Ein Rasterelektronenmikroskop mit einer bis zu 50.000-fachen Vergrößerung je nach Werkstoff oder eine Zugprüfmaschine, die die Belastbarkeit von Materialien unter Extremtemperaturen bis zu minus 60 Grad Celsius testen kann, zählen zu den Anlagen, die in der Region ihresgleichen suchen. Mit diesen High-Tech-Maschinen testen die Ingenieurinnen und Ingenieure des Werkstoffprüflabors der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe in Lemgo – unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Jozef Balun (Professor für Werkstoffkunde und Werkstoffprüfung im Fachbereich Maschinenbau und Mechatronik der TH OWL) – alle Arten von Produkten auf ihre Qualität.
Das Werkstoffprüflabor der TH OWL ist eine Art ausgelagerte Forschungs-und Entwicklungsabteilung für die Unternehmen der Region. Mit wie viel Kilogramm darf ich einen Tisch oder Stuhl belasten, können die Stahlfelgen das Gewicht des Autos tragen, halten die Komponenten eines Baggers beim Einsatz in der Arktis den Extremtemperaturen stand, haben sich die Materialeigenschaften nach ein paar Jahren im Betrieb geändert? Diese und viele andere Fragen beantwortet das Team.
Langjährige Zusammenarbeit
Zu den langjährigen Industriepartnern, die auf die Expertise des Werkstoffprüflabors setzen, zählt beispielsweise einer der weltweit führenden Hersteller für die Entwicklung und Fertigung innovativer Sitzsysteme und Technischer Federn – das Unternehmen ISRINGHAUSEN mit Sitz in Lemgo. „Seitmehr als 20 Jahren arbeitet der Produktbereich der Technischen Federn von ISRINGHAUSEN erfolgreich mit der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe zusammen“, sagt Klaus Kröber (Manager Manufacturing Engineering in der Werkstoffprüfung – ISRINGHAUSEN Technische Federn). „Das Netzwerk mit dem Werkstoffprüflabor der TH OWL bietet uns eine spannende Plattform zum Austausch neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und neuer Umsetzungsmöglichkeiten in der industriellen Praxis. Um die genaue Zusammensetzung unserer Werkstoffe zu bestimmen, führen wir im Partnerlabor Spektralanalysen durch. Hiermit überprüfen wir, ob die Legierung der an uns gelieferten Werkstoffe richtig zusammengesetzt ist. Auf diese Weise gewährleisten wir den hohen Standard der von uns in der Automobilindustrie eingesetzten Federn. Darüber hinaus nutzen wir gern die Möglichkeit der Rasterelektronenmikroskopie, wenn es um tiefergehende Gefüge-Analysen geht, die eine Untersuchung in hoher Schärfentiefe erfordern“, berichtet Klaus Kröber weiter. „Bei der Entwicklung neuer Fertigungsprozesse ermitteln wir hiermit, welcher Herstellungsprozess das beste Bauteil hervorbringt.“
„Auch das Unternehmen Spilker aus Leopoldshöhe, ein global agierender Anbieter im Maschinenbau, mit einer einzigartigen Produktpalette an Stanzblechen und Rotationswerkzeugen und das Unternehmen Jowat mit Hauptsitz in Detmold setzen auf unsere Expertise in der Mikroskopie“, so Heike Balzer, die als Labor-Ingenieurin an der TH OWL die Unternehmen betreut und die Versuche überwacht.
Jowat ist einer der weltweit führenden Klebstoffhersteller, der in vielen Märkten und Anwendungsfeldern als Technologieführer agiert. „Das Werkstoffprüflabor der TH OWL unterstützt uns bei der Untersuchung der Oberflächenstruktur von verschiedenen Materialien, beispielsweise Kunststoffkanten für die Möbelindustrie. Wir schätzen die nun schon über Jahre andauernde Kooperation mit dem Prüflabor sehr: Die hohe Flexibilität, die schnelle und zuverlässige Bearbeitung der Proben. Insbesondere ist für uns als Unternehmen der professionelle und direkte Austausch mit dem Personal von großer Bedeutung“, fasst Ina Benz (Leitung Technischer Support und Service bei Jowat SE) die Kooperation zusammen.
Der Umzug
Alle Labore der Werkstoffprüfung sind neu saniert. Der Umzug der hochsensiblen High-Tech-Maschinen in die frisch sanierten Räume des Werkstoffprüflabors am Standort Lemgo war eine Präzisionsleistung. Zum Schutz des empfindlichen Rasterelektronenmikroskops haben Techniker des Herstellers den Transport begleitet. Gummimatten auf den Wegen durch die Gebäude dienten als zusätzlicher Schutz.
Mit seiner bis zu 50.000-fachen Vergrößerung – je nach Werkstoff – können die Experten mit dem Rasterelektronenmikroskop Oberflächen und die innere Struktur von Materialien ganz genau untersuchen. Fragen wie: Warum ist ein Werkstoff an einer bestimmten Stelle gebrochen oder verteilt sich die Beschichtung gleichmäßig auf dem Bauteil, werden hiermit analysiert und beantwortet.
Aufgrund der Höhe von drei Metern und einem Gewicht von 2,5 Tonnen konnte die Zugprüfmaschine während der Sanierungsarbeiten nicht einfach so bewegt werden. Ein auf Schwerlasttransporte spezialisiertes Umzugsunternehmen und der Maschinenhersteller haben den Umzug überwacht. Erst als die Maschine an ihrem neuen Platz stand, hat der Bauherr, der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB NRW), die Türzarge im Laborraum eingesetzt. Auch die Glastüren im Flur wurden erst eingesetzt, nachdem der drei Meter hohe „Riese“ dieses Nadelöhr passiert hatte.