BiUH-Präsident Prof. Dr. Jürgen Kretschmann und Kanzlerin Prof. Dr. Guan Naijia vor einem Plakat mit dem Bauvorhaben für den Campus der neuen Hochschule. (Foto: Ziwei Du/BiUH)
BiUH-Präsident Prof. Dr. Jürgen Kretschmann und Kanzlerin Prof. Dr. Guan Naijia vor einem Plakat mit dem Bauvorhaben für den Campus der neuen Hochschule. (Foto: Ziwei Du/BiUH)

Premiere in China: HSBI gründet eigenständige Hochschule auf der Tropeninsel Hainan

Bielefeld / China – Die Hainan Bielefeld University of Applied Sciences (BiUH) ist die erste aus dem Ausland gegründete Hochschule mit eigenständiger Rechtspersönlichkeit in China. Der Lehrbetrieb startet im Wintersemester 2023/2024. Das Konzept des praxisintegrierten Studiums der Hochschule Bielefeld ist Vorbild für die in der BiUH angebotenen Studiengänge. Langfristig werden bis zu 12.000 Studierende hier ihre Bachelor- und Masterstudien absolvieren. Zum Präsidenten der BiUH wurde Prof. Dr. Jürgen Kretschmann ernannt, ehemaliger Präsident der TH Georg Agricola und ausgewiesener China-Kenner.

Das ist ein Paukenschlag in der akademischen Welt: Der Hochschule Bielefeld (HSBI) ist es gelungen, als erste ausländische Institution überhaupt eine eigenständige Hochschule in der Volksrepublik China zu gründen. Die neue Hochschule trägt den Namen Hainan Bielefeld University of Applied Sciences, abgekürzt BiUH, was wie das englische „Be You“ ausgesprochen werden soll. Standort der BiUH ist die große, im äußersten Süden Chinas gelegene Insel Hainan im Südchinesischen Meer.

Bislang hat sich Hainan vor allem als touristisches Ziel einen Namen gemacht. Von sehr großer Bedeutung ist jedoch mittlerweile auch die Wirtschaftsentwicklungszone Yangpu/Danzhou im Norden der Insel. Hier haben sich zahlreiche internationale Investoren aus dem Sektor der Industrie 4.0 angesiedelt – eine Entwicklung, die weiter vorangetrieben werden soll. Der besondere rechtliche Status der Wirtschaftsentwicklungszone bot der HSBI nun die einmalige Chance, als ausländische Akteurin in China eine unabhängige Hochschule zu gründen. Denn: Gemäß dem „Hainan Free Trade Port Law of the People‘s Republic of China“ können Hochschulen aus dem Ausland im Freihandelshafen der Insel unabhängige Bildungseinrichtungen für Ingenieurwissenschaften, Landwirtschaft und Medizin errichten. In allen anderen chinesischen Provinzen dagegen sind ausländische Hochschulprogramme nur in Kooperation und unter Federführung chinesischer Hochschulen möglich. 

Wissenschaftsfreiheit, Zusammenarbeit auf Augenhöhe, Verbesserung der interkulturellen Kompetenzen

Dazu HSBI-Präsidentin Prof. Dr. Ingeborg Schramm-Wölk: „Die HSBI hat wie zahlreiche andere Akteure der deutschen Forschungs- und Wissenschaftslandschaft ein großes Interesse daran, innovative deutsch-chinesische Projekte zum beidseitigen Nutzen zu gestalten. Die Förderung von Mobilität und Kollaboration zwischen der HSBI und der BiUH, die Verbesserung der China-Kompetenz deutscher Studierender und die Steigerung der Deutschland-Kompetenz von jungen Talenten aus China und Südostasien sind wichtige Gründe, die für das vom DAAD geförderte Engagement der HSBI sprechen. Die BiUH wird eine nach dem deutschen Modell der Hochschulen für angewandte Wissenschaften arbeitende, unabhängige Hochschule, in der Wissenschaftsfreiheit großgeschrieben wird und alle Beteiligten auf Augenhöhe, transparent und freundschaftlich zusammenarbeiten.“

Die BiUH startet bereits zum Wintersemester 2023/2024 ihren Lehrbetrieb mit 140 Studierenden in den beiden Bachelorstudiengängen Computer Science und Digital Technologies. Die Bewerberinnen und Bewerber haben die nationale chinesische Hochschulaufnahmeprüfung mit sehr guten Ergebnissen abgeschlossen und kommen aus 12 chinesischen Provinzen. Nach der Startphase bietet die BiUH weitere Studiengänge an, unter anderem Digitale Logistik, Elektrotechnik, International Studies in Management, Maschinenbau, Mechatronik/Automatisierung und Wirtschaftsingenieurwesen.

