Das Berufsausbildungsjahr 2019/2020 endete am 30.September. Zusammen mit den Ausbildungsmarktpartnern der Industrie- und Handelskammer, der Handwerks-kammer, dem Grafschafter Jobcenter und dem Jobcenter Emsland bilanziert die Agentur für Arbeit Nordhorn die Situation auf dem Ausbildungsmarkt.
Agentur für Arbeit Nordhorn
Im Ausbildungsjahr 2019/2020 haben nahezu alle Lehrstellensuchenden eine Berufsausbildung beginnen können. Lediglich 28 Jugendliche blieben am Ende des Ausbildungsjahres unversorgt, 22 weniger als noch im Vorjahr.
Es meldeten sich insgesamt 2.366 Ausbildungsplatzsuchende bei den Berufsberatern der Arbeitsagentur und bei den Jobcentern. Das waren 293 oder 11,0 Prozent weniger als im letzten Jahr. Die Betriebe zeigten 4.815 Ausbildungsstellen an, 314 oder 6,1 Prozent weniger als im Vorjahr.
„Wir sind nochmal mit einem blauen Auge davongekommen“, kommentiert Hans-Joachim Haming, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Nord-horn die Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt. „Die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind für den Ausbildungsmarkt bislang geringer als befürchtet.“ Haming weist daraufhin, dass für das laufende Ausbildungsjahr derzeit noch keine verlässli-che Prognose abgegeben werden kann. „Die Infektionszahlen steigen wieder ra-pide an, so dass ein erneutes Herunterfahren der Wirtschaft nicht mehr ausge-schlossen werden kann. Dies wird unweigerlich Folgen für den Ausbildungsmarkt haben“, so Haming.
Die Situation auf dem Ausbildungsmarkt sei weiterhin unausgewogen: „Ausbildungssuchende haben nach wie vor sehr gute Chancen auf einen Ausbildungs-platz, aber für die Firmen verschärft sich der Wettbewerb weiter. Der Trend zum Bewerbermarkt setzt sich unvermindert fort.“ Aus Sicht der Arbeitsagentur wird es auch in den kommenden Jahren zu einem verschärften Engpass an Bewerbern und erhöhter Konkurrenz untern den Betrieben kommen. „Arbeitgeber sollten daher eine klare Strategie bei der Bewerbergewinnung verfolgen“, so Haming. „Die Vorteile einer beruflichen Ausbildung, die Attraktivität des Ausbildungsberufes und des Be-triebs sollten deutlich herausgestellt werden.“
Im Bezirk der Agentur für Arbeit Nordhorn blieben 221 Ausbildungsstellen unbesetzt, 160 oder mehr als doppelt so viel wie im Jahr 2019. Vor allem Ausbildungs-stellen im Handel und Fachverkauf, in den handwerklichen Anlagen-, Elektro-, und Metallberufen sowie im Hotel- und Gastronomiebereich waren schwer zu besetzen.
Bei den Jugendlichen, die sich für eine duale Ausbildung entscheiden, waren die am häufigsten gewählten Berufe bei den Jungen die Ausbildungen zum Industriekaufmann, Kfz-Mechatroniker (Pkw-Technik), Industriemechaniker und Tischler. Die Mädchen entschieden vorzugsweise für die Ausbildungen zur Kauffrau für Büromanagement, Verkäuferin, Kauffrau im Einzelhandel und Medizinischen Fachangestellten.
Im vergangenen Jahr meldeten die Betriebe der Arbeitsagentur Nordhorn 4.815 betriebliche Ausbildungsstellen. Besonders viele Stellen wurden für die Ausbildungen zum/zur Kaufmann/-frau für Büromanagement, Kaufmann/-frau im Einzelhandel, Landwirt/-in, Industriekaufmann/-frau, Metallbauer/in Konstruktionstechnik, Elektroniker/in Energie- und Gebäudetechnik und zur Fachkraft Lagerlogistik angeboten. Zum Stichtag 30.09.2020 hatten nur 28 Bewerber/-innen noch keine sichere Perspektive, verglichen mit dem Vorjahr entspricht das einem Rückgang um 22 Personen.
