Älteren Menschen praxisnahe Einblicke in moderne Technologien zu geben, die ein selbstbestimmtes Leben im Alter unterstützen – das ist Ziel des Projektes „Auch im Alter digitale Technik und KI erleben und nutzen. (Foto: S.Freitag/HSBI)
Älteren Menschen praxisnahe Einblicke in moderne Technologien zu geben, die ein selbstbestimmtes Leben im Alter unterstützen – das ist Ziel des Projektes „Auch im Alter digitale Technik und KI erleben und nutzen. (Foto: S.Freitag/HSBI)

Videotelefonie, Staubsaugerroboter oder VR-Brille für die Reha:

HSBI-Forschende informieren ältere Menschen zur Nutzung von Technologien

Bielefeld – „Auch im Alter digitale Technik und KI erleben und nutzen“ – das ist der Name eines Kooperationsprojekts der HSBI und der AWO. Sein Ziel: Berührungsängste abbauen und ältere Menschen bei ihrem selbstbestimmten Umgang mit modernen Technologien begleiten.

Konzentriert hebt die ältere Frau ihren Arm, pflückt einen Apfel und legt ihn im Korb ab. Eigentlich eine alltägliche Szene, doch die Frau befindet sich nicht etwa in ihrem heimischen Garten, sondern im Wohncafé des Bielefelder Modells in Schildesche. Apfel und Korb sind virtuell und werden mithilfe einer Virtual-Reality-Brille simuliert. Das Apfelpflücken ist eines von unterschiedlichen Szenarien, die in der Rehabilitation zum Einsatz kommen können – in diesem Fall soll der Bewegungsapparat des Arms und der Schulter trainiert werden.

Ausprobiert werden konnte die VR-Brille bei der Auftaktveranstaltung des Projektes „Auch im Alter digitale Technik und KI erleben und nutzen“, einem Kooperationsprojekt zwischen der Hochschule Bielefeld (HSBI), des AWO-Kreisverbands Bielefeld e.V. und dem Bürgerforum Schildesche. Das zweijährige Projekt wird durch den Teilhabefonds der Stadt Bielefeld finanziert und mit Unterstützung der Wohnberatung der Stadt Bielefeld und der Bielefelder Wohnungsgesellschaft BGW realisiert. Ziel des Projekts ist es, älteren Menschen praxisnahe Einblicke in moderne Technologien zu geben, die ein selbstbestimmtes Leben im Alter unterstützen. Das muss natürlich nicht gleich eine VR-Brille sein, sondern fängt bereits bei Videotelefonie, der Nutzung von Sprachassistenten oder der Einrichtung eines Staubsaugerroboters in der eigenen Wohnung an.

Selbstbestimmung, Lebensqualität und Teilhabe – das beginnt bereits bei Videotelefonie
„Nur 4 Prozent der Menschen ab 65 Jahre in Deutschland sind in stationären Einrichtungen untergebracht”, sagt Dr. Bill Pottharst. Er forscht und lehrt an der HSBI zu sozialen und technischen Innovationen für ältere Menschen und begleitet das Kooperationsprojekt. „96 Prozent wohnen bis ins hohe Alter im eigenen Zuhause. Technologien und Digitalisierung können hier einen Beitrag leisten, die Lebenssituation zu verbessern und den Verbleib älterer Menschen in der eigenen Häuslichkeit zu fördern, was dem Wunsch der allermeisten Menschen entspricht. Dabei stehen deren Selbstbestimmung, Lebensqualität und Teilhabe im Vordergrund.”

Doch dafür müssen diese Technologien erst einmal kennengelernt und Berührungsängste abgebaut werden. Bill Pottharst: „Die meisten Fragen der Menschen sind ganz alltäglich: Wie verschicke ich Bilder auf dem Smartphone oder wie funktioniert Videotelefonie?“ Aber auch nach Möglichkeiten zur Erleichterung der Hausarbeit wird immer mehr gefragt – zum Beispiel durch den Einsatz von Fensterputz- oder Mährobotern. Die AWO bietet dafür bereits ein Digitalcafé und Smartphone-Sprechstunden an, bei denen ältere Menschen einander ehrenamtlich im Umgang mit Technik beraten. Ein Angebot, das gut angenommen wird. „Für viele der Teilnehmenden ist es angenehmer, von Gleichaltrigen auf Augenhöhe beraten zu werden“, erläutert Bill Pottharst. „Die wertvolle Zeit, die sie zum Beispiel mit ihren Kindern oder Enkelkindern haben, möchten sie anders verbringen als sich Technik erklären zu lassen.“ Und vielleicht möchte man auch nicht dumm dastehen vor den Jungen.

Bedarfsgerechte Techniklösungen finden
Bill Pottharst berichtet von Freunde und Aufgeschlossenheit der Teilnehmenden gegenüber den „neuen“ Technologien. Aber natürlich werden bei den Treffen auch Ängste und Sorgen besprochen. Nicht jede Lösung ist für jede Person geeignet. „Wenn jemand die Stufen zur Wohnungstür noch gehen kann, ist das toll!“, berichtet Pottharst. „Aber wir wollen gern frühzeitig informieren, welche Unterstützungsangebote es gibt, damit die Menschen gut beraten sind, wenn es soweit ist und sie sich beispielsweise doch für einen Treppenlift entscheiden.“ Viele Menschen sei gar nicht bewusst, welche Hilfsmittel es überhabt gäbe – auch diese Wissenslücke will das Projekt in Kooperation mit der Wohnberatung schließen.

Bei der Auftaktveranstaltung im Wohncafé in Schildesche konnten sich die Teilnehmenden über die vorgestellten Technologien informieren und ihre Fragen und Anliegen einbringen. All diese Erfahrungen und Rückmeldungen fließen in die Forschung von Pottharst und seinem Team ein, um den tatsächlichen Bedarf von Menschen zu ermitteln. Große Skepsis zeigte sich zum Beispiel bei Wärmebildkameras im Badezimmer, die bei Stürzen alarmieren sollen. „Das ist für viele Menschen ein zu großer Eingriff in die Privatsphäre“, erklärt Pottharst. Der Fokus werde daher eher auf andere Techniken gelegt, etwa Notrufsysteme, Überflutungssensoren, oder Bewegungsmelder für die richtige Beleuchtung.

Veranstaltungsreihe wird fortgesetzt
Das Treffen wird als Reihe fortgesetzt. Dabei sollen auch vertiefende Informationsveranstaltungen zu speziellen Technologien angeboten werden, die sorgfältig an den individuellen Bedürfnissen ausgerichtet sind. Im weiteren Verlauf wird auch die Möglichkeit bestehen, einzelne Geräte in der Häuslichkeit auszuprobieren, um diese beispielsweise vor einem Kauf zu testen. Die Veranstaltung in Schildesche fand im Rahmen der Eingeloggt! Bielefeld-Woche statt, in der Initiativen und Organisationen kostenlose Workshops und Veranstaltungen rund um die Möglichkeiten der Digitalisierung für Menschen ab 50 anbieten.

www.hsbi.de

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WIR Redaktion

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