Alternativen zu suchen. Wenn Besprechungen dennoch angeraten sind, sollten mindestens folgende Checkpunkte gelten:
– definierte Ziele
– klare Tagesordnung
– Visualisierung des Ablaufs
– erkennbarer Nutzen
– messbare Ergebnisse
Es kann außerdem zu erstaunlichen Erkenntnissen führen, wenn in einer jährlichen Bestandsaufnahme die Arten und die Ergebnisse der Meetings aufschlüsselt und Anzahl und insgesamt aufgewendete Zeit vor Augen geführt werden. Fragen Sie strukturiert alle Beteiligten und listen Sie zudem auf, welche Alternativen sich anbieten könnten. Alleine das Bewusstsein, welchen Nutzen eine Besprechung angesichts des dann ermittelten Aufwands bringen müsste, kann aufrüttelnd sein.
Sorgen Sie weiterhin dafür, dass nur derjenige Manager eine Besprechung moderieren oder leiten darf, der auch die wesentlichen Methoden dazu beherrscht – hier laufen die jüngeren den älteren Mitarbeitern übrigens längst den Rang ab. Sorgen Sie mittelfristig durch verpflichtende Trainings dafür, dass die entsprechende Methodenkompetenz in Ihrem Unternehmen flächendeckend vorhanden ist.
Eine weiterere Idee: vielleicht sollten wir Besprechungen grundsätzlich mit einer Schweigeminute beginnen. Jeder Sportler wird bestätigen, dass vor einer Höchstleistung erst die Sammlung und Konzentration steht, um dann die volle Kraft gezielt einsetzen zu können.
Abschließend ist es mein Vorschlag, regelmäßig eine Art Müllabfuhr für überflüssige Informationen durchzuführen, nicht nur im Kontext von Besprechungen. Überlegen Sie gezielt: wo erzeugen wir Info-Müll? Welche unnötigen Verteiler bestehen (zum Beispiel für E-Mails)? Was muss wirklich dokumentiert oder protokolliert werden? Schaffen Sie sich und den Mitarbeitern Freiräume.
2. Einfache Orientierungs- und Zielsysteme
Ziele sollen einen Orientierungsrahmen schaffen. Sie sollen ermöglichen, dass gemeinsam an den richtigen Stellen wirksam gearbeitet wird. Zielsysteme wie Management by Objectives – also Führen über Ziele – haben im Management insbesondere großer Organisationen eine lange Tradition und fördern nicht selten bürokratische Auswüchse. In den vergangenen Jahren haben auch Organisationen wie Kommunalverwaltungen oder regionale Energieversorger Zielvereinbarungen (wieder-)entdeckt und verknüpfen sie mit Leistungsentgeltsystemen. Wie zuvor in der Industrie, so zeigt sich auch in den öffentlichen Unternehmen, dass solche Ansätze häufig an ihrer Komplexität ersticken und die angestrebten Zwecke der Kontrolle und Orientierung nicht angemessen erfüllen – ja unter Umständen sogar leistungshemmend wirken. Bereits der Versuch, Einzel- und Teamziele in einem gemeinsamen Instrumentarium zusammenzufassen, überfordert viele Organisationen sowohl im privaten als auch im öffentlichen Bereich. Mein Plädoyer: Bilden Sie eine „Guerilla-Gruppe“ quer durch die Hierarchien, um das Zielsystem auf Tauglichkeit zu überprüfen. Bei Nicht-Tauglichkeit sollten stattdessen einfache Systeme geschaffen werden, die die Selbstorganisation der Mitarbeiter fördern. Zudem sollte überprüft werden, ob die Koppelung der Vergütung an die Zielerfüllung in den jeweiligen Bereichen und Mitarbeitergruppen tatsächlich wirksam ist. Weiterhin ist angeraten, unter breiter Beteiligung möglichst jährlich operative Zielsetzungen des Unternehmens gemeinsam zu entwickeln und ebenfalls gemeinsam die Erfüllung der Ziele partizipativ zu kontrollieren. Neuere Konzepte empfehlen übrigens die Bildung unternehmerischer „Zellen“ innerhalb der Organisation, die sich unterhalb der Unternehmensziele eigene Orientierungsrahmen für die Selbststeuerung setzen.
