Mut machen und über die chronisch-entzündliche Darmerkrankung informieren, ohne dafür trockene Medizinbücher wälzen zu müssen: Dies möchte Julia Sarah Derksen mit ihrem Buch erreichen. (Foto: Julia Sarah Derksen)
Mut machen und über die chronisch-entzündliche Darmerkrankung informieren, ohne dafür trockene Medizinbücher wälzen zu müssen: Dies möchte Julia Sarah Derksen mit ihrem Buch erreichen. (Foto: Julia Sarah Derksen)

Aktuelle Werkschau des Fachbereichs Gestaltung: Lehren und Lernen als Prozess der Veränderung

Bielefeld – Werkschau des Fachbereichs Gestaltung der Hochschule Bielefeld (HSBI) vom 7. bis 9. Juli zeigt 61 Abschlussarbeiten aus Mode, Fotografie, Kommunikationsdesign und Digital Media and Experiment.

Schon das Ausstellungsplakat des Fachbereichs Gestaltung fällt mit seinem konstruktivistischen Grundzug auf. Schließlich wird damit ein Leitgedanke des neuen Corporate Designs der gesamten Hochschule adaptiert – Bewegung. Eine passende Idee, denn Lehren und Lernen als kreativer Prozess der Veränderung prägen den Fachbereich seit jeher. Aktuelle Ergebnisse werden nun wieder in einer Werkschau vorgestellt. Ab Freitag, 7. Juli, sind die Werke von 54 Bachelor- und sieben Masterabsolvent*innen der vier Studienrichtungen „Digital Media and Experiment“, „Mode“, „Kommunikationsdesign“ und „Fotografie und Bildmedien“ in den Räumen des Fachbereichs an der Lampingstraße 3 zu sehen. Die Werkschau ist geöffnet am Freitag, 7. Juli ab 18 Uhr, am Samstag und Sonntag jeweils von 11 bis 17 Uhr bei freiem Eintritt.

Raum und Zeit für Begegnungen

„Das konstruktivistisch anmutende Gestaltungskonzept der Werkschau greift auf abstrakte Art und Weise das Thema eines Begegnungsraums auf“, sagt Dekan Prof. Dirk Fütterer. „Dabei werden Wechselbeziehungen zwischen Subjekt, Objekt, Raum und Zeit kommuniziert.“ Dieser Gedanke zielt auf eine gut gelebte Tradition der Werkschau: Sie schafft Raum und Zeit für Begegnungen und eine Möglichkeit des Kennenlernens und des Austauschs mit Absolvent*innen sowie Lehrenden. Gleichzeitig bietet sie eine Gelegenheit des Wiedersehens mit Ehemaligen und Angehörigen. „Der begleitende Katalog wird analog zur Werkschau zu einem zeitbasierten Medium, welches das ‚Flanieren‘ durch die Seiten dank eines generativen Gestaltungsansatzes zu einem kurzweiligen Erlebnis werden lässt“, erläutert Fütterer.

Dieses generative Momentum hat das Studium in den vergangenen Semestern in ganz neuer Weise geprägt, wie Prodekanin Prof. Patricia Stolz beschreibt. Mit künstlicher Intelligenz (KI), die nun allen Menschen zur Verfügung steht, bedürfe es einer Neubewertung ästhetischer und funktionaler Kategorien der Gestaltung. „Viele Aspekte dazu werden in der Hochschule schon länger diskutiert. Schließlich berühren die technischen Möglichkeiten der KI die Grundlagen des kreativen Schaffens überhaupt: Was ist eine originäre neue Gestaltung? Wo verläuft die Grenze zwischen menschlicher und maschineller Kreation?“ Und schließlich: „Wem gehört eine kreative Idee?“ Etliche Abschlussarbeiten erkunden bereits den Horizont dieser neuen Gestaltungsmöglichkeiten.

