Osnabrück/ Lübbecke. Wenn Dr. Petra Spona in Archiven Material sichtet, ist die Unternehmenshistorikerin aus Lübbecke in ihrem Element. „Mit trockener Geschichte, wie sie manche aus der Schule kennen, hat meine Arbeit nichts zu tun. Ich zeige, wie es kommt, dass ein Unternehmen so ist, wie es ist“, betont Petra Spona. „Alte Dokumente lassen Vergangenheit lebendig werden, durch den Inhalt, aber auch dadurch, wie sie riechen und sich anfühlen“, ergänzt sie und findet das „einfach herrlich“. Was sie tut, muss sie oft erst einmal erklären, denn ihr Beruf ist alles andere als gewöhnlich.
Gerade hat sie eine Festschrift zu 100 Jahre Heimstättenverein Osnabrück fertig gestellt. „Der eine oder andere wird sich erinnern. Anfang der Achtziger Jahre war es schwer, Wohnungen ab einer Kaltmiete von 6 DM je Quadratmeter zu vermieten. Mietausfälle in fünfstelliger Höhe waren die Folge. Bauträger reagierten, indem sie die Wohnraumqualität verbesserten“, erzählt Petra Spona. Interviews mit Akteuren, darunter auch einem Ehepaar, das seit 60 Jahren eine HVO-Wohnung bewohnt, machen ihre Forschungsergebnisse lebendig und lebensnah und ergänzen individuelle Perspektiven.
Firmenkultur der Unternehmen für alle sichtbar machen
Das Besondere im Fall des HVO ist es der Genossenschaftsgedanke, der ihn auch noch bei der Abschaffung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes solidarisch handeln ließ. Bisherige gemeinnützige Wohnungsbauträger mussten sich 1989 entscheiden, ob sie normale steuerpflichtige Unternehmen werden wollten oder steuerbefreite reine Vermietungsgesellschaften. Der Heimstättenverein entschied sich für letzteres, was die Stellen von zwei älteren Maurern überflüssig machte. Statt betriebsbedingter Kündigung setzte der HVO die beiden aber bis zur Verrentung in der Bestandspflege ein.
Ein gutes Beispiel, um aufzuzeigen, was ein Unternehmen von außen geprägt hat und was es selbst prägen konnte, glaubt Petra Spona. „Als Unternehmenshistorikerin helfe ich, aus der Historie resultierende Alleinstellungsmerkmal herauszuarbeiten“, erklärt die 47jährige. Unternehmen kämpfen heute mit Fachkräftemangel und Mitarbeiterfluktuation. Monetäre Anreize allein reichen Bewerbern nicht. Sie legen Wert darauf, dass die Firmenkultur stimmt.
Festschriften sind nur ein Baustein zur Präsentation. Eine andere ist eine Ausstellung wie die zu 60 Jahre VW-Bulli. „Der Autohersteller wurde mitten in einen bestehenden Stadtteil gebaut. In der Ausstellung habe ich dokumentiert, welche Herausforderungen sich Bewohner und das Unternehmen stellen mussten, wie der Stadtteil sich durch die Ansiedlung gewandelt hat und wie in den damals ins Leben gerufenen Nachbarschaftsdialogen versucht wurde, Kompromisse zu finden in Fragen wie Verkehr, Parken, Lärm und Wohnungsknappheit“, erinnert sich Petra Spona.
Historische Archive erleichtern Inhouse den Zugriff auf relevante Informationen
Immer mehr Unternehmen, darunter auch Familienunternehmen, schauen zurück auf ihre Wurzeln. Aber nicht aus Selbstzweck, sondern um sich zum Beispiel durch den Aufbau eines historischen Archivs auf Stärken und Entwicklungen zu besinnen und so Wissen zu bewahren. Das Archiv kann analog sein, digital oder hybrid, also eine Mischung aus beiden. Oft geht es ganz konkret darum, dass Mitarbeiter aus dem Baubereich oder der Rechtsabteilung auf relevante Informationen leichter zugreifen und diese für ihre alltägliche Arbeit nutzen können. Die Oldenburgische Landesbank ist hier ein gutes Beispiel. Anlässlich eines Jubiläums in diesem Jahr wollte sie wichtige Akten so verzeichnet wissen, dass Mitarbeiter in Fall einer Presseanfrage und für anstehende Jubiläumswerbung schnell und gezielt die passenden Unterlagen finden.
Letztendlich richtet sich die Arbeit von Petra Spona für Unternehmen aber nicht nur nach außen, sondern auch nach innen. „Ich begleite Veränderungsprozesse durch einen Blick auf die Geschichte. Wenn beispielsweise die Leistungen einzelner früherer Mitarbeiter dargestellt werden, dann zeigt das, wie Einzelne im Unternehmen wertgeschätzt werden“, glaubt Petra Spona. Besonders gut an ihrer Arbeit gefällt ihr die Rückkoppelung an die jeweiligen historischen Fakten. „Märchen sind ein anderes Genre“, lacht sie.
Weitere Infos zur Unternehmenshistorikerin Dr. Petra Spona unter www.geschichte-und-kommunikation.de