Gabriele Hiltl (Agentur für Arbeit Bielefeld) befragt Tetje Pattloch zu ihrer Berufswahl als Malerin und Lackiererin. (Foto: Agentur für Arbeit Bielefeld)
Gabriele Hiltl (Agentur für Arbeit Bielefeld) befragt Tetje Pattloch zu ihrer Berufswahl als Malerin und Lackiererin. (Foto: Agentur für Arbeit Bielefeld)

Neues ausprobieren – einfach machen! – Interview mit Tetje Pattloch

Bielefeld. Im Rahmen des Girls´Day am 26. April 2018, dem bundesweiten Mädchen – Zukunftstag lernen junge Mädchen MINT – Berufe vor Ort in den Unternehmen oder auch öffentlichen Einrichtungen kennen. Die Agentur für Arbeit unterstützt den Girls´Day mit einer medialen interaktiven Ausstellung „neues ausprobieren“ des Kompetenzzentrums Technik, Diversity, Chancengleichheit. Diese Ausstellung kann noch bis zum 2. Mai kostenlos im Berufsinformationszentrum besucht werden. Frau Tetje Pattloch stand als Role-Model dem Kompetenzzentrum für die Ausstellung zur Verfügung und ist ausgebildete Malerin und Lackiererin.

Mit Unterstützung ihres Smartphones können die Wege verschiedener junger Frauen, die eine Ausbildung oder ein Studium im MINT – Bereich absolviert haben, nachvollzogen werden. Die Ausstellung soll sensibilisieren und Mut machen, bei der Berufswahl neue Perspektiven zu entdecken und zukunftsorientierte Berufe im MINT – Bereich kennenzulernen.

Tetje Pattloch stand als Role-Model zur Verfügung. Sie übt diesen Beruf bis heute mit großer Begeisterung aus. Im Interview mit Gabriele Hiltl, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt bei der Arbeitsagentur Bielefeld, erzählt Tetje Pattloch, wie Sie zu ihrer beruflichen Entscheidung gekommen ist.

Im Interview: Die 29-jährige Malerin und Lackiererin Tetje Pattloch

„Ich stehe morgens auf und freue mich auf meinen Arbeitstag als Malerin“,

Tetje Pattloch (Malerin, 29 Jahre)
Hiltl: War von Anfang an Ihr Wunschberuf die Malerin?
Pattloch: „Eigentlich wollte ich mal Gestalterin für visuelles Marketing werden. Die von den Betrieben gewünschte schulische Qualifikation dafür hatte ich aber nicht. Da musste ich umdenken. Schon in der Schule lag mir das Handwerkliche und Kreative. So bin ich auf die Idee gekommen, mich auf Ausbildungsstellen als Dekorateurin, Malerin und Tischlerin zu bewerben. Ich habe mich dann spontan und initiativ bei Malerbetrieben beworben.“

Hiltl: Eine Ihrer Bewerbungen war dann offensichtlich erfolgreich?
Pattloch: „Genau! Gleich der erste Betrieb hatte mich zu einer dreitägigen Probearbeit eingeladen. Das lief ganz gut und ich bekam die Zusage. Vor Beginn meiner Ausbildung hatte ich schon etwas Sorge, dass ich die Ausbildung nicht schaffen könnte. Aber es klappte alles gut und die Ausbildung hat echt viel Spaß gemacht. Im Sommer 2010 hatte ich nach drei Jahren Ausbildung meinen Gesellenbrief in der Tasche.“

Hiltl: Warum hatten Sie vor Ausbildungsstart Sorgen?
Pattloch: „Weil es ein doch recht körperlicher Beruf ist – und das als Frau. Aber dann hatte ich die ganzen Arbeitsgeräte kennengelernt, zum Beispiel Seilwinden. Die nehmen einem die schwere Arbeit ab. Wenn dann doch etwas Schweres zu tragen war, wurde es im Team, also mit den Kollegen zusammen, erledigt. Von meinem Ausbilder und auch den männlichen Kollegen war ich voll akzeptiert. Mein echtes Interesse und die Neugier an dem Handwerk hat die Männer überzeugt.“