Im Folgenden einige Erläuterungen zu ausgewählten Abschlussarbeiten des aktuellen Sommersemesters:

Studienrichtung Digital Media and Experiment: The darkest hour von Alina Lutz (Bachelor-Abschlussarbeit)

„Ich sehne mich nach dem Meeresrauschen, das mich als Kind in den Schlaf gewiegt hat. Ich sehne mich danach, stundenlang auf den Horizont zu blicken und Kirschkerne ins hohe, trockene Gras zu spucken …“ Mit solchen Sehnsuchtsgefühlen spielt Alina Lutz in ihrer Arbeit The Darkest Hour. Ihre Rauminstallation ist ein multisensorisches Erlebnis. Das Werk besteht aus einer audiovisuellen Installation mit drei Komponenten sowie einem begehbaren Holzunterstand mit Vintage-Fernsehern im Inneren. Dieser bildet einen Kontrast zur kalten blauen Atmosphäre einer großen Videoprojektion außerhalb des Gebäudes. Für diese Arbeit reiste Alina Lutz an die bulgarische Schwarzmeerküste. Dort fertigte sie Videos unter anderem mit abendlichen Stadtaufnahmen an sowie Feldaufnahmen und Zeichnungen.

Studienrichtung Mode: Anthropogenic – The drowning ocean von Johanna Heitz (Bachelor-Abschlussarbeit)

Blaues Wasser in Bewegung, das Wachsen vermeintlich starrer Korallen, grün wogende Algenwälder und zwischen Korallen versteckte Meerestiere – gemeinsam bilden sie ein in Balance befindliches Ökosystem. Diese Balance wird aber von Menschen durch Umweltverschmutzung, Klimawandel, Überfischung und weitere Einflüsse gestört. Die Bachelorarbeit Anthropogenic – The drowning ocean macht mit textilen Mitteln auf Missstände aufmerksam: Die Textilien setzen sich auf der einen Seite aus sehr feinem, zartem, fragilem Strick und auf der anderen Seite aus schweren, festen und bedruckten Stoffen zusammen. Sie sind kontrastreich und bilden dennoch eine harmonische Symbiose. Durch das gemeinsame Farbkonzept wird ein Gleichgewicht erschaffen. Inspirationen für die Kollektion waren die ohne technische Hilfsmittel arbeitenden Haenyo-Taucherinnen aus Südkorea, in Geisternetzen gestorbene Meereslebewesen und Korallen.

Studienrichtung Kommunikationsdesign: Ich ging kaputt und fiel vom Stuhl von Julia Sarah Derksen (Bachelor-Abschlussarbeit)

Diagnose: Colitis ulcerosa. Julia Sarah Derksen bekam sie, als sie 14 Jahre alt war. Was das bedeutete? Das wusste sie nicht. Wahrscheinlich ein paar Tage Bettruhe und – wenn es hoch kommen sollte – auch eine Medizin. Weit gefehlt. Das Biest in ihrem Körper war erwacht und gekommen, um zu bleiben. Und zwar für den Rest ihres Lebens. Mit unkontrollierbarem Dauerdurchfall und allen Unannehmlichkeiten, die damit zusammenhängen. Genau darum geht es in dem erfahrungsbasierten Buch Ich ging kaputt und fiel vom Stuhl. Nach eigener Aussage hat Julia Sarah Derksen das Buch geschrieben für alle Interessierten und ganz besonders für die, die darunter leiden. Das sind in Deutschland vier bis sechs Personen pro 100.000 Einwohner. Wohl deshalb ist es ein Thema, über das kaum gesprochen wird. Über das laut Derksen aber dringend gesprochen werden sollte. Sie tut es mit Worten und Bildern.

Studienrichtung Fotografie und Bildmedien: Transhumanta von Jan Düfelsiek (Master-Abschlussarbeit)

Rumänien ist eines der Hauptherkunftsländer der derzeitigen Zuwanderung nach Deutschland. Mehr als 850.000 Rumäninnen und Rumänen leben aktuell in der Bundesrepublik. Durch die EU-Osterweiterung locken höhere Löhne abwanderungswillige Menschen in den Westen. Gleichzeitig entstehen in Rumänien lukrative Absatzmärkte für deutsche Handelsketten. Damit stellt sich die Frage, wer eigentlich von der EU-Mitgliedschaft Rumäniens profitiert. Was bedeutet es, seine Heimat für eine Arbeitsstelle zu verlassen? Und welchen Einfluss haben die verschiedenen Prozesse auf die Kultur und die Identität eines Landes? Der fotografische Essay Transhumanta von Jan Düfelsiek beschäftigt sich mit den komplexen Beziehungen zwischen Deutschland und Rumänien. Er porträtiert dabei ein Land voller Kontraste und Herausforderungen.

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WIR Redaktion

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