BiUH-Präsident: Fach- und Führungskräfte für chinesische, deutsche und international tätige Unternehmen

Die Lehre findet nach dem erfolgreichen Prinzip der praxisintegrierten Studiengänge der HSBI statt. Das heißt: Die Studierenden verbringen im Wechsel etwa die Hälfte ihres Studiums an der Hochschule und die andere in kooperierenden Unternehmen, in denen ihre dortigen Tätigkeiten auf die jeweilige Phase im Studium genau abgestimmt sind. Namhafte Unternehmen aus OWL, die in China engagiert sind, haben bereits entsprechende Absichtserklärungen unterschrieben und sind mit den Vorbereitungen beschäftigt, darunter Beckhoff und Weidmüller sowie weitere Akteure aus dem Innovationsnetzwerk it’s OWL. Außerdem ist das Projektteam in engem Kontakt mit weiteren deutschen Unternehmen in China.

Zum Präsidenten der BiUH wurde Prof. Dr. Jürgen Kretschmann ernannt, ehemaliger Präsident der Bochumer Technischen Hochschule Georg Agricola und ausgewiesener China-Kenner. „Es gibt in China ein großes Interesse an einer praxisnahen akademischen Ausbildung, denn die Verantwortlichen dort haben festgestellt, wie erfolgreich dieses Modell in Deutschland ist“, so Kretschmann. „Die Gründung der BiUH nach dem Modell der HSBI zielt darauf ab, deutsche Bildungsressourcen zu mobilisieren, um nach deutschen Bildungsstandards und gemäß den Bedürfnissen chinesischer, deutscher und international tätiger Unternehmen qualifizierte Fach- und Führungskräfte auszubilden.“

Als Kanzlerin und gesetzliche Vertreterin der BiUH in China fungiert Prof. Dr. Guan Naijia. Die Chemikerin war zuletzt Vizepräsidentin der Nankai Universität in Tjanjin und kennt das deutsche Hochschulwesen durch mehrere vom DAAD-geförderte Lehr- und Forschungsaufenthalte in Deutschland. Die BiUH-Kanzlerin arbeitet eng mit dem HSBI-Team rund um Projektkoordinatorin Frauke Dittmann und Judith Peltz, Leiterin des Dezernats Internationales an der HSBI, zusammen, die die Vorbereitungen zur Gründung der Hochschule auf Hainan in den vergangenen Jahren mit großer Energie und Umsicht erfolgreich vorangetrieben haben.

DAAD-Förderung und erhebliche Aufwendungen der Provinzregierung Hainan ermöglichen das Projekt

Von deutscher Seite fördert der DAAD das Projekt zwischen 2021 und 2024 mit 3,5 Millionen Euro aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Programmlinie „Transnationale Bildungsangebote deutscher Hochschulen im Ausland“. Die ganz erheblichen Mittel, die für den Bau der Hochschule in Yangpu erforderlich sind, werden durch die Provinzregierung Hainan bzw. die Stadt Danzhou bereitgestellt. Für die ersten fünf Jahre ist eine mietfreie Nutzung der Hochschuleinrichtungen vereinbart. Ansonsten finanziert sich die BiUH mittel- und langfristig aus den Studiengebühren, die im ersten Jahr 80.000 Yuan RMB (ca. 10.000 Euro) betragen – ein Wert von mittlerer Höhe im Vergleich zu dem, was internationale hochschulische Kooperationsprojekte in China ansonsten an Studiengebühren erheben. Das finanzielle Delta bis zur wirtschaftlichen Selbständigkeit der BiUH wird durch Subventionen der Provinz und der Stadt Danzhou ausgeglichen.