Grafschafter Jobcenter
Auch in den Jahren 2019/20 ist der Ausbildungsmarkt aus Sicht des Grafschafter Jobcenters von einem großen Angebot an offenen Ausbildungsstellen gekennzeich-net. Zwar war das Stellenangebot in diesem Jahr pandemiebedingt rückläufig, je-doch stand diesem Stellenangebot infolge der Rückkehr der allgemeinbildenden Gymnasien zum G9 auch eine geringere Anzahl an Schulabsolventen gegenüber.
Nach einem weitgehenden Stillstand des Ausbildungsmarktes von März bis Mitte Mai holte der Markt merklich auf. Auch in der aktuellen Arbeitsmarktlage engagie-ren sich also viele regionale Unternehmen als Ausbildungsbetrieb und geben auch Bewerberinnen und Bewerbern eine Chance, die nicht auf einen geradlinigen Le-benslauf oder gute Schulnoten verweisen können. Die Unternehmen sind nach ih-ren Möglichkeiten darum bemüht, auch in der momentanen Belastungssituation die Entwicklung von künftig dringend benötigten Fachkräften voranzutreiben.
Lediglich vereinzelte Jugendliche blieben zum 30.09.2020 ohne konkrete Perspektive. Dies ist nicht allein auf individuelle Passungsprobleme zurückzuführen, son-dern ebenso auf leider unmittelbar erfolgte Abbrüche. Diesen Jugendlichen werden im Zuge der Nachvermittlung und/oder über vorbereitende Einstiegsqualifizierung weitere Angebote unterbreitet.
In diesem Jahr hat sich der Anteil von jungen Flüchtlingen, die in den Ausbildungs-markt eingemündet sind, weiter reduziert. Diese Entwicklung ist darauf zurückzuführen, dass ein Großteil der in den Jahren 2015/16 eingetroffenen jungen Flüchtlinge bereits eine Ausbildung aufgenommen hat. In diesem Jahr haben nur mehr diejenigen einen Ausbildungsplatz gesucht, die aktuell die Schule verlassen haben. Das Integrationszentrum hat vielen Schulabgängern unter den Asylbewerbern bzw. im Leistungsbezug des Jobcenters den Start in eine betriebliche Ausbildung oder in eine Einstiegsqualifizierung ermöglicht.
In der Region werden die vergangenen und aktuellen Integrationen der jungen Flüchtlinge in den Ausbildungsmarkt als Erfolg des Integrationszentrums gewertet. Mit dem kooperativen Ansatz der Arbeitsmarktakteure im Integrationszentrum sind in der Grafschaft Bentheim die Voraussetzungen für ein umfassendes Beratungsangebot für Migranten vorhanden. Das Angebot wird sowohl durch Unternehmen als auch Migranten gern genutzt. Für die jungen Menschen, die nach dem Ausbildungsstart Unterstützung benötigen, können Unternehmen ausbildungsbegleitende Hilfen zur fachlichen und persönlichen Begleitung durch Coaching sowie Beratung zum Spracherwerb in Anspruch nehmen.
Jobcenter Emsland
Es war zu erwarten, dass sich die positiven Trends der letzten Ausbildungsjahre aufgrund der Auswirkungen der Corona Pandemie im Jahr 2020 nicht unverändert weiterentwickeln würden. Trotzdem konnten im Bereich des Jobcenters Emsland bisher gute Ergebnissen unter veränderten Rahmenbedingungen erreicht werden. Dies gilt sowohl für Betriebe, als auch für die Bewerber. So mussten Betriebe ihre Auswahlverfahren teilweise auf alternative Formate umstellen oder einen anderen zeitlichen Rahmen festlegen. Dies führt auch dazu, dass aus Sicht des Jobcenter Emsland in diesem Jahr noch mit „verspäteten“ Integrationen in Ausbildung zu rechnen ist. Die sogenannte Nachvermittlung ist aktuell noch im vollen Gange. Auch für die spät entschlossenen Jugendlichen, die zu Beginn des Corona beding-ten Lock-Downs noch nicht versorgt waren, galten erschwerte Rahmenbedingun-gen, da viele gängige Angebote der beruflichen Orientierung oder auch Möglichkei-ten zur direkten Kontaktaufnahme z.B. über Ausbildungs-Messen in diesem Jahr entfallen sind.
