Nach den Zahlen des Statistischen Bundesamtes gehen die Unternehmensgründungen in Deutschland seit Jahren zurück. Im ersten Halbjahr 2020 wurden 8 Prozent weniger Gewerbe angemeldet als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. „Wir haben im Kreis Warendorf Gründergeist und verzeichnen eine Zunahme an Gründungsberatungen“, sagt Petra Michalczak-Hülsmann. Die Geschäftsführerin der kommunalen Gesellschaft für Wirtschaftsförderung im Kreis Warendorf (gfw) hält Firmengründungen für einen Erfolgsfaktor für die Zukunft der regionalen Wirtschaft und Arbeit. „Gründer denken innovativ und agil, entdecken neue Märkte und sind hochmotiviert.“
Das gelte gerade in Corona-Krisenzeiten. „Pandemien sind auf den ersten Blick keine brauchbare Voraussetzung für einen wichtigen Schritt in die Zukunft. Aber wir lassen in unseren Bemühungen nicht nach“, so die gfw-Geschäftsfüherin und fügt hinzu: „Vielleicht ist für die berufliche Selbständigkeit gerade jetzt der richtige Zeitpunkt.“
Mitte November hat sich die gfw auch wieder an der „Gründerwoche Deutschland“ beteiligt. Mehr als zwei Dutzend nahmen an den „Zoom-Meetings“ teil. Michalczak-Hülsmann: „Wir nutzen jedes Interesse, sich auf das Wagnis einer Unternehmensgründung einzulassen. Denn davon hängt ein gutes Stück Zukunft unserer Region ab.“
Das zentrale gfw-Angebot im Projekt Startercenter.NRW sind individuelle Beratungen für Unternehmensgründer. Die gfw bietet Basisworkshops im Präsenz- und Onlineformat zu Businessplan, Finanzierung, Steuern, Versicherung und Altersversorgung an. Marketing, Vertrieb und Kommunikation werden auch stark nachgefragt. „Wir möchten für unternehmerisches Denken begeistern, Kompetenzen fördern und den Austausch von Ideen und Erfahrungen vorantreiben“, so Petra Michalczak-Hülsmann.
Das Spektrum der Gründungsideen ist breit. Es reicht von Handwerk über Online-Handel, Engineering-Dienstleistungen oder Pflege bis zu IT-Geschäftsmodellen. Wichtig sind den zukünftigen Unternehmenslenkern die Vernetzung und der Austausch mit Gründern aus der Region. gfw-Gründungsberaterin Marianne Koschany-Rohbeck informiert und berät vor dem Start und begleitet junge Unternehmen.
In den zurückliegenden Jahren des Aufschwungs haben es wenige gewagt, ihr Angestellten-Verhältnis aufzugeben und ein eigenes Unternehmen zu gründen. Das könnte sich jetzt ändern. Durch Corona sieht man beim Exist-Gründerförderungsprogramm des Bundeswirtschaftsministeriums schon ein gesteigertes Interesse. Seit Anfang dieses von der Pandemie geprägten Jahres ist die Zahl der Anträge bis zum Herbst um 10 Prozent gestiegen. Gerade in kleineren Städten seien früher häufig Handwerksbetriebe gegründet worden. Heute gebe es mehr Gründungen um Hochschulen, die sich häufig auf digitale Geschäftsmodelle oder Technologie konzentrieren. Die Zahl der Gründer in wichtigen Zukunftsbereichen nimmt deutschlandweit zu. Genau da greift auch die gfw zum Hebel.
„Wir gehen das Thema langfristig und frühzeitig an, etwa mit Workshops für Jugendliche mit Einfällen und Risikobereitschaft unter dem Motto ‚Pfiffige Geschäftsideen‘. Wir wollen im Kreis Warendorf ja kein Wirtschaftsmuseum werden“, sagt die gfw-Geschäftsführerin. In den HOKO.LAB-Workshops des Hochschul-Kompetenz-Zentrum studieren & forschen etwa erwerben Jugendliche Programmierfähigkeiten, Experimentierfreude und Teamkompetenzen. „Wir möchten Jugendlichen die Chancen der digitalen Transformation zeigen, jungen Tüftlern Mut machen und Fachkräfte für die Region gewinnen.“
Vier neue Gründungsstipendiaten
Eine wichtige Rolle spielt das „Gründerstipendium NRW“, um innovative Geschäftsideen auf den Weg zu bringen und in die regionale Gründerszene einzusteigen. Das nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium unterstützt den Start einer Existenzgründung mit einem monatlichen Stipendium in Höhe von 1.000 Euro für maximal ein Jahr. Mit gfw-Hilfe haben es gerade vier neue Stipendiaten geschafft: Aleksandar Glavas (Dortmund) mit der Idee einer Fußballplattform, Stefan Kurlovich (Warendorf) mit regionalen Ernährungsprodukten, Charlotte Gebing (Warendorf) mit nachhaltiger Kleidung und Bernadette Ostkamp (Ennigerloh) mit Home Staging, einem Mix aus Immobilienmarketing und Innenarchitektur.