Smart Contracts sind Verträge, die sich selbst und ohne menschliche Beteiligung erfüllen. Das hört sich ein bisschen so an, als befände man sich in einem Science-Fiction-Film, gehört aber schon länger zur Realität des Alltags. Fast jeder ist schon damit in Berührung gekommen, meist ohne es zu merken.
So sind Smart Contracts involviert, wenn am Geldautomaten Bargeld ausgezahlt wird. Auch die Finanz-, die Versicherungsbranche und Logistikbetriebe verlassen sich zunehmend auf die intelligenten Verträge, die auf der Blockchain-Technologie basieren.
Was wird unter einem Smart Contract verstanden?
Die Idee für Smart Contracts stammt aus dem letzten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts. Damals befand sich die Digitalisierung allerdings noch in den Startblöcken und die damit verbundenen Möglichkeiten von intelligenten Verträgen wurden noch nicht wahrgenommen. Erst seit Kurzem wird das riesige Potenzial erkannt und Investoren stellen Milliardenbeträge bereit, um die Technologie voranzutreiben.
Im Prinzip geht es bei Smart Contracts darum, Verträge schon in einer geläufigen Programmiersprache zu formulieren. Dann muss sich keiner der Vertragsparteien nachträglich darum kümmern, dass die Vertragsbedingungen eingehalten werden. Dafür ist einzig und allein der Code verantwortlich. Es gilt somit das Prinzip “Code is law”.
Wie funktionieren Smart Contracts?
Korrekt implementierte, intelligente Verträge werden mit denselben Informationen ausgestattet wie herkömmliche Verträge. Die Inhalte werden dabei direkt in den Programmcode geschrieben und auf einer Blockchain gespeichert. Das dahinterliegende Prinzip basiert auf der Wenn-Dann-Funktion.
Dies lässt sich an einem einfachen Beispiel aufzeigen: Wenn ein Kunde die notwendige Anzahl von Münzen in einen Zigarettenautomaten wirft, dann erhält er in der Regel eine Schachtel mit dem gewünschten Produkt. Ein etwas aufwändigeres Exempel ist der Bankautomat: Wenn die Bankkarte eingeführt ist, die korrekte Geheimzahl eingegeben wird und das Konto über ein ausreichendes Guthaben verfügt, dann steht einer Auszahlung nichts mehr im Wege.
Die Blockchain
Die dezentrale Architektur der Blockchain-Technologie ermöglicht es, dass alle Vertragspartner zeitgleich über den aktuellen Stand informiert sind. Dabei verfügt jeder Teilnehmer über einen persönlichen Zugangscode (Schlüssel) für die Verfügungsrechte. Bisher hat sich die Blockchain vor allem in Verbindung mit Kryptowährungen bewiesen.
Im deutschen Sprachgebrauch beschreibt Blockchain eine Aneinanderreihung von unabhängigen Blöcken, die streng chronologisch angeordnet sind. Jeder Block steht dabei für eine Transaktion. Die entstehende Kette wird nicht in einer Zentrale gespeichert, sondern auf den Rechnern der Vertragspartner abgelegt.
Sind Smart Contracts sicher?
Experten halten die Blockchain-Technologie für absolut sicher. Die dezentrale Organisation, die transparente Aufbereitung der Daten und deren Irreversibilität sorgen für diesen Umstand.
Zudem hat jeder Teilnehmer rund um die Uhr Einsicht auf das Datenmaterial, womit automatisch die Kontrollfunktion gewährleistet wird. Letztlich hat nur der Zugang, der über einen persönlichen Schlüssel verfügt. Im Gegensatz zu Daten, welche auf einem einzigen Server gespeichert werden, haben Cyberkriminelle somit keine Chance, sich in dieses System einzuklinken und Schaden anzurichten.
Rechtliche Aspekte
Smart Contracts bieten sich in vielen Fällen als Lösung an, können bisher allerdings nicht alle Eventualitäten berücksichtigen. Unter Umständen entstehen dadurch Situationen, bei denen es eines Eingreifens Dritter bedarf. So ist vorstellbar, dass ein bestelltes Produkt fehlerhaft ausgeliefert wird. Oder es wurde vom Verkäufer der falsche Artikel in den Versand gegeben. Ein Smart Contract kann diese Abweichungen zwar integrieren. Es bleibt aber abzuwarten, ob alle rechtlichen Aspekte berücksichtigt werden können.
