„Ostwestfalen meets USA“ in der Volksbank Bielefeld-Gütersloh
Gütersloh – Fremdeln Deutschland und Amerika? Das war eine der
großen Fragen beim Wirtschaftspolitischen Abend am 9. Juni in Gütersloh. Die transatlantischen Beziehungen sollten auf den Prüfstand gestellt werden. Eingeladen hatten die Volksbank Bielefeld-Gütersloh und BRANDI Rechtsanwälte in Kooperation mit der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld. Zugleich war die Veranstaltung der Abschluss der diesjährigen IHK-Begegnungstage „Ostwestfalen meets USA“. Rund 100 Interessierte saßen im Foyer der Gütersloher Zentrale der Volksbank Bielefeld-Gütersloh, um dem Vortrag von Elmar Theveßen, Leiter des ZDF Studios in Washington, und der anschließenden Podiumsdiskussion zu folgen. Moderiert wurde der Abend von Timo Fratz (Radio Bielefeld). Es ging um Weltpolitik – aber auch darum, wie ostwestfälische Unternehmen in den USA agieren.
Dass es hinsichtlich der Beziehungen zu Amerika Diskussionsbedarf gibt, konnten die Teilnehmenden schon nach den Begrüßungen der beiden Gastgeber erahnen. Während Michael Deitert, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Bielefeld-Gütersloh, Amerika seit der Wahl Joe Bidens als einen viel berechenbareren Partner wahrnimmt, stellte Dr. Franz Tepper, BRANDI Rechtsanwälte, fest: „Man kann mit Biden besser sprechen. Aber sein Fokus liegt nicht auf Europa. Er hat andere Probleme – im eigenen Land, aber auch mit seinem Hauptkonkurrenten in der Welt – China.“
Wie sehr China Amerika umtreibt, skizzierte Elmar Theveßen in seinem Vortrag. Der Gast des Abends hatte sich kurz vorher mit dem Coronavirus infiziert und konnte daher nur digital an der Veranstaltung teilnehmen. In seinem Vortrag „Zeitenwende oder Strohfeuer? – Amerika verlangt deutsche Führungsstärke“ gab er Einblicke in das amerikanische Denken. Theveßen, der seit drei Jahren das ZDF-Studio in Washington leitet, führte das Publikum durch Szenen seiner Arbeit in der Berichterstattung. Sein Tenor: Es gibt eine Erwartungshaltung der Amerikaner, gemeinsam gegen die autoritären Regime aufzutreten. „Für die Amerikaner ist die Krise des Jahres 2022 Vorbote für die aufziehende Auseinandersetzung zwischen Amerika und China.“ USPräsident Joe Biden fordere ein klares Bekenntnis der Europäer und er habe Zweifel an den deutschen Versprechungen einer Zeitenwende. Kann diese Zeitenwende dennoch gelingen? „Ja“, sagt Theveßen. Dann, wenn man die Stärke der Demokratie konsequent aktiviere. Denn wenn in zwei Jahren wieder Donald Trump oder ein Trumpist Präsident werde, sei Europa erst recht auf seine Geschlossenheit und auf ein starkes Bündnis von Demokratien angewiesen.
Dem Vortrag schloss sich die Podiumsdiskussion mit Theveßen, den beiden Gastgebern und Geschäftsführern aus regionalen Unternehmen an. In der Runde ging es vor allem darum, wie hiesige Unternehmen in den USA agieren. Dass seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine vieles anders ist, stellte keiner der Beteiligten infrage. Die deutsche Wirtschaft werde aber weiter international denken und handeln. „Themen wie Qualität, Kundennähe und Vernetzung in einer globalen Welt sind uns in der ostwestfälischen Wirtschaft wichtig und ein Erfolgsgarant. Der Export ist der Motor unserer Wirtschaft“, sagte Michael Deitert, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Bielefeld Gütersloh.
Als Amerika-Fan outete sich Christian Nüßer, Geschäftsführender Gesellschafter der Venjakob Maschinenbau GmbH & Co. KG in Rheda Wiedenbrück, der die Amerikaner in puncto Innovation für ihre Geschwindigkeit und Risikobereitschaft bewundert. Die transatlantischen Beziehungen bezeichnete Nüßer als wichtig für Deutschland: „Im Außenhandel macht der deutsche Maschinenbau mit den USA so viel Geschäfte wie mit der gesamten EU“.
Pascal Wizenti, Mitglied der Geschäftsführung der CAYAGO AG (Bad Salzuflen), hat mit seinem Unternehmen seinen Vertriebsstandort in den USA. Das Unternehmen produziert Wasserschlitten mit Elektroantrieb. „Die USA sind ein gigantischer Markt. Wir bleiben auf jeden Fall da. Wir müssen eng mit den Amerikanern zusammenstehen. Aber erst sollten wir uns in Europa fragen, wo wir hinwollen und wie wir das erreichen wollen“, so Wizenti. „Europa muss sich mehr auf sich besinnen, Lieferketten müssen überprüft werden“, war das Fazit von Dr. Franz Tepper. Dennoch seien die USA ein toller Markt, den man sich nicht entgehen lassen sollte.
Es war das erste Mal seit 2019, dass die internationalen Begegnungstage der IHK wieder stattfinden konnten. Und nach den Worten von Harald Grefe, stellvertretender IHK-Hauptgeschäftsführer, war diese 18. Ausgabe in diesem Jahr so politisch wie nie zuvor. „Wir werden uns nicht abkoppeln können von der Welt. Aber wir werden uns sicherlich unabhängiger machen von einzelnen Lieferanten und einzelnen Staaten“, sagte Grefe. Die ostwestfälischen Unternehmen hätten in den vergangenen Jahren viele Krisen gemeistert und er habe die große Hoffnung, dass sie auch die aktuellen Herausforderungen meistern werde.