Mit der Unterzeichnung eines Sozialplans und eines Tarifvertrags ist jetzt ein Meilenstein in der Sanierung des Flughafens Paderborn-Lippstadt erreicht worden. Die Geschäftsführung und der Sanierungsgeschäftsführer einigten sich am Freitagvormittag mit dem Betriebsrat und der maßgeblichen Gewerkschaft auf die Eckpunkte eines nachhaltigen Weiterbetriebs des Airports.
Der Flughafen Paderborn/Lippstadt durchläuft seit dem 22. September ein vorläufiges Verfahren der Insolvenz in Eigenverantwortung. Der sorgfältig geplante Neustart soll den Flughafen bis Ende März 2021 nachhaltig stabil aufstellen. Auch während der Umstrukturierungen bleibt „PAD“ ein Verkehrsflughafen im 24 Stunden-Betrieb für Flugzeuge bis zur Kategorie E, was einer Boeing 777 entspricht. Fluggäste und andere Kunden des Flughafens erfahren durch die Umstrukturierungen keinerlei Einschränkungen. Der zurzeit stark reduzierte Flugverkehr und geschlossene Restaurants im Terminal sind keine Folge des Verfahrens, sondern der Corona-Pandemie.
Die Geschäftsführung mit Dr. Marc Cezanne an der Spitze verbleibt auch während der Insolvenz in Eigenverantwortung im Amt. Ihm zur Seite steht für den Zeitraum des Verfahrens der vorläufige Generalbevollmächtigte (Sanierungsgeschäftsführer) Dr. Yorck Streitbörger von der Wirtschaftskanzlei Streitbörger, Bielefeld. Stefan Meyer von der PLUTA Rechtsanwalts GmbH hat schützt als der vorläufige Sachwalter die Interessen der Gläubiger. Zu diesen zählen unter anderen die Sparkasse Paderborn, die Kommunale Zusatzversorgungskasse (KVW) aus Münster und die Bundesanstalt für Arbeit. Der Gläubigerausschuss hat seine Arbeit aufgenommen.
Die Belegschaft muss von vormals 170 auf rund 65 Beschäftigte reduziert werden. Ohne diesen Einschnitt wäre die Sanierung nicht möglich und die Regelinsolvenz mit drohender Stilllegung unabwendbar. Der Betriebsrat und die Komba Gewerkschaft , die vor allem die Feuerwehrleute des Flughafens vertritt, haben am 6. November mit der Geschäftsführung, dem vorläufigen Generalbevollmächtigten und dem vorläufigen Sachwalter auf die Einzelheiten geeinigt.
Die verbleibende Belegschaft arbeitet ohne Lohnabschläge weiter. Sie durchläuft zurzeit diverse Schulungen, um in der Neuverteilung von Aufgaben optimal einsetzbar zu sein. 65 der nicht Übernommenen können im Rahmen des mit dem Betriebsrat vereinbarten Sozialplans in eine Transfergesellschaft wechseln, die sie für bis zu zwölf Monate bei der Suche nach neuen Beschäftigungsverhältnissen unterstützt und Angebote zur Weiterbildung unterbreitet. Die Gehälter werden in Höhe von 60 bis 67 % von der Bundesanstalt für Arbeit gezahlt und durch den Flughafen aufgestockt. Mit acht Personen, die bereits neue Beschäftigung gefunden haben, wurden Aufhebungsverträge geschlossen. 17 Betroffene sind auf der Basis von Teilzeitverträgen als „Aushilfen“ beschäftigt und werden deshalb nicht in die Transfergesellschaft übernommen. Die Komba Gewerkschaft hat, ebenfalls am 6. November, den Tarifvertrag unterzeichnet, der für die Feuerwehr 24-Stunden-Dienste mit Ruhezeiten regelt.
