Von Stella Thielemann
Daten – das Gold der digitalen Welt, das Öl der Industrie 4.0 und die Basis für das Geschäftsmodell von Google und Facebook. Wir erläuterten bereits, warum Daten für die Geschäftswelt der Neuzeit unersetzlich sind. Mit der Verabschiedung der DSGVO hat die europäische Regierung Daten als besonders schützenswert befunden und die Aufmerksamkeit der Verbraucher auf die Wichtigkeit dieses Schutzes gelenkt. Doch werden personenbezogene Informationen über die europäischen Grenzen hinaus genauso empfindlich behandelt wie in Deutschland? Wo liegen die Unterschiede? Wir werfen einen Blick auf das Verständnis und die Bedeutung von Datenschutz in anderen Ländern und zeigen auf, was das unter anderem für die Bevölkerung bedeutet.
USA – Branchenspezifische Datenschutzgesetze
Im Gegensatz zur Datenschutzgrundverordnung in Europa ist der Datenschutz in den Vereinigten Staaten branchenspezifisch geregelt. Unternehmen in den USA sind zwar generell dazu verpflichtet für die Sicherheit von personenbezogenen Daten zu sorgen und unterstehen bei Datenlecks einer Meldepflicht. Allerdings müssen, bzw. können Unternehmen ihr Datenschutzniveau selbst festlegen. Doch woher kommen diese unterschiedlichen Herangehensweisen im Umgang mit Daten?
Der Schutz der personenbezogenen Daten in Europa ist im Grundgesetz als Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung festgehalten. In den Vereinigten Staaten hingegen ist der Datenschutz Teil des Verbraucherschutzrechts und gehört so gesehen eher zum Wirtschaftsleben. Die datenschutzrechtliche Aufsicht liegt hier in den Händen der Federal Trade Commission – das Thema Datenschutz wird also wirtschaftlich betrachtet und weniger als persönliches Recht angesehen.
Der USA PATRIOT Act wurde nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 verabschiedet und sorgte über die Landesgrenzen hinaus für Aufregung. Sicherheitsbehörden wie die NSA durften demnach im Verdachtsfall ohne richterliche Anordnung auf Daten zugreifen, die auf lokalen Servern gespeichert sind. Auch Internet-Provider und Cloud-Anbieter konnten zur Herausgabe von personenbezogenen Daten verpflichtet werden. Unter bestimmten Voraussetzungen durften Ermittlungsbehörden mit einem sogenannten National Security Letter auch Unternehmen verpflichten, Daten herauszugeben, ohne die Betroffenen überhaupt darüber zu informieren.
Mit Edward Snowdens Enthüllungen im Jahr 2013 ist die amerikanische Bevölkerung hinsichtlich der Überwachung durch den Staat deutlich wachsamer geworden. Im Juni 2015 unterschrieb der damalige Präsident Barack Obama den USA Freedom Act, der die Befugnisse der Ermittlungsbehörden wieder einschränkte.
2016 folgte der Cambridge Analytica-Skandal. Die Analysefirma hatte sich unbemerkt Zugriff auf die Daten von 87 Millionen Facebook-Usern verschafft und Donald Trumps Präsidentschaftswahlkampf damit gefüttert. Kurz nach dem Bekanntwerden wurde im Bundesstaat Kalifornien ein strenges Gesetz zum Schutz der Nutzerdaten verfasst, das im Januar 2020 in Kraft treten soll. Mit dem sogenannten California Consumer Privacy Act sollen Konsumenten in Erfahrung bringen können, welche Daten von welchen Firmen wie erfasst und verwendet werden und bei Bedarf auch die Löschung dieser verlangen dürfen. Ein bundesweites Gesetz gibt es derzeit noch nicht – jedoch hat die USA schon einen großen Schritt in Richtung der europäischen Standards der DSGVO gemacht.
China – die totale Überwachung?
Bereits seit 2015 liegt die Abdeckung mit Überwachungskameras in der Hauptstadt Peking bei 100 Prozent, viele der Geräte arbeiten mit Gesichtserkennungssoftware. Die Bürger der Volksrepublik werden rundum überwacht.
