Durch Steuerreformen in den USA und in vielen europäischen Ländern steht Deutschland in Bezug auf die steuerlichen Rahmenbedingungen unter erheblichem Wettbewerbsdruck. Bei der Steuerbelastung der Unternehmen belegt Deutschland weltweit inzwischen einen Spitzenplatz unter den Industrienationen. Nach Berechnungen der OECD1und des ZEW2 gilt dies sowohl für die nominale als auch die effektive Steuerbelastung der Unternehmen.
Zudem hat sich die Konjunktur in Deutschland merklich abgekühlt und der langjährige Aufschwung ist zu Ende. Die deutschen Unternehmen sind nicht nur mit den instabilen internationalen Rahmenbedingungen, sondern auch mit branchenspezifischen Transformationsprozessen konfrontiert. Auch wenn die moderaten Wachstumsraten des BIP zu einem verlangsamten An-stieg der staatlichen Steuereinnahmen führen, sind die öffentlichen Haushalte solide finanziert. Spielräume für Steuerentlastungen sind vorhanden.
Die Bundesregierung muss handeln und bei den Unternehmensteuern endlich nachbessern, um die deutsche Wirtschaft nachhaltig zu stärken und um damit Beschäftigung und Steuereinnahmen auch in der Zukunft zu sichern. Abwarten, bis sich die Konjunkturflaute fiskalisch bemerkbar macht und ein Aufschieben in die nächste Legislaturperiode kann sich Deutschland nicht leisten.
Ziel muss ein international wettbewerbsfähiges Steuerbelastungsniveau aller in Deutschland tätigen Unternehmen von maximal 25 Prozent auf Ebene der Gesellschaft sein. Damit wird die Steuerbelastung der Unternehmen auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau zurückgeführt (OECD-Durchschnitt). Flankierend sind strukturelle Reformen des Unternehmensteuerrechts notwendig, um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken.
Maßnahmen für eine wettbewerbsfähige Steuerbelastung der Unternehmen in Deutschland:
1. Solidaritätszuschlag für alle Steuerpflichtigen verfassungskonform abschaffen, so dass alle juristischen und natürlichen Personen vollständig entlastet werden.
2. Einbehaltene Gewinne von Personengesellschaften praxisgerecht besteuern (§ 34a EStG) und Option zu einer Besteuerung als Kapitalgesellschaft einführen.
3. Steuerliche Hürden für Kapitalgesellschaften im Körperschafts- und Umwandlungssteuerrecht abbauen und notwendige Umstrukturierungen erleichtern.
4. Anrechnung der Gewerbesteuer bei der Einkommensteuer verbessern und Teilanrechnung bei der Körperschaftsteuer einführen, neben einem Abbau der ertragsunabhängigen Hinzu-rechnung von Zinsen, Mieten, Pachten, Lizenzen und Leasingraten.
5. Benachteiligung von Investitionen deutscher Unternehmen im Ausland durch eine Reform des Außensteuergesetzes beseitigen, einschließlich Absenkung der Niedrigsteuersatzgrenze.
6. Verzinsung von Steuernachzahlungen (§ 233a AO) an das Niedrigzinsumfeld anpassen und entsprechende Neuregelung des Zinssatzes zur steuerlichen Bewertung von Betriebsrenten-verpflichtungen (§ 6a EStG).
7. Abschreibungsbedingungen verbessern, insbesondere für digitale Investitionsgüter.
8. Globale Neuverteilung der Besteuerung von Unternehmensgewinnen und weltweite Mindest-besteuerung so ausgestalten, dass für deutsche Unternehmen keine Doppelbesteuerung von Gewinnen und kein zusätzlicher hoher Compliance-Aufwand entsteht. Weiterhin muss beachtet werden, dass dies nicht dazu führen darf, dass deutsches Steuersubstrat ins Ausland ab-wandert und damit der Standort Deutschland geschädigt wird.
9. Möglichkeiten der Digitalisierung in den Besteuerungsverfahren zur Beschleunigung und Erleichterung von Verfahrensabläufen stärker nutzen.
Berlin, November 2019