Niels Morgenstern (Foto: Fotostudio Wiegel)
Niels Morgenstern (Foto: Fotostudio Wiegel)

Jahresendspurt im Unternehmen: Was gibt’s zu tun

Zum Jahresende müssen Unternehmer an kommende Fristen denken / Spielraum zur Gewinnmaximierung nutzen / Neue Gesetze im Blick haben

Münster – Mit Beginn des vierten Quartals steht auch das Jahresende vor der Tür. Für Unternehmer und Unternehmerinnen heißt das: einen „Rundumblick“ schweifen lassen und sowohl das vergangene als auch das kommende Jahr betrachten. Ob es um Investitionen, Rechnungen, neue Gesetze oder Abgabefristen geht – am Jahresende bündeln sich die Aufgaben. „Insbesondere im Bereich Nachhaltigkeit mit den erweiterten Berichtspflichten und der Reform des Personengesellschaftsrechts wird das neue Jahr herausfordernd“, sagt Niels Morgenstern, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater der Münsteraner Gesellschaft HLB Schumacher.

Und: „Aus steuerlicher Sicht können Unternehmer gerade zum Jahresende mit kleinen Handgriffen noch einiges bewegen, um ihre Steuerlast zu mindern“, weiß Morgenstern. Eine kurze Bestandsaufnahme 2023 eröffne hierbei in der Regel noch Möglichkeiten. Zudem können Unternehmen noch bis zum 10. Dezember 2023 bei nachweislich geringeren Einkünften die nachträgliche Herabsetzung von Steuervorauszahlungen für 2023 beantragen.

Was jetzt wissenswert ist:

Wachstumschancengesetz noch nicht verabschiedet

Das viel diskutierte „Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness“ – kurz „Wachstumschancengesetz“ – ist noch im Entwurf und noch nicht verabschiedet. Es sind viele bedeutsame Änderungen in verschiedenen Steuergesetzen enthalten, die Investitionen fördern und damit Wachstumsimpulse für die Wirtschaft setzen sollen. So sollen diverse Freibeträge, Freigrenzen und Schwellenwerte angehoben werden und durch Sonderabschreibungen und Wiedereinführung der degressiven Abschreibung Investitionen schneller steuerlich abzugsfähig geltend gemacht werden können. Die Änderungen werden ab dem Veranlagungszeitraum 2024 wirksam. 

Modernisierung des Personengesellschaftsrechts

Die Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) tritt ohne Übergangsregelungen zum 1. Januar 2024 in Kraft. Umfassend reformiert wird das Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Erstmals gesetzlich normiert wird die Rechtsfähigkeit einer GbR. Eine wesentliche und für die Praxis bedeutsame Neuerung ist zudem die Einführung des sogenannten Gesellschaftsregisters. Insbesondere für die weit verbreiteten Grundstücks-GbRs ist das Register von großer Bedeutung, da ab 2024 sowohl der Erwerb als auch die Veräußerung von Grundstücken die Eintragung der GbR im Gesellschaftsregister („eGbR“) voraussetzt.  Durch das MoPeG werden die gesetzlichen Regelungen zur Gewinnverteilung bei Personengesellschaften geändert und führen dazu, dass jeder Gesellschafter aufgrund eines festgestellten Jahresabschlusses einen Zahlungsanspruch in Höhe des auf ihn entfallenden Jahresgewinns hat. Es ist zu empfehlen, die Regelungen zur Gewinnverteilung im Gesellschaftsvertrag zu prüfen, um ungewollte Verschiebungen der Stimmrechte und der Anteile am Gewinn und Verlust zu verhindern.

Anhebung Schwellenwerte für Größenklassen

Bereits ab dem 1. Januar 2024 sollen höhere Schwellenwerte u.a. für die Größenklassifizierung von Unternehmen gelten. Die Schwellenwerte für die Einstufung der Größenklasse sollen nach einem Vorschlag der Europäischen Kommission um mindestens 20 Prozent angehoben werden. Insbesondere für die Nachhaltigkeitsberichterstattung hat dies Auswirkungen: Viele Unternehmen, die bislang als „große Kapitalgesellschaften“ ab 2025 ihren Geschäftsbericht um eine Nachhaltigkeitsberichterstattung ergänzen müssten, werden hiervon als nun mittelgroße Kapitalgesellschaften zumindest für das Geschäftsjahr 2025 wieder befreit. Auch für andere Vorgehen und Vorschriften, die sich nach der Größenklasse des jeweiligen Unternehmens richten, hat diese Änderung Relevanz.

Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD

Große kapitalmarktorientierte Unternehmen, die bereits in der Vergangenheit einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen mussten, müssen ab dem 1. Januar 2024 die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) beachten und einen Nachhaltigkeitsbericht nach dem einheitlichen Rahmenwerk der European Reporting Sustainabaility Standards (ESRS) aufstellen. Der Nachhaltigkeitsbericht nach CSRD ist Bestandteil des Geschäfts- bzw. Lageberichts und unterliegt zwingend einer externen Prüfung (limited assurance). Ab dem Berichtsjahr 2025 sind zusätzlich große Unternehmen ohne Kapitalmarktorientierung zur Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts verpflichtet. 