Auch die allgemeinen rechtlichen Rahmenbedingungen können zum Problem werden. Insbesondere gilt das bei vorformulierten Verträgen. In Deutschland regelt das der Paragraf 305 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Dieser Art Verträge unterliegen strengen Auflagen, sodass die Beteiligten sehr genau auf die Ausformulierung des Vertragsinhalts schauen müssen.
Hinzu kommt, dass der ausgerufene Verhaltenskodex “Code is Law” nicht immer mit der Rechtsprechung im Einklang steht. Solange Smart Contracts nicht ins Rechtssystem eingebettet werden, bleiben sie daher nichts weiter als Tools zur automatischen Ausführung von Verträgen.
Vorteile von Smart Contracts
Abgesehen von der erwähnten rechtlichen Problematik weisen Smart Contracts eine ganze Reihe von Vorteilen auf:
Verlässlichkeit
Solange Smart Contracts exakt und fehlerfrei programmiert werden, können Lücken in der Interpretation nahezu gänzlich ausgeschlossen werden. Auch ein Totalverlust ist nicht möglich, sind die notwendigen Dokumente doch auf der Blockchain hinterlegt und dokumentiert.
Dezentralität
Die dezentrale Organisation erlaubt es in der Theorie, dass es bei der Ausarbeitung und der Umsetzung von Smart Contracts keiner dritten Partei wie einen Notar oder eine Bank bedarf. Sofern die rechtlichen Grundsätze korrekt beachtet werden, entscheidet einzig und allein die Einhaltung der Vertragsbedingungen über die Gültigkeit.
Sicherheit
Die kryptografischen Verfahren der Blockchain zur Verschlüsselung tragen dafür Sorge, dass die Vertragsbedingungen nachträglich nicht mehr verändert werden können.
Effizienz
Hierin dürfte der größte Vorteil von Smart Contracts verortet sein. Die Programmierung kann rasch durchgeführt werden. Dagegen beanspruchen herkömmlich ausgearbeitete Vertragswerke einen großen Zeitaufwand, der letztlich vergleichsweise hohe Kosten verursacht.
Nachteile, die mit Smart Contracts einhergehen
Das Smart Contract-Konzept beinhaltet einige Schattenseiten. Auch wenn es viele überzeugt, fehlt es dem Prinzip noch etwas an Reife. So können bei der Programmierung Fehler auftreten. Da die Blockchain nicht mehr geändert werden kann, sind falsch programmierte Verträge nachträglich nicht mehr zu korrigieren.
Die Entwickler sind ein entscheidender Pfeiler bei Smart Contracts. Sie müssen vertrauenswürdig sein. Ansonsten scheint es im Bereich des Möglichen, dass sie versteckte Fallen in den Quellcode einbauen, die später zu horrenden Kosten führen können. Schlussendlich ist bei der Umsetzung eine reibungslos funktionierende Internetverbindung notwendig. Eine solche ist bisher nicht überall auf der Welt Standard.
In welchen Branchen können Smart Contracts angewendet werden?
Die Einsatzbereiche von Smart Contract-Lösungen sind vielfältig. Bisher haben vor allem folgende Branchen positive Praxiserfahrungen sammeln können:
Versicherungen
Mit der automatischen Regulierung von Schadensfällen können Versicherungen direkt eine Menge Kosten einsparen. Maßgebliche Informationen zum jeweiligen Versicherungsfall werden auf der Blockchain deutlich und unumkehrbar gespeichert.
So können z. B. im Falle einer Reiseversicherung die Flugdaten in den Smart Contract integriert werden. Kommt es zu einer Verzögerung oder zu einem Ausfall des Fluges, wird die Entschädigung direkt angewiesen.
Immobilien
Smart Contracts eignen sich zur Ausformulierung von Mietverträgen. Je nach Vereinbarung im Mietvertrag können so Mieten automatisch gesenkt oder angehoben werden.
Finanzbranche
Smart Contracts eignen sich dazu, den Wertpapierhandel zu revolutionieren, indem Aktien automatisch nach festgelegten Parametern ge- oder verkauft werden. Auch die Leasingbranche profitiert inzwischen von der automatischen Verifizierung von Leasinggebühren und Versicherungspolicen.
Lieferketten
Heutige Lieferketten zeichnen sich durch ihre Komplexität aus. Neben den Herstellern und den Konsumenten sind Lieferanten und Zwischenhändler integriert, die alle durch Verträge eingebunden sind.
Smart Contracts erlauben es, dass alle Beteiligten auf einer gemeinsamen Basis zusammenarbeiten. Zudem können die Produkte jederzeit und von jedem Standort aus nachverfolgt werden.