Nicht nur, aber besonders in der Corona-Krise machen vielen Unternehmen hohe Hebesätze zu schaffen. Die teils erheblichen Belastungen können die Erholung der lokalen Wirtschaft erschweren, so Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). „Im Bundesdurchschnitt steigt der Gewerbesteuerhebesatz für die 700 Gemeinden ab 20.000 Einwohnern zwar nicht weiter an“, erläutert Wansleben die Ergebnisse der aktuellen Hebesatzumfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Größer würden jedoch die Unterschiede bei den Hebesätzen: „So muss beispielsweise ein Mittelständler mit 200 Beschäftigten und einem Jahresgewinn von 2 Millionen Euro in Mühlheim an der Ruhr rund 126.000 Euro mehr Gewerbesteuer zahlen als im nicht weit entfernten Ratingen. 2019 hatte der Abstand zwischen diesen beiden Kommunen noch 105.000 Euro betragen.“
Insgesamt blieben die Gemeinden im Süden Deutschlands vergleichsweise günstig, während viele Regionen vor allem in Nordrhein-Westfalen immer häufiger zu den Spitzenreitern bei der kommunalen Steuerbelastung zählten, berichtet der DIHK Hauptgeschäftsführer. „Das erschwert die Erholung der lokalen gewerblichen Wirtschaft. Denn die Gewerbesteuer macht bei Kapitalgesellschaften etwa die Hälfte ihrer Steuerbelastung aus. Es sei aber ein gewaltiger Trugschluss zu hoffen, mit immer höheren Hebesätzen ein nachhaltig steigendes Steueraufkommen erzielen zu können.
Für Gemeinden mit einem hohen Gewerbesteuerhebesatz wird es laut Wansleben immer schwieriger, sich im interregionalen Standortwettbewerb zu behaupten. „Zu hohe Belastungen werden von den Betrieben zunehmend nicht mehr als angemessenes Äquivalent für kommunale Infrastrukturleistungen akzeptiert.“ Ziel müsste perspektivisch eine gewinnabhängige Kommunalsteuer mit eigenem Hebesatzrecht sein, die alle wirtschaftlich Tätigen einbezieht, schlägt er vor.
Die Hebesatzentwicklung in diesem Jahr habe wenig mit der Corona-Pandemie zu tun, denn die Beschlüsse dazu seien schon Ende 2019 in den Rathäusern gefallen, sagt der DIHK-Hauptgeschäftsführer. „Akut muss es jetzt darum gehen, den Kommunen kurzfristig zu helfen.“ Bund und Länder sollten deshalb die verabredete Entlastung der Kommunen schnell auf den Weg bringen. „Zugleich bleibt es für die Politik eine zentrale Aufgabe, die Finanzierung der Gemeinden auf eine wettbewerbsfähige Grundlage zu stellen.“ Denn nur so werde es nachhaltig möglich sein, in strukturschwächeren Regionen ein attraktives öffentliches Leistungsangebot für Unternehmen und Bürger sicherzustellen. „Noch müssen Kommunen viel zu oft Leistungen einschränken und kurzfristig Löcher im Haushalt stopfen.“