Lieferketten im Fokus

Ab 2024 gilt das „Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten“ (LkSG) auch für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden in Deutschland (bisher: 3.000). Die betroffenen Unternehmen müssen entlang ihrer Lieferketten auf die Einhaltung der Menschenrechte achten, auch im Ausland. Konkret geht es um Kinderarbeit, Arten der Sklaverei, Arbeitsschutz, aber auch um umweltschützende Maßnahmen gegen Boden- und Gewässerverunreinigungen. Unter anderem ist eine Risikoanalyse durchzuführen sowie ein Risikomanagement und ein Beschwerdemechanismus zu installieren.

Schlussabrechnung der Coronahilfen

Die Frist zum Einreichen der Coronahilfen-Schlussabrechnung läuft bereits zum 31. Oktober 2023 ab. Nur wer innerhalb dieser Frist einen Antrag auf Verlängerung stellt, kann noch Zeit bis zum 31. März 2024 gewinnen. Da die Anträge für die verschiedenen Hilfen häufig auf Basis von Umsatzprognosen und erwarteten Kosten gestellt wurden, müssen die tatsächlichen Zahlen in der Schlussabrechnung über einen sogenannten prüfenden Dritten (Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, etc.) eingereicht werden

Einführung Hinweisgebersystem

Mit dem Hinweisgeberschutzgesetz wird eine gesetzliche Verpflichtung zur Einführung eines Hinweisgeberverfahrens (sogenannte „interne Meldestelle“) für kleinere Arbeitgeber mit mehr als 50 und bis zu 249 Mitarbeitenden ab dem 17. Dezember 2023 Pflicht. Für mittelständische Unternehmen stellt sich die Frage, ob es bei der zu erwartenden geringen Anzahl von Hinweisen sinnvoll ist, eine interne Person mit der Bearbeitung zu beauftragen und diese Person entsprechend zu qualifizieren, oder ob es effizienter wäre, eine erfahrene externe Ombudsperson mit der Bearbeitung von eingehenden Hinweisen zu beauftragen.

Diese im kommenden Jahr anstehenden Fristen sollten Unternehmer:innen frühzeitig im Blick haben, um zum Jahresbeginn gut vorbereitet zu sein, denn zum Teil sind aufwändige Vorbereitungen nötig. „Grundsätzlich lohnt es sich im letzten Quartal des Jahres für die meisten Unternehmen auch, rechtzeitig einen gründlichen Blick auf die aktuelle Finanzsituation und auf die Pläne fürs nächste Jahr zu werfen. In den meisten Fällen findet man gemeinsam mit seinem Berater einige gestalterische Möglichkeiten“, sagt Morgenstern.

Infokasten:

Tipps zum Jahresende:

Durch geschickte Maßnahmen können Unternehmen im vierten Quartal noch Einfluss auf ihre Jahresbilanz nehmen und so beispielsweise ihre Steuerlast optimieren oder eine bessere Grundlage für benötigte Finanzierungen im kommenden Jahr schaffen.

  1. Wirtschaftsgüter clever abschreiben

Der Wertverlust von Maschinen, Geschäftsausstattung und Fahrzeugen, die zum Betriebsvermögen gehören, zählt grundsätzlich über die Absetzung für Abnutzung (AfA) steuerlich als Betriebsausgabe. Hier gibt es einigen Gestaltungsspielraum: So gelten Sonderabschreibungen in Höhe von 20 Prozent auch für ein erst im Dezember angeschafftes Wirtschaftsgut, geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) mit einem Anschaffungswert von bis zu 800 Euro können vollständig als Betriebsausgabe geltend gemacht werden, und für verschiedene Hard- und Software liegt die Abschreibungsdauer bei nur einem Jahr. Die Grenze von 800 Euro gilt ebenso für den Ansatz von Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) in der Steuerbilanz.

  1. Betriebsausgaben vollständig geltend machen

Zum Jahresende sollte gründlich geprüft werden, ob alle Betriebsausgaben wirklich in vollem Umfang berücksichtigt sind, denn diese können die Steuerlast erheblich senken. Unter anderem zählen auch Bewirtungskosten, Fachliteratur, Spenden und Geschenke dazu. Es ist zudem ratsam, die Mitarbeitenden rechtzeitig darauf hinzuweisen, offene Belege, die das Unternehmen als Arbeitgeber erstattet, einzureichen: Fahrkosten, Auslagen, Telekommunikation, etc.

  1. Investitionen planen

Je nachdem, ob die Steuerlast gesenkt oder eine möglichst positive Grundlage für anstehende Finanzierungsvorhaben geschaffen werden soll, können geplante Investitionen noch in diesem oder erst im nächsten Jahr umgesetzt werden. Über den Investitionsabzugsbetrag können bis zu 50 Prozent der voraussichtlichen Kosten einer Investition steuerlich geltend gemacht werden, maximal jedoch 200.000 Euro. Voraussetzung: Die Investition muss zu mindestens 90 Prozent betrieblich genutzt werden.

  1. Rechnungsstellung optimieren

Handlungsspielraum können sich Unternehmer und Unternehmerinnen auch beim Thema Rechnungen zunutze machen. So kann es beispielsweise sinnvoll sein, für laufende Projekte eine Zwischen- bzw. Teilrechnung zu stellen oder Rechnungen bis ins kommende Jahr zurückzuhalten, sofern die vertraglichen Grundlagen dieses zulassen. Auch das Begleichen offener Rechnungen kann unter Umständen nach dem Jahreswechsel sinnvoller sein.

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WIR Redaktion

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