3. Formate für gemeinsames Lernen – nicht nur in Krisen
Der Regelfall bei der Krisenintervention in Unternehmen ist in meinen Augen, dass nach vermeintlicher Behebung der Störung der Fall zu den Akten gelegt wird –aus den Augen, aus dem Sinn. Meistens werden vordergründige Ursachen gefunden, die zur Störung geführt haben sollen. Das greift nicht selten zu kurz, denn viele Krisen unterliegen einem ganzen Bündel miteinander verknüpfter Wirkungsfaktoren, die in ihren Zusammenhängen erkannt werden müssen.
Hier sind neben angemessenen Methoden vor allem andere Haltungen in den Unternehmen gefragt. Zentrale Fragen sind: Wie lernen wir in unserer Organisation? Wie fördern wir ganzheitliches Denken und Handeln? Welche nützlichen inneren Haltungen müssen wir pflegen und entwickeln? Wie kommt unsere Leidenschaft und unser Engagement am besten zum Ausdruck?
Die jährliche Strategiekonferenz wird vermutlich nicht ausreichen, um das Lernen in der Organisation anzukurbeln. Eine „Lernende Organisation“ erschafft sich wirksame Rituale der individuellen sowie der gemeinsamen Reflexion und der Analyse behindernder Denk- und Verhaltensmuster.
Positive Beispiele für innovative Formate der Kommunikation und des gemeinsamen Lernens gibt es seit Jahren in großer Zahl: Als Pionier vor allem für Großgruppen-Verfahren ist in Deutschland Matthias zur Bonsen zu nennen. Entscheidend ist, dass die Vergangenheit würdigend reflektiert wird, dass die individuellen und die gemeinsamen Zukunftsperspektiven zur Sprache kommen und dass dies in einem Rahmen stattfindet, der Selbstorganisation und eigenverantwortliches Lernen ermöglicht. Hervorragende Methoden sind gemeinsame Simulationen, Planspiele sowie auch Großgruppenmethoden in der Art von open space oder World-Cafe-Meetings.
Diese Formen der Partizipation und der Organisationsentwicklung sind für innovative Projekte ebenso wie für das wirksame Lernen aus Krisen förderlich. Entscheidend ist, dass – häufig mit externer Unterstützung – interne Methodenkompetenz aufgebaut und zur Anwendung gebracht wird, damit solche Haltungen, Methoden und Instrumente Teil der „DNA“ des Unternehmens werden. Dann wird auch das plakative Schwätzen über „Fehlerkultur“ überflüssig und es entsteht eine Unternehmenskultur, die den Irrtum nach dem Versuch nicht bestraft.
Fazit
Führung ist auch Handwerk – und Führungskräfte müssen ihr Handwerkszeug beherrschen. Da Sinnvermittlung, Orientierung, Entscheidung und Kontrolle die wesentlichen Bestandteile von Menschenführung in Unternehmen sind, müssen wir sinnvolle Besprechungen ermöglichen, Zielsysteme entschlacken und wieder zweckdienlich machen sowie eine echte Lernkultur entwickeln. Wir müssen das Lernen gemeinsam lernen.
Der Autor
Burkhard Bensmann, Jahrgang 1959, Dr. phil., selbstständiger Organisationsberater und Coach für Führungskräfte und Autor mit Basis Osnabrück. Bensmann setzt in der Begleitung von Organisationen und Führungskräften auf Vertrauen, Wirksamkeit und Nachhaltigkeit. In den über fünfundzwanzig Jahren seiner freiberuflichen Beratertätigkeit begleitete er Unternehmen insbesondere in Veränderungsprozessen.
Seit 1990 Lehrtätigkeit an Hochschulen. Im Dezember 2010 wurde er zum Honorarprofessor für Kommunikation und Organisationsentwicklung an der Hochschule Osnabrück berufen.
Seit 2008 führt er eine Interviewreihe mit Führungskräften zum Thema Selbstführung durch, bisher wurden über neunzig Gespräche geführt. Als Zwischenergebnisse legte er zwei Fachbücher vor.
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