Zurzeit wird zudem ein System aufgebaut, das das Verhalten der Menschen in China bewerten soll. Das Sozialkreditsystem soll neben der Zahlungsmoral auch Strafregister, Einkaufsgewohnheiten und sogar die Parteitreue erfassen und analysieren. Klingt nach einer skurrilen gesellschaftskritischen Science-Fiction Serie? Allerdings ist ein Sozialkreditsystem dieser Art bereits seit 2014 in der Küstenstadt Rongcheng Realität. Die rund 670.000 Einwohner müssen ihren Punktestand regelmäßig den Behörden vorzeigen. Stimmt die Anzahl der Punkte nicht, könnte eine Beförderung bei der Arbeit oder die Beantragung eines Kredits bei der Bank davon negativ beeinflusst werden. In Europa wäre ein solches Sozialkreditsystem rechtswidrig, da es gegen die Prinzipien des Datenschutzes und somit auch gegen das Grundgesetz verstößt.
Im September 2019 erregte die chinesische App Zao für internationales Aufsehen. Mithilfe Künstlicher Intelligenz machte es die Software Nutzern möglich, ihre eigenen Gesichter auf die von Hollywoodstars in Filmszenen zu übertragen. Als im Internet plötzlich Ausschnitte von Leonardo DiCaprios berühmtesten Filmen auftauchten, in denen das Gesicht eines Zao-Nutzers täuschend echt auf das des Hollywood-Schauspielers adaptiert wurde, ging die App viral. Allerdings ergaben sich schnell Bedenken in Bezug auf die Nutzungsbedingungen. Die User der App traten „völlig freie, unwiderrufliche, unbefristete, übertragbare und wieder lizenzierbare Rechte“ an die Entwickler der App ab. Die kontroversen Passagen seien laut Zao entfernt worden, dennoch besteht weiterhin Sorge, dass Cyberkriminelle die generierten Inhalte nutzen könnten, um Gesichtserkennungssoftware zu überlisten, die beispielsweise Zugriff auf Bankkonten gewährt. Auch die Gefahr von Falschmeldungen, welche durch Deep Fakes erzeugt werden könnten, wächst mit der Entwicklung dieser Technologie.
Neben Zao verärgerte auch die Tochter der Handelsplattform Alibaba, Ant Financial, etliche chinesische Bürger. Mit „Sesame Credit“ führte Ant Financial einen Service ein, der die Kreditwürdigkeit der Nutzer prüft, indem er die Online-Aktivitäten der User bewertet. Nachdem Nutzer entdeckt hatten, dass sie ohne deren Zustimmung standardmäßig in das System aufgenommen wurden, entschuldigte sich Alibaba aufgrund wachsenden öffentlichen Druckes.
China entwickelt sich mehr und mehr zum digitalen Überwachungsstaat. Doch auch in der Volksrepublik gibt es einige Gesetze zum Thema Cybersecurity: Am 1. Juni 2017 trat das Cybersecurity Law in Kraft. Ziel war unter anderem die Netzwerksicherheit sowie die Stärkung des Datenschutzes. 2018 kündigte der chinesische Volkskongress an, dass ein allgemeines Datenschutzgesetz geplant sei. Das Cybersecurity Law und Teile des e-Commerce-Gesetzes aus 2018 sollen dem geplanten Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten einen Rahmen geben. Während der Ausarbeitung des neuen Gesetzes hat die Cyberspace Administration of China (CAC), die höchste administrative Internet-Regulierungsbehörde, im Juni 2019 die Data Protection Regulatory Guideline herausgegeben. Sie legt Regeln zur Erfassung und Verarbeitung von Kundendaten fest. Die Guideline bildet den Grundstein für die zukünftige Ausrichtung des national gültigen Rechts.
DSGVO schafft Transparenz
„Mit der DSGVO steigt nicht nur das Vertrauen der Nutzer gegenüber den Unternehmen, sondern auch das Vertrauen der Firmen untereinander. Die Verarbeitung von Kundendaten ist nun einheitlich geregelt und bietet in diesem Bereich mehr Transparenz“, sagt Hornetsecuritys CISO (Chief Information Security Officer) Olaf Petry über das Gesetz. „Datenschutzgesetze wie die DSGVO sorgen über die Grenzen hinaus für einen einheitlichen Umgang mit sensiblen Informationen.“
Neben den Vorteilen, die die DSGVO für Unternehmen und Privatpersonen in Europa bietet, können auch Länder außerhalb der EU davon profitieren. Denn schon jetzt ist die DSGVO ein maßgebendes Vorbild für weitere Gesetzesentwürfe.