Auch die direkte Vermittlungsunterstützung durch das Fallmanagement oder beauftragte Bildungsträger musste zu großen Teilen über alternative Kontaktkanäle erfol-gen und nicht über den gewohnten persönlichen Kontakt. Die Lage am Ausbil-dungsmarkt war auch in diesem Jahre für die Jugendlichen aus dem SGB II gut. Bewerber, die im Bewerbungsverfahren flexibel waren und nicht auf einzelne Be-rufsbilder festgefahren waren, haben in der Regel einen Ausbildungsbetrieb gefun-den. Die Integrationszahlen liegen weiterhin auf einem hohen Niveau und pendeln sich im Verhältnis zum Betreuungsbestand bei den Vorjahreswerten ein. Der Wan-del des Emsländischen Ausbildungsmarktes hin zu einem Bewerbermarkt ist wei-terhin zu erkennen. Die Arbeitgeber müssen im Wettbewerb um gute Bewerber die Netzwerkarbeit intensivieren und sich neben einer inhaltlich und qualitativ guten Ausbildung auch weitere Maßnahmen einfallen lassen, um Bewerber für sich zu ge-winnen.
Die gute Lage am Ausbildungsmarkt spiegelt sich insbesondere auch bei den „Neu-Bewerbern“ wieder. Hier gibt es unter den Schulabgängern im Emsland kaum unversorgte Jugendliche. Dabei ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass evtl. mehr Jugendliche sich für eine Fortsetzung der Schullaufbahn entschieden haben, weil eben das Bewerbungsverfahren zu Corona-Zeiten erschwert war. Auch der Gesamtwert der unversorgten Bewerber befindet sich weiterhin auf niedrigem Niveau. Auch bei der Zielgruppe der Flüchtlinge hat sich der Trend der Ausbildungsbereitschaft der letzten Jahre fortgesetzt.
Weiterhin gilt es die positiven Zahlen zu bestätigen und Ausbildungsabbrüche zu vermeiden. Waren es in der Vergangenheit häufig fehlende Zuverlässigkeit, Unpünktlichkeit oder unzureichendes Sozialverhalten, welche zum Ausbildungsabbruch geführt haben, können in diesem Jahr aufgrund der veränderten Beschulung ggfs. schulische Defizite zum Tragen kommen. Umso wichtiger ist es, die möglichen Unterstützungsangebote wie z.B. die ausbildungsbegleitenden Hilfen und das nachgelagerte Coaching frühzeitig zu nutzen. Auch die Einstiegsqualifizierung und die Ausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen bleiben wichtige Bestandteile der Förderstrategie des Jobcenters.
Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim
Das Ausbildungsjahr 2020 ist wie alle Bereiche in Deutschland stark von der Corona-Pandemie beeinflusst. So musste auch das Handwerk einen Rückgang der neu eingetragenen Ausbildungsverhältnisse verzeichnen und liegt in den Regionen Emsland und Grafschaft Bentheim zum Stichtag 01.10. gut 10 % hinter dem Vorjah-reswert. Dabei ist jedoch hervorzuheben, dass in der Grafschaft sogar ein Plus an Ausbildungsverträgen von 3,45 % festzustellen ist. Insgesamt haben sich 1129 junge Menschen in diesem Jahr für eine Ausbildung im Handwerk in den Regionen Emsland und Grafschaft Bentheim entschieden.
