Die Trinkwasserversorgung in OWL hält Diplomgeologe und Hydrogeologe Frank Schmidt für die kommenden Jahrzehnte für gesichert. Der Sommer 2020 sei vergleichsweise durchschnittlich gewesen. Insgesamt wirke sich das Verbraucherverhalten aber sehr deutlich auf die Wassernutzung in Deutschland aus, insbesondere an sehr heißen Tagen. Trinkwasserversorger seien daher weiterhin gut beraten, bedachtsam und langfristig zu planen, um die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen.
Von einer Privatisierung der Trinkwasserversorgung wie etwa in England hält er nichts; die kommunale und sehr ausdifferenzierte Wasserversorgung in Deutschland sei ein Erfolgsmodell. Schmidt berät und betreut Trinkwasserversorger in Deutschland seit 32 Jahren. Sein Büro Schmidt & Partner ist in Bielefeld ansässig.
Er verweist auf Prognosen des Landesumweltministeriums, wonach es immer anstrengender werden wird Wasser zu fördern und transportieren. „Vielleicht muss man dann auch für Nordrheinwestfalen und Südniedersachsen über Wassertransportfernleitungen nachdenken.“ Weite Teile Baden-Württembergs werden seit Jahrzehnten bereits über die Bodensee-Fernwasserleitung versorgt.
Von Panikmache und Hysterie hält Schmidt nichts, wohl aber von Aufmerksamkeit gegenüber den Naturphänomenen und von seriöser Wissenschaft. Aktuell werde zwar die Trinkwassersituation zu schnell mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht. Jedoch: „Seit etwa 2015 sehen wir, dass vor allem abends und nachts im Sommer an sehr heißen Tagen die Spitzenverbräuche nach oben gehen.“ Dann fließt zu viel Wasser aus den Hochbehältern ab und diese können über Nacht nicht mehr komplett befüllt werden, so dass am folgenden Tag manchmal nicht genug Wasser da ist. Die Gründe: computergesteuerte, nächtliche Rasenbewässerung in vielen Privatgärten und die zunehmende Anzahl von Pools, die befüllt werden. Auch die Landwirtschaft setze immer mehr Beregnung ein.
Sollten allerdings die Frühjahre und die Sommer durchgängig so heiß bleiben wie die vergangenen Jahre, „dann hätten wir ein ganz anderes Leben hier; dann müssen wir umdenken.“ Andererseits: Derzeit verbrauchen die Deutschen pro Kopf nur etwa ein Drittel dessen, was US-Amerikaner verbrauchen.
Problem, so Schmidt seien weniger die trockenen Sommer, sondern die Winterhalbjahre. In diesen Perioden falle seit etwa 2010 durchgängig zu wenig Niederschlag, um die Grundwasserspeicher wieder aufzufüllen. Im Sommer führt dies in manchen Gegenden zu einer tiefreichenden Bodendürre. Regen, der dann fällt, wird in den oberen Schichten (Krume) absorbiert; die Grundwasserspeicher werden davon nicht aufgefüllt. Aber: „So eine Situation hatten wir in den 1970er Jahren auch schon mal.“
Während die Wasserwirtschaft in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten vor allem die Wasserqualität im Blick hatte, müssten nun wohl die Wassermengen in den Blick genommen werden. Für die zweite Hälfte dieses Jahrhunderts gehe es um die Bereitstellung von genügend Wasser. Die kommunale Wasserversorgung in Deutschland ist dabei nach Auffassung von Frank Schmidt ein echter Vorteil. Die Versorger könnten sich gegenseitig helfen; es gebe Redundanzen und Verbundsysteme, wie zum Beispiel im Rahmen der Initiative „Trinkwasser in OWL“, einem Zusammenschluss von regionalen Wasserversorgern und Wasserbeschaffungsverbänden.
Diese bedachtsame Strategie müsse aber auch für die kommenden Jahrzehnte weiterverfolgt werden. Trinkwasser könne auch in Zukunft nur aus Ressourcen gewonnen werden, die immer wieder aufgefüllt werden.
Trinkwasserbeschaffungsverband AM Wiehen
Die Wasserbeschaffungsverbände wurden in den 60er Jahren gegründet. Der WBV Am Wiehen verfügt über 21 Brunnen, fördert jährlich 4,5 Mio Kubikmeter Trinkwasser und hat ein Rohrnetz mit 36 Kilometer Länge.
Der WBV Am Wiehen fördert Trinkwasser im Gebiet Hille-Südhemmern und beliefert die örtlichen Trinkwasserversorger in den Kommunen Löhne, Hüllhorst, Bad Oeynhausen und über den WBV des Amtes Hartum auch nach Hille. Die Bürger erhalten ihr Trinkwasser letztlich vom örtlichen Trinkwasserversorger.
Trinkwasser ist keine endliche Ressource wie Kohle, Erdgas, Erdöl. Es unterliegt einem stetigen natürlichen Kreislauf und versickert nach Regenfällen im Boden; so bildet sich Grundwasser, aus dem über Brunnen und Pumpen Trinkwasser gewonnen wird. Die geologische Bodenbeschaffenheit in Ostwestfalen hat dazu geführt, dass für einige Kommunen zusätzliches Trinkwasser gewonnen und herbeigeschafft werden muss. Diese Aufgabe übernehmen die Wasserbeschaffungsverbände.