Im Jahr 2034 sollen an der BiUH 12.000 Studierende eingeschrieben sein und hier diverse Bachelor- und auch Masterstudiengänge belegen. Bis die erste Bauphase des eigentlichen Campus der Hochschule in Yangpu zum Wintersemester 2025/2026 abgeschlossen ist, findet die Lehre auf einem Übergangscampus in der „Lingshui Li’an International Education Innovation Pilot Zone“ im Süden von Hainan statt. Für die Hochschulbauten und die notwendige Infrastruktur wie Mensen, Studierendenwohnheime, Sport- und Kultureinrichtungen steht in Yangpu ein 67 Hektar großes Grundstück zur Verfügung. Die Ersterschließungsarbeiten für die Anbindung von Strom, Wasser und Straßen sind bereits abgeschlossen, der eigentliche Bau soll im November dieses Jahres beginnen.

Unterrichtssprache Englisch, Deutsch-Sprachkurse, interkulturelle Trainings

Trägerin der BiUH ist die „Hainan BiKe Education Development Limited Company“ eine sogenannte Wholly Foreign Owned Enterprise (WFOE), die durch das der HSBI gehörende Unternehmen „FH Bielefeld International GmbH“ in Hainan als 100-prozentige Tochter mit beschränkter Haftung gegründet wurde. Höchstes Entscheidungsgremium der BiUH ist ein Kuratorium, das zunächst von der Trägerin berufen und eingesetzt wird. Alle an der BiUH erwirtschaften Mittel werden in die dortige Hochschulentwicklung investiert. Langfristig ist geplant, dass die BiUH als gemeinnützige Bildungseinrichtung Spenden und Zuwendungen von Dritten annehmen kann und Stipendien für Studierende bereitstellt.

Das Lehrkonzept der BiUH mit den in Bielefeld, Minden und Gütersloh so erfolgreichen praxisintegrierten Studiengängen unterscheidet sich grundlegend von den in China vorherrschenden Lehr- und Lerngewohnheiten – und war eines der Hauptargumente der chinesischen Partner dafür, das Projekt mit der HSBI anzugehen. Allgemeine Unterrichtssprache ist Englisch. Darüber hinaus werden Ausbildungsmodule zum Erwerb deutscher Sprachkompetenzen angeboten, welche die chinesischen Studierenden auf einen Studienaufenthalt an der HSBI vorbereiten.

Das Studium an der BiUH startet mit einem Einführungssemester, in dem unter anderem Sprachkurse für Deutsch und Englisch stattfinden und in das wissenschaftliche Arbeiten sowie ins Projektmanagement eingeführt wird. Außerdem werden interkulturelle Trainings angeboten. Aus diesem Grund beträgt die Regelstudienzeit im Gegensatz zum praxisintegrierten Studium an der HSBI an der BiUH nicht sieben, sondern acht Semester.

2025 sollen erste Studierende von Hainan nach Deutschland kommen und umgekehrt

Pro Studierendenkohorte, die 35 Studierende stark ist, sind eine Professur mit Lehrbeauftragten und wissenschaftlichen Mitarbeitern nach dem Standard der HSBI geplant. Hinzu kommt Lehrpersonal für die Fremdsprachenausbildung in Englisch und Deutsch. Das gesamte Lehrpersonal wird international rekrutiert. Die Auswahl der Lehr- und Verwaltungsmitarbeitenden der BiUH orientiert sich an den Kriterien des deutschen Bildungssystems und findet in wettbewerblichen und transparenten Auswahlverfahren unter Berücksichtigung von Gleichstellungs- und Diversitätsaspekten statt. Neben der fachlichen Qualifikation sowie nachgewiesener Lehrerfahrung soll das Personal der BiUH über sehr gute Englischkenntnisse verfügen.

„Durch die neue Hochschule treibt die HSBI ihren Internationalisierungsprozess voran, positioniert sich international als Top-Adresse für duale Studienprogramme, nimmt aktiven Anteil an den Entwicklungsprozessen Hainans als neues Wirtschafts-, Technologie- und Bildungszentrum in China und fördert den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen Studierenden, Lehrenden und Forschenden in beiden Ländern“, resümiert HSBI-Präsidentin Prof. Dr. Ingeborg Schramm-Wölk. „Wir freuen uns darauf, dass bereits 2025 erste Studierende von Hainan nach Deutschland kommen und HSBI-Studierende an der BiUH Auslandserfahrungen sammeln werden.“

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WIR Redaktion

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