Die Pandemie-Situation und die Lockdown-Phase haben vor allem das Verhalten der Jugendlichen beeinflusst – weggefallene oder verkürzte Maßnahmen in der Be-rufsorientierung, abgebrochene Praktika, die allgemeine Unsicherheit – alles Fakto-ren, die die Motivation und das Vertrauen auf Chancen auf dem Ausbildungsmarkt beeinflussen. Viele Ausbildungsverträge sind erst nach dem regulären Start am 01.08. geschlossen worden und letztlich sind insgesamt 329 Ausbildungsplätze im Handwerk im Bezirk der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim unbesetzt geblieben. Dies, so kommentiert Anna Brockhoff, Leiterin des Dezernats Berufliche Bildung, ist jedoch auch ein Indikator für eine nicht nachlas-sende Ausbildungsbereitschaft der Betriebe – „Wir danken allen unseren Betrieben für ihr Engagement“ betont Brockhoff.
Nun kommt es darauf an, die Jugendlichen wieder mit allen Maßnahmen der beruf-lichen Orientierung zu erreichen. Digitale Angebote sind kein adäquater Ersatz, sondern allenfalls eine Ergänzung zu eventuell nicht in Präsenz durchzuführenden Beratungen. Das Handwerk, das nicht grundlos „Hand“-„Werk“ heißt, muss als sol-ches erlebbar bleiben. So kann am Besten das Interesse für handwerkliche Berufe geweckt werden, so Anna Brockhoff. „Das Handwerk ist nicht nur vielseitig, es bietet vor allem auch das Potenzial für echte Erfolgsgeschichten“. Handwerk 4.0, aber auch Anforderungen in der Nachhaltigkeit bieten neue, spannende Chancen, die Traditionen im Handwerk neu zu definieren. „Die Welt war noch nie so unfertig. Pack mit an“
Industrie- und Handelskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim
„Trotz der Belastungen aus der Corona-Pandemie bilden die Betriebe im Emsland und in der Grafschaft Bentheim weiterhin intensiv aus. Eine besondere Herausfor-derung in zurückliegenden Ausbildungsjahr bei der Besetzung offener Lehrstellen war der weitgehend ausgefallene Abiturjahrgang durch die Umstellung von G 8 auf G 9 in Niedersachsen. Hier fehlte mehr als ein Viertel der Bewerber gegenüber ei-nem Normaljahr. Dies erklärt auch zu einem großen Teil den Rückgang der von un-serer IHK im Vergleich zum September des Vorjahres registrieren Neuverträge von rund 12,3 % im Agenturbezirk Nordhorn“, erläuterte Eckhard Lammers, Leiter des Geschäftsbereichs Aus- und Weiterbildung der IHK Osnabrück – Emsland – Graf-schaft Bentheim.
Die IHK unterstützt Betriebe bei der Besetzung von offenen Ausbildungsstellen und Ausbildungsinteressierte bei der Suche nach einer Lehrstelle neben vielen anderen Maßnahmen durch digitale Matchings, etwa am 11. November. „Daraus erwarten wir weitere Abschlüsse. Ausbildungsverträge, die noch in diesem Jahr beginnen sollen, werden weiterhin von unserer IHK gern eingetragen. Wir appellieren daher an die jungen Menschen, sich jetzt rasch für eine Karriere mit Lehre zu entscheiden“, so Lammers.
Hinweis der Agentur für Arbeit Nordhorn
Arbeitgeber, die freie Ausbildungsstellen melden möchten, können sich an ihren Ansprechpartner oder ihre Ansprechpartnerin im Arbeitgeber-Service wenden oder unter der kostenfreien Telefonnummer 0800 4 5555 20 melden.
Jugendliche, die im nächsten Jahr mit einer Ausbildung starten möchten, sollten nicht länger zögern und umgehend einen Beratungstermin bei der Berufsberatung unter der kostenlosen Servicerufnummer 0800 4 5555 00 vereinbaren.