Dass der Flughafen mit der Insolvenz in Eigenverwaltung für die Zukunft aufgestellt wird, zeigt sich auch in Investitionen, die während der Neustrukturierung getätigt werden. So hat die Flughafenfeuerwehr bereits drei größere, aus Kostengründen gebrauchte Löschfahrzeuge zum Preis von rund einer halben Million Euro erhalten, um auch bei reduziertem Personalstamm und Übernahmen anderer Aufgaben im Flughafenbetrieb einsatzbereit sein zu können. Die alten Feuerwehrfahrzeuge konnten in Zahlung gegeben werden, was die Kosten noch einmal mehr als halbiert. Ein bestehender Hangar wird für rund eine halbe Million Euro zur neuen Feuerwehrwache mit Ruheräumen umgebaut. Eine weitere Zukunftsinvestition ist ein Hubliftfahrzeug für mobilitätseingeschränkte Passagiere, die bisher über Flugzeugtreppen an und von Bord getragen werden.
Die Neustrukturierung im Verfahren der Insolvenz in Eigenverwaltung (Planinsolvenz) ist kein „Problem“, sondern eine große Chance für den Erhalt der Infrastruktur „Flughafen“ für die Region und von rund 65 Arbeitsplätzen, die in einer Regelinsolvenz verloren gegangen wären. Für die nicht übernommenen Mitarbeiter/innen ist bestmöglich gesorgt. Auch sie würden durch eine Regelinsolvenz sehr viel härter getroffen.
Der nächste Meilenstein bei der Sanierung des Flughafens soll Anfang Dezember erreicht sein. Der vorläufige Generalbevollmächtige wird dann dem Amtsgericht Paderborn einen mit dem Sachwalter und dem Gläubigerausschuss abgestimmten Insolvenzplan vorlegen, über den die Gläubigerversammlung im Januar abstimmen wird.
Bisherige Gesellschafter des Flughafens Paderborn-Lippstadt sind die Kreise Paderborn (56,38 %), Soest (12,26 %), Gütersloh und Lippe (je 7,84 %), Hochsauerlandkreis und Höxter (je 3,92 %), Stadt Bielefeld (5,88 %) sowie die IHK Bielefeld (1,57 %) und IHK Detmold (0,39 %). Die Stadt Bielefeld scheidet aus, gibt ihre Anteile an den Kreis Paderborn ab und zahlt einmalig 2,5 Millionen Euro an den Kreis Paderborn. Die Kreise Gütersloh und Lippe verhandeln mit dem Kreis Paderborn über ihren Ausstieg und dessen Konditionen. Das bereits beschlossene Ausscheiden der Stadt Bielefeld und die möglichen Ausstiege der Kreise Lippe und Gütersloh gefährden den Sanierungsplan nicht. Im Gegenteil, die vereinbarten und noch zu vereinbarenden Zahlungen helfen, den Flughafen zu sanieren. Die Umstrukturierung ist mit bis zu 12,5 Millionen Euro ausgestattet, welche die Gesellschafter abgesichert haben.
Nach der Sanierung soll das verbleibende Personal anstatt vormals 700.000 nunmehr bis zu 300.000 Flugpassagiere im Jahr abwickeln können. Diese Ziffer folgt der erwarteten Marktentwicklung bei Flugreisen. Sollten die Passagierzahlen darüber hinaus steigen, kann auch der zusätzliche Bedarf gewährleistet werden. Dies würde durch vermehrte Einnahmen aus dem erhöhten Passagieraufkommen finanziert. Der jährliche Zuschuss der Gesellschafter sinkt nach der Sanierung von vormals bis zu fünf Millionen Euro jährlich auf maximal 2,5 Millionen Euro im Jahr, wie sie das EU-Beihilferecht auch zulässt. Der Zuschuss ist kein Verlustausgleich, sondern finanziert die Infrastruktur für die hoheitlichen Aufgaben eines Flughafens, der unter anderem auch eine Betriebsplicht für die Region umfassen.
Mit diesem Plan nimmt der Flughafen Paderborn eine außerordentlich positive Sonderstellung unter den deutschen Flughäfen ein, die allesamt infolge der Corona-Pandemie in finanzielle Schieflagen geraten sind. Anstatt nun wie andere Airports öffentliche Mittel für die Verluste aus dem Weiterbetrieb alter Strukturen einzufordern, nutzt die Flughafen Paderborn/Lippstadt GmbH die Insolvenz in Eigenverwaltung als große Chance, den bereits vor der Corona-Krise finanziell herausgeforderten Flughafen für die Zeit danach nunmehr dauerhaft solide zu betreiben.