Hiltl: Wie ging es nach der Ausbildung für Sie weiter?
Pattloch: „Mein Ausbildungsbetrieb hatte mich für kurze Zeit übernommen und musste mich witterungsbedingt zum Winter entlassen. Ich wollte so kurz wie möglich arbeitslos sein und arbeitete übergangsweise in der Produktion eines Möbelzulieferers. Daraus wurden dann drei Jahre. Danach bekam ich meine beiden Kinder und ich war drei Jahre in Elternzeit. Diese intensive Zeit mit meinen Kindern habe ich genossen, wollte aber auch wieder erwerbstätig sein. Seit gut einem Jahr bin ich wieder berufstätig.“

Hiltl: Aber Sie sind wieder als Malerin berufstätig?
Pattloch: „Ja. Die Zeit als Produktionsmitarbeiterin war mit viel Routine und wenig Abwechslung verbunden. Da wurde mir klar, wie sehr ich doch meinen Beruf als Malerin vermisse. Mir fehlten die Kontakte zu den Kunden und die morgendliche Planung der Arbeit. Jeder Auftrag im Malerbetrieb war individuell und musste aufs Neue geplant und vorgedacht werden. Ich arbeite jetzt wieder als Malerin in einem tollen Team von Kollegen.“

Hiltl: Sie sind Mutter von zwei Kindern. War es schwierig wieder als Malerin einzusteigen?
Pattloch: „Stellenausschreibungen von Malerbetrieben gab es genug. Aber ich bekam Absagen, da ich bis 15 Uhr nur arbeiten kann um dann meine Kinder aus der KiTa abzuholen. Nach ein paar erfolglosen Bewerbungen traf ich auf das „Malerteam Bielefeld“. Die beiden Inhaberinnen konnten für mich die Teilzeitbeschäftigung organisieren, da viele der Arbeiten bei den Kunden vor Ort im Team erledigt werden. Das kann ich problemlos mit meiner Familiensituation verbinden, ohne dass ich die Baustelle „herrenlos“ zurücklasse.“

Hiltl: Was sagen eigentlich Ihre Familie, Freunde und auch die Kunden dazu, dass Sie Malerin sind?
Pattloch: „Meine Eltern wollten immer, dass ich einen Beruf lerne, der mir Spaß bereitet. Sie haben mir in die Berufswahl nicht reingeredet. Meine jüngere Schwester hat sich sogar auch für eine Ausbildung zur Malerin entschieden. Wir sind beide handwerklich interessiert. Heute schreibt sie als Autorin ihre eigenen Bücher. Die Kunden erwarten eigentlich immer einen Mann und sind positiv überrascht, wenn ich vor der Haustür stehe. Ich merke, wie gerade weibliche Kunden, schon eher auf mich zukommen und mal etwas Handwerkliches von Frau zu Frau nachfragen. Das sind echt tolle Beratungen und die Kundinnen sind zufrieden. Daher liebe ich meinen Job, stehe morgens auf und gehe sehr gern zu meiner Arbeit.“

Hiltl: Haben Sie eine Botschaft an junge Mädchen, die sich noch in der Berufswahl befinden?
Pattloch: „Mach´s einfach! Lebe deinen Traum, spring über deine Ängste und Schatten. Setz dich dafür ein, wofür dein Herz pocht. Wenn du dir unsicher bist, mach in dem Beruf ein Ferienpraktikum. MINT-Berufe können genauso erfüllend sein, wie andere Berufe. Ich finde, Männer und Frauen können in jedem Beruf gut zusammenarbeiten.“

www.arbeitsagentur.de

Veröffentlicht von

Sascha Brinkdöpke

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