Paderborn. Was ist ein Innovationsökosystem? Und wie schaffen solche Systeme gemeinsam neues Wissen, neue Ideen, innovative Produkte und Geschäftsmodelle? Um diese Fragen drehte es sich in einem Workshop, den it’s OWL gemeinsam mit Prof.
Elias Carayannis von der George Washington University angeboten hatte. Prof. Carayannis gilt als Experte für die Themen Technologie, Innovation und Unternehmertum und konnte den Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen spannenden Einblick in amerikanische Innovationsökosysteme geben.
Um Innovationen zu entwickeln, gehen viele Unternehmen noch immer ganz klassisch vor: Die Produktentwicklung wird möglichst unter strengster Geheimhaltung betrieben, um den größtmöglichen Vorteil vor dem Marktbegleiter zu behalten. Doch durch die Digitalisierung und die neuen Möglichkeiten der Kommunikation ist dieser Weg inzwischen zu behäbig. Innovationen lassen sich so nicht mehr erfolgreich betreiben. Um weiterhin erfolgreich zu sein und möglichst auch als Gewinner aus der Digitalisierung hervorzugehen, sind neue Wege nötig. Eine vielversprechende Möglichkeit ist die Gestaltung und Etablierung von Innovationsökosystemen. Damit, so die These, lässt sich das Innovationspotenzial der Digitalisierung besser und erfolgreicher ausschöpfen. Zu diesem Thema veranstaltete it‘s OWL zusammen mit dem Fraunhofer IEM einen Workshop mit Prof. Elias Carayannis für Interessierte Mitglieder aus dem Spitzencluster.
Innovationsökosysteme als Zukunftstreiber
Der amerikanische Professor Carayannis mit Wurzeln in Griechenland ist einer der international renommiertesten Experten auf dem Gebiet der Innovationsökosysteme. Er ist seit 1999 Director of Research on Science, Technology, Innovation and Entrepreneurship of the European Union Research Center (EURC) und seit 2004 Co-Direktor der George Washington University School of Business’s Global and Entrepreneurial Finance Research Institute (GEFRI). Bekannt wurde Carayannis durch seine Veröffentlichung, in welcher er Innovationsökosysteme als Quadruple- bzw. Quintuplehelix beschrieb. Diese Theorie stellte er zu Beginn des Workshops anschaulich vor.
Die Akteure von Innovationsökosystemen interagieren ähnlich einer DNA-Doppelhelix – jeder ist mit jedem verbunden und vielzählige Kombinationen des Austausches sind möglich. Der Unterschied ist, dass hier mehr Akteure beteiligt sind – darum Quadruple (= vierfach) bzw. Quintuple (= fünffach). Die Akteure, die in einem erfolgreichen Innovationsökosystem zusammenarbeiten müssen, sind laut Carayannis Regierung, Forschung, Industrie, (Zivil-)Gesellschaft und die Umwelt. Nur wenn alle Beteiligten gleichberechtigt beteiligt sind, können bahnbrechende und nachhaltige Innovationen entstehen und sich etablieren.
„Ein funktionierendes Innovationsökosystem muss folgende Eigenschaften haben: Es muss fraktal – also vielfältig gegliedert sein –, multi-modal, multi-nodal – also gut vernetzt – und multi-lateral – also vielfach verzweigt sein“, so Carayannis.
Innovationsökosystem in der Praxis
Die große Herausforderung dabei sei, die praktische Umsetzung und von der Theorie in die Praxis zu kommen. „Darum finde ich den Spitzencluster it‘s OWL sehr interessant“, sagte Carayannis. „Ich habe zum ersten Mal 2017 etwas von it‘s OWL gehört. Auf einer Konferenz zum Technologietransfer in Washington waren Mitglieder aus dem Cluster dabei und wir sind ins Gespräch gekommen. Danach sind wir in Kontakt geblieben und mich hat immer mehr die Qualität des Clusters, seiner Mitglieder und Partner überzeugt. Darum bin ich der Einladung gerne gefolgt.“ Für Carayannis ist it‘s OWL ein gutes Beispiel dafür, dass Innovationsökosysteme länderunabhängig sind. Sie können und sollten überall auf der Welt entstehen. Die nächste Stufe der Vernetzung wäre dann die Zusammenarbeit von internationalen Innovationsökosystemen.
Auch it‘s OWL Geschäftsführer Prof. Roman Dumitrescu freut sich, dass der Kontakt durch den Workshop intensiviert wurde: „Wir sind im Cluster schon gut dabei, durch Vernetzung Innovationen hervorzubringen. Doch in den vergangenen Jahren haben wir uns sehr auf die Produktionsseite fokussiert. Wir müssen aber den gesamten Innovationsprozess in den Blick nehmen – den Blick weiten für neue Geschäftsmodelle. Dabei sind die Anregungen aus der Forschung von Elias Carayannis spannend für uns. Es geht uns jetzt darum, den Spitzencluster it‘s OWL auf einen neue Stufe zu bringen.“
Einig waren sich dabei alle Beteiligten: Nicht das Finden eines neuen Geschäftsmodells ist das Schwierigste, sondern das Implementieren. Die Akzeptanz des gesamten Unternehmens und vor allem seiner Mitarbeiter ist der entscheidende Faktor für nachhaltige und gelungene Innovationen. Darum setzt it‘s OWL auch in der jetzigen Förderphase stark auf Technologietransfer. Die Forschung aus den Innovationsprojekten wird allen Clustermitgliedern transparent zur Verfügung gestellt. Mit einem Transfergutschein können sie möglichst unbürokratisch konkrete eigene Fragestellungen angehen. Austausch und Beratung bietet ihnen dabei das Technologie-Netzwerk.
Austausch in Workshops
Im Anschluss an den Input von Prof. Carayannis trafen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu Workshops zusammen. Gemeinsam erarbeiteten sie – ganz im Sinne eines Innovationsökosystems – Fragen und Lösungen zu aktuellen Herausforderungen im Bereich Industrie 4.0.
Einige Gruppen beschäftigen sich zum Beispiel mit dem neuen it‘s OWL Projekt KI-Marktplatz. Die Projektidee wurde als eine von 35 aus über 130 Bewerbungen beim Innovationswettbewerb ‚Künstliche Intelligenz als Treiber für volkswirtschaftliche relevante Ökosysteme‘ des Bundeswirtschaftsministeriums ausgewählt. Ziel ist es, Künstliche Intelligenz (KI) für die Produktentwicklung zu nutzen und Unternehmen Lösungen auf einem virtuellen Marktplatz bereitzustel-len. Projektpartner sind Fraunhofer IEM, das Heinz-Nixdorf-Institut, das Institut für industrielle Informationstechnik inIT aus Lemgo und Exzellenzcluster Cognitive Interaction Technology CITEC aus Bielefeld.
Für die Ausarbeitung des Konzepts erhalten die Partner Fördermittel im Umfang von 400.000 Euro. Eine Jury wird im Spätsommer über die Umsetzung entscheiden. Die Workshopteilnehmer diskutierten in diesen Zusammenhang, wie so ein Marktplatz aussehen könnte, welchen Anforderungen er entsprechen sollte und welche Partner mit dabei sein sollten. Durch die vielfältigen Teilnehmer aus Wirtschaft und Forschung sind ganz unterschiedliche Ansätze und Anforderungen zusammengekommen, die dabei helfen, das Projekt möglichst erfolgreich und anwenderorientiert umzusetzen.
www.its-owl.de
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